Bio muss in den Köpfen wachsen

Bio muss in den Köpfen wachsen
In den meisten Bereichen der Landwirtschaft seien 100 Prozent Bio im Moment unrealistisch

100 Prozent biologische Landwirtschaft wird vom Land mittelfristig gefordert. Der designierte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil machte den Vorstoß – Grüne, Liste Burgenland und die FPÖ ziehen mit, wie sie am Mittwoch bekannt gaben. Mehr Bio-Lebensmittel in landesnahen Küchen, Kindergärten und Schulen sowie eine Reduktion der Pestizidbelastung. Heute will man im Landtag die „Biowende“ als Dringlichkeitsantrag einbringen. Ein Glyphosatverzicht und eine weitgehende Umstellung auf Biolandwirtschaft werden beschlossen.

„Wir freuen uns über jede Unterstützung die vom Land in Richtung Bio kommt“, sagt Franz Traudtner, Obmann von Bio Austria Burgenland. Doch so einfach sei eine Umstellung nicht. „So etwas muss in den Köpfen der Bauern wachsen, das kann man nicht erzwingen“, sagt Traudtner. Bisher sei man organisch gewachsen. 31,8 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche (47.818 Hektar) werden biologisch bestellt.

Bio muss in den Köpfen wachsen

Rinder

Im Rinderzuchtverband gibt es rund 20 Prozent biologische Betriebe. „Wir haben etwa 20.000 Rinder im Land, davon sind 6000 Milchkühe“, sagt Johannes Lehner, Geschäftsführer des Verbands. Für die kommenden Jahren rechnet er, dass die Zahl der Betriebe sinken wird. „Würde man jetzt von allen verlangen, biologisch zu wirtschaften, würden sicher noch mehr aufhören“, sagt Lehner.

Rinderzüchter-Obmann Reinhard Jany sieht ein Problem beim Preis für die Biomilch: „Der Landwirt hat vielleicht zehn Cent mehr pro Liter, aber viel höhere Kosten für das Futter.“ So lange die Mehrkosten nicht mit dem Preis gedeckt sind, würden viele nicht umsteigen, „weil es sich nicht rechnet“, so Jany.

Eine ähnliche Situation zeichnet sich beim burgenländischen Ferkelring ab. Hier gebe es nur wenige Biobetriebe. „Wer umstellt, hat teure Umbaumaßnahmen und hohe Futterkosten, aber der Absatz ist nicht garantiert“, meint Ferkelring-Obmann Anton Binder. Auch die Fleischindustrie und die Supermärkte müssten sich umstellen.

Im Geflügelbereich sei man laut Heinz Schlögl, Obmann der burgenländischen Geflügelwirtschaft, bei zehn bis zwölf Prozent Bioanteil bei Legehennen; bei der Hühnermast gibt es nur einen Betrieb im Land. Im Biobereich sind zehn Quadratmeter Auslauf pro Henne vorgeschrieben. „Bei bestehenden Ställen gibt es diesen Platz oft einfach nicht“, sagt Schlögl. Den Bedarf an Eiern könnte man biologisch in Österreich nicht decken, „da fehlt uns die Fläche“, meint der Obmann. Bei den Puten sei die Situation ähnlich: „So etwas von oben herab zu verordnen, wird in der Geflügelwirtschaft schwierig umzusetzen sein“, sagt Schlögl.

Bio muss in den Köpfen wachsen

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Weinbau

Im Weinbau sei die Sache „komplex“, erklärt Weinbaupräsident Andreas Liegenfeld. Etwa 13,5 Prozent der Reben im Land werden biologisch bewirtschaftet. „Ich glaube nicht, dass jetzt viele Betrieb umstellen werden“, sagt Liegenfeld.

Im Endeffekt könne nur der Konsument entscheiden, meint Traudtner: „Was nützt 100 Prozent Bio, und keiner hat’s im Kühlschrank.“

Bio muss in den Köpfen wachsen

Analyse: Das Burgenland als „Gallisches-Biodorf“

100 Prozent biologische Landwirtschaft im Burgenland. Alle Bauern verzichten auf Kunstdünger und chemische Spritzmittel, die Tiere werden nach Biostandards gehalten. Die Wunschvorstellung der SPÖ vom Burgenland als  „Gallisches Biodorf“   scheint verlockend. 

 Im Burgenland beackert seit 2015   die erste SP-Landesrätin die Agrar-Agenden.  Jetzt nimmt sich auch der designierte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil der Landwirtschaft an. Er fordert  100 Prozent Biobauern und spricht sich gegen Glyphosat aus. Der konventionelle Bauer wird ins Abseits gestellt.

Die Landwirtschaftskammer ebenfalls, hier soll eine Million Euro gespart werden. Die Interessensvertretung der Bauern ist seit jeher eine  Bastion der Volkspartei. Der Strukturwandel hat die Mitgliederzahl und die Macht des ÖVP-Bauernbundes in den vergangenen Jahren schwinden lassen.

„Wir sehen den künftigen Schwerpunkt der Landwirtschaftskammer mit einem Schwerpunkt auf die Bio-Beratung“, sagt   Verena Dunst.  Den teuren Funktionärsapparat wolle sie nicht mehr finanzieren. Über Zahlen will Dunst nicht sprechen. Was mit der gesparten Million passieren soll, ist  nicht ganz klar. Hinter vorgehaltener Hand ist immer wieder zu hören, dass das Geld eine fehlende Million im Agrarbudget für  höhere Zuschüsse zur Hagelversicherung abdecken soll.   

 

Verhandlungen

Die Verhandlungen laufen noch. Was klar ist, die Kammer soll den Bioanteil steigern. Doch wie sie wirtschaften wollen, dürfen in Österreich immer noch die Bauern entscheiden.   Auch wenn der Bauernstand nur mehr zwei Prozent der Bevölkerung ausmacht und für Wahlen nicht mehr  relevant scheint, werden viele Landwirte verunsichert. 

Der Markt gibt sowieso die Marschrichtung vor. Billige Lebensmittel – egal wie sie hergestellt werden – sind  in Mode, wenn man sich die Prospekte der Supermärkte  und die Einkaufwagen ansieht. Nicht jeder achtet  auf Herkunft, Biozertifikat und Gesundheit.     100 Prozent Bio-Lebensmittel in den Kühlschränken   der Konsumenten sind Wunschdenken.   
Im landesnahen Bereich, sollen jetzt Bioprodukte verstärkt in den Kantinen, Krankenhäusern und Schulen auf den Tisch kommen.  Bei einer   Studie über die Bio-Verpflegung an Schulen und Kindergärten ist das Burgenland  Schlusslicht in Österreich. Wie viele Bioprodukte etwa die Krankenhäuser der Krages auf den Tisch bringen, werde gerade  erhoben, 80 Prozent regionale Lebensmittel seien es bereits, heißt es. 

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