Betrugsopfer (82) klagt an: "Mein ganzes Vermögen ist weg"

Betrugsopfer Gerhard B.
Ein ehemaliger Unternehmer wurde um mehr als eine halbe Million Euro gebracht. Dem KURIER erzählt er, wie er zum Opfer wurde.

Von Gernot Heigl

Selbstkritisch zeigt sich der ehemalige Chef eines Gesundheitsbetriebes im Garten seines Hauses im Nordburgenland. „Gibt es wirklich Leute, die so blöd und dumm sind, um auf einen Betrüger hereinzufallen? Offenbar schon, denn ich bin der leuchtende Beweis dafür.“ Ergänzt mit einer Warnung an alle: „Passt auf und schaut ganz genau, mit wem man es zu tun hat.“

„Im Nachhinein betrachtet“, so der rüstige Pensionist, „war ich hoher krimineller Energie ausgesetzt, ohne es zu merken. Der Mann, dem ich blind vertraut habe, hat so überzeugend auf mich gewirkt, dass bei mir praktisch jedes Denken und Misstrauen ausgeschaltet worden ist.“ Mit der tragischen Konsequenz, „dass meine rund 570.000 Euro leider weg sind. Mein ganzes, angespartes Vermögen wurde gestohlen.“

Belohnung für Hinweis

„Kein Mensch weiß derzeit, außer dem Täter, wo mein Geld ist. Vielleicht gibt es aber Personen, die einen Hinweis geben können. Daher appelliere ich nicht nur an deren Gewissen, sondern würde zehn Prozent der aufgefundenen Summe als Belohnung übergeben“, zeigt sich Gerhard B. hoffnungsvoll.

 Auf die Frage, wie er zum Betrugsopfer wurde, sagt der 82-Jährige: „Ich war Kunde in einem nahen Handyshop und mit dem Service sehr zufrieden. Der Besitzer ist ein ausgezeichneter Techniker und mit allen Wassern gewaschen. Es gab keine Probleme an Computern oder Mobiltelefonen, die er nicht lösen konnte. Selbst vergessene Passwörter fand er binnen Minuten heraus. Da er bei all diesen Arbeiten stets korrekt und sehr kulant war, fallweise sogar gar nichts verrechnet hat, wurde er für mich zu einer Vertrauensperson.“

Geheime Bankdaten übergeben

An die wandte sich Gerhard B. auch, als er voriges Jahr Hilfe bei einer Online-Kontoangelegenheit benötigte. Um die Bankverbindung einrichten zu können, übergab er dem Handyshopbetreiber sämtliche geheimen Daten. „Nach kurzer Zeit war alles erledigt und ich dankbar. Was ich allerdings nicht wusste, war, dass sich der Mann die Codes von meinem Konto auf sein Handy übertragen hatte, damit auch die Gesichtserkennung auf der App freischaltete und ab diesem Zeitpunkt uneingeschränkt Zugang auf mein Geld hatte.“

Kaum war der Pensionist mit seiner Frau zum halbjährlichen Aufenthalt nach Thailand gereist, „bediente sich der Betrüger an meinen Ersparnissen. Als mich an meinem Urlaubsort die burgenländische Polizei angerufen und mich über die kriminellen Handlungen und die Verhaftung meiner sogenannten Vertrauensperson informiert hat, konnte und wollte ich das anfangs nicht glauben. Ich bin wirklich aus allen Wolken gefallen.“

Ich konnte und wollte das anfangs nicht glauben. Ich bin wirklich aus allen Wolken gefallen.

von Betrugsopfer Gerhard B.

den Zeitpunkt, als er von der Verhaftung seiner "Vetrauensperson" erfuhr.

Abseits zahlreicher illegaler Geldabbuchungen war der ehemalige Unternehmer dem vermeintlichen Täter, einem Österreicher mit türkischen Wurzeln, schon kurz zuvor „auf den Leim gegangen“, indem er ihm ertragreiche Investitionen eingeredet hatte. „Zwecks hoher Verzinsung bei einer Geldanlage in türkischen Lira sowie beim günstigen Ankauf von Gold, ebenfalls in der Türkei, habe ich an ihn, im festen Glauben an die Ehrlichkeit des Mannes, eine größere Summe überwiesen, damit er für mich das angeblich lukrative Geschäft abschließt. Am Gewinn wäre er beteiligt gewesen.“

 Als Beweis dafür, dass alle Transaktionen ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, „schickte mir der Betrüger Belege, die sich in späterer Folge als selbst angefertigte 'Kaszettel' herausstellten. Also alles Fakes“, resümiert Gerhard B., „der Mann hat nichts gekauft oder angelegt, sondern das Geld eingesteckt. Ob es sich noch in Österreich befindet oder in die Türkei geschmuggelt worden ist, ist unklar.“ 

Auch beim Handel mit Autos wurde der 82-Jährige hereingelegt. „Für zwei Pkw habe ich ihm das Geld gegeben. Doch statt zugesicherter Gewinne durch den raschen Verkauf an fixe Kunden behielt der Mann ein Auto für sich selbst, das andere wurde in die Türkei gebracht. Damit fährt jetzt seine Mutter.“

Prozess läuft

Gegen den in U-Haft befindlichen mutmaßlichen Betrüger kam es bereits zu einem Prozess im Landesgericht Eisenstadt, der Ende September fortgesetzt wird. Am ersten Verhandlungstag erklärte sich der Angeklagte, der KURIER berichtete, für „nicht schuldig“ und behauptete, alles sei einvernehmlich und im Wissen von Gerhard B. über die Bühne gegangen. Außerdem habe er bereits Teile des Geldes zurückbezahlt. „Blödsinn. Lügen, nichts als Lügen. Ich habe von dem Mann noch keinen Cent erhalten.“

Über den Ausgang des Verfahrens lässt sich Gerhard B. an seinem Urlaubsort informieren, denn den Winter verbringt er gemeinsam mit seiner Frau wieder in Thailand. „Ich gehe davon aus, dass der Beschuldigte seine gerechte Strafe bekommen wird. An Reue und ein Geständnis des Mannes glaube ich nicht, vielleicht aber taucht ja doch noch ein Teil meines Geldes auf.“  

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