„Keine Almosen, aber Hilfe zur Selbsthilfe“

„Keine Almosen,  aber Hilfe zur Selbsthilfe“
Der Appell von Caritas-Direktorin Edith Pinter ist alarmierend: Die Armut nimmt zu im Burgenland.

Not kann mitten unter uns sein. Nicht nur in Entwicklungsländern oder Kriegsgebieten leben Menschen in Armut. Auch viele Burgenländer kennen leider die Angst vor Obdachlosigkeit oder Hunger. „Die Armut ändert ihr Gesicht. Aber sie nimmt zu“, sagt Edith Pinter. „Sie verlagert sich immer weiter in den Mittelstand.“

Die Direktorin der Caritas im Burgenland hat täglich mit Schicksalen, wie etwa jenem von Frau Resi, 81, zu tun. Nach dem Tod ihres Ehemannes stand die Pensionistin, die sich aufopfernd um ihr behindertes Kind kümmerte, am Rande des Abgrunds. Nach einem Krankenhausaufenthalt wegen ihres schwachen Herzens waren Gas und Strom abgeschaltet. Frierend saß sie in ihrer dunklen Wohnung. Die Caritas konnte helfen. Heute leben Mutter und Sohn betreut in Heimen.

Hilfe zur Selbsthilfe

Frau Resi ist kein Einzelfall. „Viele alleinerziehende Mütter sind im Burgenland von Armut betroffen“, weiß Edith Pinter. Aus Scham würden sich die meisten erst im letzten Moment vor einer Delogierung melden. „Man sieht es Betroffenen oft nicht an, wenn man sie auf der Straße trifft, dass das Geld für die Miete fehlt, für die Heizung und sogar für das Essen“, sagt Pinter. „Ohne Adresse verliert man auch das Recht auf Mindestsicherung und steht ohne Krankenversicherung im wahrsten Sinne des Wortes in der Kälte.“ Frauen seien letztlich gezwungen, „unterzutauchen“, um das Sorgerecht für ihre Kinder nicht zu verlieren.

Hier springt die Caritas ein. „Auf Augenhöhe“, wie die Direktorin betont. „Wir geben keine Almosen, sondern Hilfe zur Selbsthilfe. Es geht um die Würde der Betroffenen.“ Man hilft bei Bewerbungsschreiben, Vorstellungsgesprächen, aber auch alltäglichen Fertigkeiten wie Kochen oder Wäschewaschen. In vielen Fällen würde diese Hilfe zur Selbsthilfe angenommen. Nicht in allen.

Darlehen statt Almosen

Die Notschlafstelle der Caritas in Oberwart, der ZufluchtsRaum in Eisenstadt und das „Mutter+Kind= Haus“ in Wimpassing sind voll belegt. Insgesamt stehen rund 22 Betten zur Verfügung. Die Caritas arbeitet aktuell an einem „Delogierungsfonds“, aus dem in Härtefällen Mini-Darlehen vergeben werden können, um einen Wohnungsverlust zu verhindern. Eine Folge von Armut sei häufig Einsamkeit, weiß Pinter. Weil das Geld für soziale Aktivitäten fehlt. „Das ist ein großes Zukunftsthema. Nicht nur für ältere Menschen“, ist sich die Direktorin sicher. Sie appelliert: „Die Menschen müssten mehr aufeinander achten. Familienverbände wie früher gibt es leider immer seltener. Achtsamkeit in der Gesellschaft fehlt.“

„Keine Almosen,  aber Hilfe zur Selbsthilfe“

Und gerade vor Weihnachten hoffe die Caritas auch auf zusätzliche finanzielle Unterstützung. „Die Spendenbereitschaft ist groß, das freut uns. Aber der Bedarf steigt leider auch“, betont Pinter. Ob Privatpersonen oder Unternehmen, jeder kann mit einer Spende helfen. Informationen dazu unter www.caritas-burgenland.at

Das Tätigkeitsfeld der Caritas umfasst mittlerweile nahezu den ganzen Bereich des menschlichen Lebens: Im Burgenland betreibt man neun Kindergärten und Horte, drei Behinderten-, zwei Flüchtlings- und vier Altenwohnhäuser, je drei Tageszentren, Behindertenheime und Lerncafés, bietet Mütter- und Familienhilfe, Ausbildungsstätten, Altenbetreuung, Hospizdienste, Rechtsberatung und Projekte für Langzeitarbeitslose sowie Katastrophen- und Entwicklungshilfe im Ausland.

Lerncafes

„Wir helfen, ohne nach Herkunft, Religion oder Schuld zu fragen. Wir beraten in sozialen Belangen und leisten Nothilfe, unterstützen in Familien- und Lebensfragen und begleiten in Ehe- und Beziehungskrisen“, verspricht Edith Pinter.Die Zahlen sprechen für sich: 798 Klienten wurde in existenziellen Notlagen geholfen, 58 Menschen fanden eine Unterkunft und Betreuung im ZufluchtsRaum und der Notschlafstelle, 43 Langzeitarbeitslose fanden im Caritas-Laden Carla ein Beschäftigungsverhältnis. In den Lerncafés wird Kindern Ausbildung für bessere Entwicklungschancen geboten. Gerade hier werden aufgrund steigenden Bedarfs aktuell auch finanzielle Mittel benötigt.

„Keine Almosen,  aber Hilfe zur Selbsthilfe“

Im Bereich der Pflege, ob zu Hause oder stationär, sind rund 300 Mitarbeiter im Burgenland im Einsatz. Altenwohn- und Pflegezentren der Caritas befinden sich in Neusiedl, Eisenstadt, Deutschkreutz und Rechnitz. Tagsüber in Gesellschaft, betreut, abends wieder in den eigenen vier Wänden: dieses Service bieten die Tageszentren in Neusiedl, Deutschkreutz und Deutsch Tschantschendorf.

Auslandshilfe

Mit Spenden aus dem Burgenland werden aber auch Projekte in Rumänien und im Kongo unterstützt. Denn jedes dritte Kind ist in Rumänien von Armut betroffen. In Siebenbürgen erhalten Kinder mit Behinderungen Therapien, die sich ihre Eltern nicht leisten könnten. Auch eine Schulbildung wird ermöglicht. Der Kongo versinkt seit Jahrzehnten in Armut, Krieg, Gewalt und Korruption. Dank burgenländischer Hilfe werden unterernährte Babys in Gesundheitszentren aufgepäppelt und langfristige Hilfe in Landwirtschaftsprojekten geleistet.

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