Burgenland-Stichwahlen: SPÖ wirft Volkspartei um 20 Jahre zurück
„Leider ist heute kein guter Tag für die Volkspartei“ – viel mehr wollte ÖVP-Landesobmann Christian Sagartz am Sonntagabend zum Ergebnis seiner Partei bei den Kommunalwahlen nicht sagen. Denn sonst hätte er wohl sagen müssen, dass ein ausnehmend schlechter Tag für seine Partei zu Ende geht.
Für die SPÖ hingegen sei es „ein perfekter Tag“ gewesen, ließ der vor wenigen Tagen neuerlich am Kehlkopf operierte SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ausrichten.
In 12 Gemeinden musste die Bevölkerung am Sonntag per Stichwahl über den Bürgermeister entscheiden, weil beim ersten Wahlgang am 2. Oktober kein Kandidat die 50-Prozent-Marke übersprungen hatte.
In acht Kommunen (Apetlon, St. Andrä, Weiden am See, Mörbisch, Rust, Forchtenstein, Frankenau-Unterpullendorf und Loipersdorf-Kitzladen) haben rote Kandidaten gewonnen, nur in drei (Kukmirn, Deutschkreutz und Großhöflein) die ÖVP; in Eltendorf löst Christian Schaberl von der Freien Bürgerliste (FBL) einen ÖVP-Ortschef ab.
Insgesamt stellt die SPÖ nun in 95 der 171 Kommunen des Landes den Bürgermeister, die Volkspartei nur noch in 71, in den übrigen Gemeinden sind es Ortschefs von Listen. Die meisten davon gehören übrigens wie Schaberls FBL dem Unabhängigen Gemeindevertreterforum (UGVF) an, das sich damit vor den Landtagsparteien FPÖ und Grüne als drittstärkste Kraft in den Kommunen etabliert hat.
Großer Abstand
Die SPÖ konnte damit nach dem Triumph bei der Landtagswahl im Jänner 2020 auch in den Kommunen stark zulegen. Der Vorsprung auf die ÖVP ist nach den gestern abgeschlossenen Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen mit rund zehn Prozentpunkten zwar nicht so groß wie bei der Landtagswahl, aber ein weiterer Tiefschlag für die Volkspartei.
Denn vor fünf Jahren waren Rot (83) und die damals von Sebastian Kurz beflügelten Türkisen (82) bei der Zahl der Ortschefs noch fast gleichauf gewesen; annähernd so groß wie jetzt war der Abstand zwischen SPÖ und ÖVP zuletzt vor 20 Jahren. Der wesentliche Unterschied: Damals saß die Volkspartei noch in der Proporz-Landesregierung. Seit 2015 ist das Geschichte.
Konsequenzen dürfte es bei der abermals geschlagenen ÖVP aber keine geben, wie der KURIER im Vorfeld der heute, Montag, stattfindenden Sitzung des Landesparteivorstandes erfahren hat. Bei den Roten ist ohnehin alles eitel Wonne: Das „sehr erfreuliche Ergebnis ist auch ein Zwischentest, was die Landtagswahlen 2025 betrifft“, meinte Landesgeschäftsführer Roland Fürst. Der ÖVP riet er Abkehr von „brachialer Anpatzpolitik“.
Mehr Frauen
Gestern haben in Mörbisch, Großhöflein und Apetlon Frauen jeweils einen Mann auf dem Bürgermeistersessel entthront. In Summe haben nun in 17 der 171 Gemeinden Frauen das Sagen – immer noch wenig, aber immerhin mehr als jemals zuvor.
In sechs der 12 Stichwahlgemeinden trennten am Sonntag nur wenige Stimmen Sieger von Verlierern. Besonders eng war es in der Rosaliagemeinde Forchtenstein, wo Alexander Knaak (SPÖ) seinen ÖVP-Herausforderer Josef Neusteurer um fünf Stimmen überflügeln konnte. In Großhöflein musste der seit 2015 amtierende SPÖ-Ortschef Heinz Heidenreich Maria Zoffmann (ÖVP) wegen acht Stimmen weniger den Vortritt lassen.
Apropos Neusteurer: Die Tochter des Forchtensteiner ÖVP-Urgesteins Josef Neusteurer hat in Loipersbach für die FPÖ (unterstützt von der ÖVP) fürs Bürgermeisteramt kandidiert – aber sie konnte den SPÖ-Kandidaten nicht einmal in eine Stichwahl zwingen.
Der Sieg von Christian Schaberl in Eltendorf ist auch Bestätigung für die jahrelange konsequente Aufbauarbeit des landesweiten Unabhängigen Gemeindevertreterforums, dessen Vizeobmann Schaberl auch ist: Zum UGVF bekennen sich auch die Bürgermeister von Jennersdorf und Parndorf, die diesmal mit deutlicher Mehrheit in ihren Ämtern bestätigt wurden.
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