Burgenland: Rot und Türkis rittern bei EU-Wahl um Platz eins

Spätestens in einem Jahr finden Landtagswahlen statt. Die EU-Wahl in drei Wochen ist zwar dafür nicht wirklich ein Gradmesser,
Eine Umfrage (der SPÖ) sieht die ÖVP vorn, der rote Spitzenkandidat Christian Dax steht unter Druck.

Drei Wochen vor der EU-Wahl hat Hans Peter Doskozil in Brüssel seinen ersten offiziellen Top-Termin als Landeshauptmann: Der neue SPÖ-Landeschef trifft am Montag mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Karl-Heinz Lambertz (Präsident des Ausschusses der Regionen, AdR) und Österreichs Botschaftern bei der EU und in Belgien, Nikolaus Marschik und Elisabeth Kornfeind, zusammen. Begleitet wird Doskozil von Burgenlands langjährigem Vertreter im AdR, Landesrat Christian Illedits. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen die EU-Förderungen fürs Burgenland ab 2021.

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Aktuell stellt Österreich 18 der 751 EU-Mandatare. ÖVP und SPÖ entsenden je 5, die FPÖ 4, die Grünen 3 und die Neos eine. Einziger Burgenländer ist derzeit der Grüne Michel Reimon, der aber nicht mehr kandidiert. Der Journalist aus Siegendorf ist in der fast 25-jährigen EU-Mitgliedschaft Österreichs nach den Kurzzeit-Mandataren Milan Linzer (ÖVP) und Karl Schweitzer (FPÖ) sowie Christa Prets (SPÖ, 1999-2009) erst der vierte burgenländische Vertreter im Europaparlament.

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Bei der SPÖ könnte zwar mit sehr viel Fortune nach einem Jahrzehnt wieder eine Burgenländerin das Ticket für Brüssel und Straßburg lösen, allerdings nicht die erste Wahl der Landespartei: Denn SJ-Bundeschefin Julia Herr aus Sigleß rangiert mit Platz 6 unmittelbar vor SPÖ-Landesgeschäftsführer Christian Dax. „Wir kommen einander nicht in die Quere“, versichert Dax gutes Einvernehmen mit der aufmüpfigen Linken.

Aber die 26-jährige Jungsozialistin und der 31-jährige Rechtsanwalt spiegeln zweifellos die Spannungen innerhalb der Gesamtpartei wider, die zuletzt auch zwischen Bundes-SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder und Doskozil sichtbar wurden, nachdem der Wiener zum Missmut des Burgenländers Koalitionen mit den Blauen die rote Karte gezeigt hatte.

Hie die internationalistische Herr, die gegen Rechtsextremismus und die Macht der Konzerne antritt und die Umwelt retten will, und da der smarte Parteimanager, der „mehr Burgenland nach Europa“ bringen möchte: Das ist eine echte Richtungsentscheidung – allerdings innerhalb einer Partei. Die pannonischen Genossen wären wohl nur verhalten erfreut, käme Herr am 26. Mai rein und bliebe Dax draußen.

Eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschers Peter Hajek, der im Auftrag der SPÖ 1.000 Burgenländer befragt hat, gibt Dax aber schlechte Karten: Demnach könnte die ÖVP im Burgenland auf 34 Prozent kommen (2014: 31 Prozent), während die SPÖ mit 33 Prozent im Vergleich zum letzten Mal leicht verlöre und Platz eins erstmals an die Türkisen abgeben müsste. Zulegen könnte auch die FPÖ von 17,8 auf 20 Prozent, die Grünen blieben stabil bei 8 Prozent.

Um das Abrutschen auf Platz zwei zu verhindern – bei der Kommunal- und der Nationalratswahl im Herbst 2017 konnte die ÖVP nur mit knapper Not auf Distanz gehalten werden –, muss sich der aus bürgerlichem Haus kommende Dax jetzt ordentlich ins Zeug legen, heißt es bei den Roten. Denn sein Chef, dem die oben erwähnte Umfrage für eine (hypothetische) LH-Direktwahl sensationelle 57 Prozent ausgewiesen hat (ÖVP-Chef Thomas Steiner kam auf 8), ist ein Verfechter klarer Verantwortung.

Und was Doskozil Schieder via KURIER ausgerichtet hat – fürs Ergebnis ist „in erster Linie der Spitzenkandidat verantwortlich“ – gilt auch für Dax, der so vor seiner größten Bewährungsprobe steht, die auch über seine weitere (Partei)-Karriere entscheiden könnte.

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ÖVP-Chef Steiner traut dieser EU-Wahl-Umfrage zwar nicht ganz, weil er dahinter eine rote Mobilisierungsstrategie für die eigene Klientel vermutet, aber er ist dennoch überzeugt, dass seine Partei diesmal die besten Karten hat, einen burgenländischen Kandidaten ins EU-Parlament zu bringen.

Klubchef Christian Sagartz ist zwar auf der Bundesliste seiner Partei ebenso nur auf Platz sieben gereiht wie Dax und Josef Graf (FPÖ), aber bei der Volkspartei zählen am Ende nur die Vorzugsstimmen.

Und obwohl die ÖVP 2014 nur 37.331 Stimmen zum Österreichergebnis von fast 762.000 Stimmen beisteuerte, hätte der damals neuntgereihte Patrik Fazekas mit seinen fast 6000 Vorzugsstimmen das vierte der fünf ÖVP-Mandate erobert – wenn es denn vor fünf Jahren schon den Vorzugsstimmen-Vorrang gegeben hätte.

Fazekas hängte damals unter anderen Ex-Ministerin Beatrix Karl aus der weit größeren Steiermark deutlich ab.

Um auch diesmal das Feld von hinten aufzurollen, setzt der 38-jährige Sagartz auf maximale Mobilisierung der ÖVP-Familie. Der ehemalige JVP-Obmann hat sich deshalb zuletzt auch intensiv dem mitgliederstarken Seniorenbund gewidmet und 10.600 ÖVP-Pensionisten zum Europa-Kaffee geladen.

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