Blind für die Bedürfnisse Blinder

Daniela Ostermann aus Parndorf kann dank Zusatztastatur in Braille-Schrift ganz normal am Computer arbeiten
Im Burgenland hapert es nicht nur an Leitsystemen, sondern auch an Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten

Etwa 13.000 blinde und sehbeeinträchtigte Menschen leben im Burgenland. Wobei den Betroffenen das Leben hierzulande nicht unbedingt einfach gemacht wird, wie Michaela Lauberger von der „Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs“ immer wieder feststellen muss: „Es sind oft die kleinen Dinge, an denen es hapert. Zum Beispiel Glaswände in Foyers von Banken, wo Markierungen fehlen. Oder Stufen, bei denen es schon reichen würde, die oberste und unterste mit einem gelben Markierungsband zu versehen.“
Blindenleitsysteme kann man im Burgenland mit der Lupe suchen und auch sogenannte taktile Leitsysteme bei Verkehrsampeln sind rar. Prozentuell gesehen erfüllen gerade zehn von 35 Ampeln diese Anforderungen.
Wobei jene Burgenländer, die von Geburt an blind oder sehbeeinträchtigt sind, mit diesen Umständen ganz gut zurecht kommen. „Die machen eigentlich alles und sind meistens gut integriert, vom Kirchenchor bis zur Kartenspiel-Runde“, weiß Lauberger durch ihre Beratungsarbeit. Schwerer tun sich jene, die an altersbedingter Makuladegeneration (AMD) leiden: „Dabei spielt Scham eine oft eine große Rolle.“


Selbstständig leben

Eine, die ihr Leben trotz Blindheit selbstständig meistert, ist Daniela Ostermann aus Parndorf. Die 46-Jährige bekam nach ihrer Geburt im Brutkasten zu viel Sauerstoff und erblindete dadurch vollständig. In ihrer Kindheit hat Integration, wie sie heutzutage eigentlich normal ist, noch nicht funktioniert. „Ich bin hier nie in den Kindergarten gegangen. Es hat immer geheißen, das sei zu gefährlich“, erinnert sich Ostermann. Volksschule, Hauptschule und Polytechnischen Lehrgang hat sie in Wien im BBI (Bundes-Blindenerziehungsinstitut) absolviert.
Ostermann arbeitet nicht nur Vollzeit – als Telefonistin in der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See, sondern führt auch ihren Haushalt fast im Alleingang: „Natürlich bin ich auf Hilfe angewiesen. Wer was anderes behauptet, macht sich was vor.“ Wobei kleine Hilfsmittel, von Markierungspunkten auf dem Herd über sprechende Uhren bis zum Farberkennungsgerät eine große Hilfe bedeuten. Derzeit macht sich die 46-Jährige mit dem IPhone vertraut: „Die Technik ist schon ein Wahnsinn. Es gibt sogar eine eigene App, mit der Blinde fotografieren können.“
30 Stunden im Monat steht ihr eine persönliche Assistentin zur Verfügung, allerdings: „Die Zeit geht komplett für organisatorische Dinge drauf, für Freizeitaktivitäten bleibt da nichts übrig.“


Skepsis am Land

Blind für die Bedürfnisse Blinder
Michaela Lauberger, Hilfsgemeinschaft für Blinde und Sehbehinderte im Burgenland
Das ist ein Punkt, der Michaela Lauberger sehr am Herzen liegt. Die Grundbedürfnisse werden im Burgenland abgedeckt, aber die Mobilität sei „ein großes Problem.“ In Wien gebe es für Blinde einen günstigen Fahrtendienst, ehrenamtliche Helfer und sogar eine eigene Theatergruppe. „Bei uns besteht für Blinde schon die Gefahr der Vereinsamung“, weiß Lauberger. Das kennt auch Daniela Ostermann. Eine Nordic Walking-Gruppe hat sie nicht aufgenommen, weil sich kein Begleit-Walker für sie fand: „Die Leute sind gerade am Land nicht offen für Neues. Da ist noch viel Bewusstseinsbildung nötig.“

www.hilfsgemeinschaft.at

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