Im zweiten Strafprozess rund um die Commerzialbank Mattersburg müssen sich neben Klikovits drei frühere Unternehmer aus dem Bezirk Mattersburg vor dem Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Karin Knöchl verantworten.
Das Verfahren gegen den erstangeklagten Bankgründer Martin Pucher (68) wurde ausgeschieden und liegt auf Eis, solange er verhandlungsunfähig ist.
Der Vorwurf der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA): Die Banker hätten die maroden Firmen der drei Mitangeklagten über Jahre künstlich am Leben erhalten, indem diese unrechtmäßig Kredite und aufgrund von Scheinrechnungen Bargeld erhielten, das zum Teil in Puchers Fußballklub SVM floss. Schaden: 70 Millionen Euro.
" Ich habe Pucher bewundert"
Während sich die drei Unternehmer teilgeständig zeigten, bekannte sich Puchers rechte Hand Klikovits "vollinhaltlich schuldig".
Sie habe "Pucher bewundert", als sie mit 19 Jahren unter ihm zu arbeiten begann. Pucher habe sie bald gebeten, "einen Kontoauszug unrichtig darzustellen". Sie sei "naiv" gewesen und habe sich anfangs nichts dabei gedacht, später sei ihr aber klar geworden, "dass Geld aus der Bank abgezogen wurde".
Dass sie sich 1997 von Pucher breitschlagen ließ, Vorständin zu werden, sei ihre "größte Fehlentscheidung" gewesen. Ihre Aufgabe war "von Beginn an, Zahlungsabflüsse zu verschleiern" – auch bei den mitangeklagten Großkreditnehmern. Ein Blick auf die "Saldenentwicklung der Firmen" habe genügt, um deren mangelnde Bonität festzustellen, erklärte Klikovits.
Warum wurden die Betriebe nicht in Insolvenz geschickt?
Pucher habe befürchtet, die Malversationen in der Bank würden auffliegen. 90 bis 95 Prozent der Geschäfte seien "nicht real" gewesen. Wie konnten diese "Geschäfte" bis 2020 unentdeckt bleiben, will die Richterin wissen: "Haben Sie so gut manipuliert oder die Prüfer nicht so genau hingeschaut?" Klikovits: "Es muss ein Zusammenspiel gewesen sein."
Bei der Frage nach ihrem Motiv sucht Klikovits, die sich anfangs bei "allen Geschädigten" dafür entschuldigte, "Existenzen ruiniert" zu haben, lange nach Worten. Sie habe gehofft, "dass Pucher das Wunder vollbringt und das Delta in der Bank schließt". Hätte sie selbst Anzeige erstattet, wären alle Kunden geschädigt worden.
Aber, so Klikovits: "Ich wollte nicht schuld sein." Natürlich sei ihr aber bewusst gewesen, dass die Lage "nur immer schlimmer wurde". Bei Schließung der Bank 2020 betrug der Gesamtschaden "zwischen 700 und 800 Millionen Euro", schätzt Klikovits.
Anwalt Pauer, der Klikovits schon in der Vorwoche als "De-facto-Kronzeugin" tituliert hatte, wies gestern ausdrücklich auf ihre frühe Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Behörden hin. Bei der WKStA hat Klikovits aber keinen – strafmildernden – Kronzeugenstatus beantragt.
Kommende Woche sind die Sachverständigengutachten von Karl Hengstberger Thema. Und auf Antrag von Mirko Matkovits, Anwalt eines angeklagten Unternehmers, lässt das Gericht prüfen, ob Pucher zumindest als Zeuge befragt werden kann – wenn schon nicht als Angeklagter.
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