Warum Wartezeiten in Ordinationen zum Problem für Ärzte werden

Eine Krankenschwester macht sich Notizen, während Familien mit Kindern im Wartezimmer sitzen.
Immer mehr Ärzte im Burgenland berichten von aggressiven Patienten. Lange Wartezeiten und volle Praxen bringen selbst routinierte Mediziner an ihre Grenzen.

Von Gernot Heigl

Ärger und Frustration über lange Wartezeiten führen bei Patienten zu Unmut, der bei Ärzten und Ordinationshilfen in Form von Beschimpfungen und Beleidigungen ankommt. Die verbalen Aggressionen nehmen laut burgenländischer Ärztekammer zu.

Die aktuelle Situation in den Arztpraxen ist eine fatale Mischung aus Überlastung beziehungsweise Unverständnis. Denn einerseits sind Patienten über die langen Wartezeiten bei der Terminvergabe verärgert, andererseits stehen Mediziner ob des großen Andrangs von Patienten unter massivem Behandlungsdruck.

Als die Patientin Platz nehmen musste, reagierte sie empört und schrie meine Mitarbeiter an.

von Martin Schmitzhofer

Orthopäde in Güssing

Zunehmende Wartezeiten führen jedoch immer mehr dazu, dass es bei Patienten aus Verdrossenheit zu verbalen Wutausbrüchen kommt beziehungsweise diese in den Ordinationen oftmals ungehalten reagieren. „Ja, leider, die Tendenz negativer Äußerungen gegenüber Ärzten und Ordinationspersonal steigt“, so Thomas Bauer, Direktor der burgenländischen Ärztekammer.

Keine Kasse, viel Wirbel

„Das spüren wir in beinahe allen Praxen. Ganz besonders aber dort, wo Kassenstellen nicht besetzt sind. Wie etwa bei Dermatologen, da haben wir im Burgenland derzeit zwei Planstellen offen“, berichtet Bauer. „Das führt dazu, dass jene Ärzte, die ihren Dienst versehen und in der Patientenversorgung eh alles Menschenmögliche tun, für eine Situation, an der sie nicht schuld sind, dann auch noch von verärgerten Patienten voll das Fett abbekommen.“

Unsere Ärzte geben ihr Bestes und gehen oftmals an ihre Leistungsgrenzen. Sie haben die negative Stimmung nicht verdient. Daher bitten wir die Patienten um Verständnis.

von Thomas Bauer

Kammeramtsdirektor Ärztekammer Burgenland

Ein Stethoskop liegt auf einem geöffneten Notizbuch, während eine Person im Hintergrund schreibt.

Lange Wartezeiten und überfüllte Praxen führen zu steigender Belastung – Ärzte fordern mehr Verständnis.

Beispielhaft angeführt für Unmutsäußerungen durch Patienten wurde seitens der Ärztekammer eine jüngst eröffnete Hautarztpraxis in Oberwart. Eine KURIER-Recherche bei der Medizinerin war telefonisch aber nicht möglich, weil es während der Ordinationszeit, trotz mehrmaliger Versuche, stets zu einer Bandansage gekommen ist: „Der von ihnen gewählte Gesprächspartner ist im Moment nicht erreichbar. Bitte probieren sie es etwas später noch einmal.“

Als Beweis für die akute Überbelastung ist auf der Homepage zu lesen: „Aufgrund des anhaltend hohen Patientenaufkommens sehen wir uns veranlasst, zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen medizinischen Betreuung unsere Kapazitäten zu priorisieren. Bis auf Weiteres können daher vorrangig Patientinnen und Patienten aus dem Bezirk Oberwart betreut werden.“

Täglich Hunderte Anrufe

Gefolgt von: „Weiters erreichen uns täglich mehrere Hunderte Anrufe bei zwei zur Verfügung stehenden Telefonleitungen. Aufgrund dieses außergewöhnlich hohen Anrufaufkommens kann es leider vorkommen, dass Sie uns telefonisch nicht erreichen. Wir empfehlen Ihnen, es zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu versuchen.“

Martin Schmitzhofer, Orthopäde mit Kassenpraxis für die Bezirke Güssing und Jennersdorf, hat aufgrund eines Vorfalles im Sommer mit einem Posting auf seiner Facebookseite reagiert: „Wir erwarten ein vernünftiges und höfliches Benehmen Ihrerseits. Patientinnen oder Patienten, die verbal ausfällig werden oder sich rüpelhaft verhalten, werden ab sofort der Praxis verwiesen und von mir nicht mehr behandelt.“

Der Anlass dafür?

„Das war eine Dame, die keinen Termin vereinbart hatte. Obwohl die Praxis voll war, meinte sie zu meinen Ordinationshelferinnen, dass sie eh nur eine Kleinigkeit braucht und gleich ins Behandlungszimmer geht“, schildert Schmitzhofer. „Als die Patientin im Warteraum Platz nehmen musste, reagierte sie empört und schrie meine Mitarbeiter an.“

Schließlich sei die Frau völlig ausgezuckt, habe die Vorgangsweise in der Praxis als „Witz“ bezeichnet und frech gemeint, dass man ihr eine Stunde ihres Lebens gestohlen habe. Lautstark fluchend, schimpfend und drohend sei sie dann aus der Ordination gestürmt.

40 Patienten pro Tag

„Ich versuche, jedem zu helfen, und behandle monatlich mehr als 1.200 Patienten. Da kann es, außer in Notfällen, schon zu Wartezeiten kommen. Das bitte ich zu berücksichtigen. Um künftig solche Situationen aber gleich klären und meine Ordinationsmitarbeiter vor solchen verbalen Angriffen beschützen zu können, habe ich eine Dienstanweisung erteilt, mich in solch prekären Fällen sofort zu holen“, berichtet der Orthopäde. „Gott sei Dank sind das trotzdem Einzelfälle, wenngleich die sich mehren.“

Der Appell seitens der Ärztekammer: „Unsere Ärzte geben ihr Bestes und gehen oftmals an ihre Leistungsgrenzen“, sagt Kammeramtsdirektor Thomas Bauer. „Sie haben die negative Stimmung nicht verdient. Daher bitten wir die Patienten um Verständnis.“

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