Um einen Schaden von insgesamt 70 Millionen Euro geht es im zweiten Strafprozess zur Commerzialbank Mattersburg AG, der am Dienstag am Landesgericht Eisenstadt begonnen hat und bis zum 6. März dauern soll.
Ein Großteil dieser Summe steht am Donnerstag im großen Saal des Landesgerichts auf der Tagesordnung. Zwei früheren Unternehmern aus dem Bezirk Mattersburg - gelernter Spengler der eine, Maler der andere - sollen rund ein Jahrzehnt lang unrechtmäßig rund 67 dieser 70 Millionen zugeflossen sein.
Auf einen Tischler aus dem Bezirk, der dem Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Karin Knöchl schon am ersten Prozesstag Rede und Antwort stand, entfallen die restlichen 2,9 Milllionen Euro.
Neben den drei Ex-Unternehmern muss sich auch die langährige Bank-Vorständin Franziska Klikovits verantworten. Bank-Gründer Martin Pucher ist verhandlungsunfähig. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft ihnen Veruntreuung, Untreue, betrügerische Krida, Geldwäscherei und Bilanzfälschung vor. Strafrahmen: ein bis zehn Jahre.
Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Dass die Schadenssumme so ungleich verteilt ist, hängt auch damit zusammen, dass die früheren Unternehmen des 70-jährigen Spenglers und des 65-jährigen Malers nicht nur Kunden der Commerzialbank, sondern auch Großsponsoren des ebenfalls von Pucher geführten Fußballbundesligisten SV Mattersburg waren.
Firmen und Fußball stützen
Die von Pucher gewährten Kredite und Bargeldzahlungen "im weißen A4-Kuvert ohne Fenster" an die drei Unternehmer sollten die zum Teil seit Anfang der 2000-er Jahren maroden Betriebe künstlich am Leben erhalten.
Wären nämlich deren Kredite bei der Bank fällig gestellt worden, hätte das nicht nur die Bank gefährdet, sondern auch Puchers Steckenpferd SVM, der am Tropf des Geldinstituts hing.
Also „beschloss Pucher“ laut Anklage der WKStA, den drei Unternehmern „Bargeld aus dem Vermögen der Bank zu übergeben, welches diese über fingierte Ausgangsrechnungen in ihre Unternehmen einfließen lassen und anschließend zur Obligoreduktion wieder auf ihre Konten bei der Commerzialbank einzahlen sollten.“
"Wir brauchen mehr Sponsorgeld für den SVM", habe ihnen Pucher in den 2000-er Jahren in der ihm eigenen herrischen Art beschieden, sagten die beiden Ex-Firmenchefs am Donnerstag aus.
Deren Einwand, ihre Firmen seien dazu wirtschaftlich nicht in der Lage, habe Pucher weggewischt und gemeint: "Das machen wir schon".
Von dem in den Jahren 2008 bis 2018 zugeschobenen Bargeld in der Höhe von 20,2 Millionen Euro seien "rund 50 Prozent" ins Sponsoring des Fußballklubs zurückgeflossen, schätzt der 70-jährige Spengler.
Und der Maler meint, dass überhaupt "90 bis 95 Prozent" der ihm von Pucher zwischen 2010 und 2019 übergebenen 17,5 Millionen Euro umgehend in den Fußballbetrieb geflossen seien. "Ich habe das als Querfinanzierung des SVM gesehen", erklärte der 65-Jährige, der von Anwalt Mirko Matkovits vertreten wird.
Pucher, so die beiden Angeklagten, habe stets behauptet, der Bank gehe es sehr gut, deshalb könne sie sich auch die Unterstützung der maroden Firmen leisten. Aber warum, so fragt die Richterin, habe Pucher den SVM dann nicht direkt durch die Commerzialbank sponsern lassen?
"Das müssen Sie Pucher fragen", antwortet der Maler, der überzeugt ist, dass sein Betrieb ohne die Einmischung Puchers nie zugrunde gegangen wäre.
Überhaupt Pucher: Wie schon zum Prozessauftakt wird auch am Donnerstag von den Angeklagten und deren Verteidigern immer wieder versucht, den 68-jährigen Bankgründer und SVM-Präsidenten „in den Gerichtssaal hereinzuholen“, wie es Matkovits formuliert.
Pucher habe nicht nur in die Firmen des Spenglers und des Malers hineinregiert, sondern auch keinen Widerspruch geduldet. Für manche sei er „ein Messias“ gewesen, erzählt der Spengler, „Herr Pucher war das Gesetz“, gibt der Maler zu Protokoll.
So viel Ehrfurcht scheint der Richterin zu viel. „Sie sind ein geschäftsfähiger, eigenverantwortlicher Mann?“, fragt sie einen der Angeklagten halb entgeistert.
„Ja“, antwortet der, „aber so wie ich naiv war, waren andere naiv und eine ganze Region hat Pucher vertraut.“
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