Warum Jugendliche ihre Zukunft neu denken müssen

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Immer mehr junge Menschen im Burgenland haben keinen Job oder suchen eine Lehrstelle. Schulen und Betriebe müssten besser kooperieren, fordern Experten.

Von Vanessa Halla

771 Jugendliche waren Ende September beim AMS Burgenland arbeitslos gemeldet, 608 davon über 20 Jahre alt. Die Lehrstellenlücke laut AMS: 129 offene Lehrstellen gegenüber 191 Suchenden, ein Überhang von 17 Prozent. Interessant ist, dass sich das Beliebtheitsranking der Lehrstellen seit Jahrzehnten kaum verändert hat.

Nach wie vor suchen die meisten Jugendlichen eine Lehrstelle im Handel. 36 suchenden Personen standen Ende September allerdings nur 15 offene Lehrstellen in dieser Sparte zur Verfügung.

Die meisten offenen Lehrstellen entfielen auf Berufe im Tourismusbereich – etwa als Gaststättenkoch oder Kellner. Auch handwerkliche Fachbetriebe wie Zimmerer und Maler meldeten Bedarf. AMS Burgenland Geschäftsführerin Helene Sengstbratl: „Das Angebot, also welche Firmen Lehrlinge ausbilden, bestimmt sehr stark, welche Berufe gewählt werden."

Lehre im Burgenland ist männlich

2024 waren laut Wirtschaftskammer im Burgenland rund 1.800 Männer und nur 750 Frauen in einer Lehre. In Österreich gilt die Ausbildungspflicht bis 18 Jahre und eine Ausbildungsgarantie bis 25 Jahre. Sengstbratl: „Wir sehen auch einen positiven Trend: Das AMS hat heuer 17 mehr Lehrstellensuchende vermittelt als im Jahr davor.“

Bibi-Messe in Oberwart

Bei der Bibi-Messe in Oberwart werden bis Freitag zahlreiche Ausbildungsmöglichkeiten präsentiert. 

Aktuell sind die Zeiten am Arbeitsmarkt alles andere als einfach. Aber wie wird es für jene Altersgruppe, der das Berufsleben noch bevorsteht? Der Druck auf die Jugendlichen ist groß, weiß Bildungsdirektor Alfred Lehner: „Sie sollen sich für einen Bildungsweg entscheiden, während sich die Arbeitswelt rasant verändert.“

"Wir müssen Ausbildung neu denken"

Diese Veränderungen seien auch in der Bildung notwendig, denn: „In der Schule der Vergangenheit wurde immer nur Wissen vermittelt – oft ohne dass es verstanden wurde oder angewendet werden konnte. Es ist Zeit, dieses Wissen für die Zukunft zu übersetzen.“

Denn die hat sich noch nie so schnell geändert wie heute. Lehner dazu: „Berufsprofile und Anforderungen sind durch die Digitalisierung in einem steten Wandel. Wir müssen Ausbildung neu denken. Welche Berufe durch neue Technologien entstehen werden, wissen wir teils gar nicht. Aber nur zu schauen, in welchen Sparten Arbeitskräfte fehlen, reicht nicht. In der Schule liegt der Fokus auf der Förderung sozialer Kompetenzen: Teamfähigkeit, Problemlösungskompetenzen, Sicherheit und Vertrauen in sein Können – das braucht ein junger Mensch, der in die Arbeitswelt einsteigt.“

Viele junge Leute besuchen eine Bildungsmesse in einer großen Halle.

Digitalisierung verändert Berufsbilder, Schulen und Betriebe sollen enger kooperieren, fordern Experten.

Lehner nimmt auch die Wirtschaft in die Pflicht: „Eine enge Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen ist unerlässlich, um praxisorientiertes Wissen zu vermitteln. Mit Betrieben muss man reden und klären, was braucht ihr und was bietet ihr den Schülern?“

Was will die Jugend?

Eine gute Möglichkeit dafür ist die Bildungs- und Berufsinformationsmesse (BIBI). Bis Freitag präsentieren sich in Oberwart über 90 Aussteller – von Schulen und Fachhochschulen bis hin zu Betrieben.

„Geld verdienen und finanzielle Unabhängigkeit“ waren für Kilian Weiß aus Halbturn ausschlaggebend für seine Lehre als Mechatroniker. Der 18-Jährige besucht die Berufsschule Oberwart – ebenso wie Lukas Munzenrieder aus Pamhagen. „Ich mache die Ausbildung, weil ich schon immer handwerklich interessiert war. Mein Ziel ist es, eine Zwei-Mann Firma zu haben.“

Eine junge Frau sitzt an einer Töpferscheibe vor dem Stand der Landesfachschule Burgenland.

Nina Gmeiner will sich nach dem Abschluss als Keramikerin selbstständig machen, erzählte sie bei der Bibi-Messe in Oberwart. Dort werden bis Freitag zahlreiche Ausbildungsmöglichkeiten präsentiert. 

Die 16-jährige Nina Gmeiner aus Oberrabnitz besucht die Landesfachschule für Fliesen, Keramik und Ofenbau in Stoob. Sie sieht ihre Zukunft zwar im Handwerk, aber eher in der Kunst.

„Mein Papa ist Fliesenleger, die Richtung meiner Ausbildung war dadurch geprägt. Ob ich die Matura mache, weiß ich noch nicht.“ Ein kleines Geschäft wäre ihr großer Traum. Angst vor der Selbstständigkeit hat Nina Gmeiner keine. „Wir lernen in der Schule auch Unternehmensführung, ich fühle mich gut auf die Arbeitswelt vorbereitet.“

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