Wie man vom erfolgreichen Studienabbrecher zum Nischen-Spezialist wird? Bernd Gossis berufliche Wege waren oft unergründlich – und am Ende goldrichtig.
26.04.25, 04:30
von Vanessa Halla
Er hat Jus studiert – dann kamen die Panikattacken. Auch war er leidenschaftlich gern Zivildiener in der Pflege, aber für eine Ausbildung in diesem Bereich fehlte einfach etwas. Um dieses "etwas" zu finden, waren außerdem noch ein Anlauf auf der Uni, ein Praktikum und ein daraus resultierender Job als Zeitungsredakteur nötig.
Dann ging die Findungsreise des Bernd Gossi endlich in die richtige Richtung. Aber schön der Reihe nach, denn schließlich ist bei dieser Geschichte der Weg das Ziel.
Bernd Gossi wurde vor wenigen Tagen 42 Jahre alt. Er stammt aus Rechnitz im Südburgenland und ist heute PR- und Artist Relation Manager bei Austrian Audio, Österreichs größtem Hersteller von Mikrofonen und Kopfhörern. Klingt cool – ist es auch.
Mehrmals gegen die Wand
Was an Bernd Gossi selbst cool ist, ist die Tatsache, dass er sich weder von Lebenskrisen noch von der Gesellschaft hat verbiegen lassen. Auch, wenn seine Suche nach Sinn und Freude im Berufsleben ihn mehr als nur einmal gegen die Wand fahren hat lassen.
Eigentlich ist jeder Tag in meinem Beruf ein Highlight, aber wenn du mitten in der Nacht vom Live-Techniker der Band Slipknot angerufen wirst und der sagt 'Hey bro, mikrophones are great', dann ist das nochmal extracool.
Aus dem ehemaligen Jusstudent Bernd Gossi wurde ein PR- und Artist Relation Manager bei Austrian Audio.
Nach der Matura ging es für den PR-Manager zum Zivildienst. "Ich war damals der erste Zivi in der Pflege am Hirschenstein. Mit Menschen zu arbeiten, helfen zu können, aber auch Teil eines Teams zu sein, war großartig. Schlussendlich war aber klar, dass das nicht mein Weg sein wird", spricht Bernd Gossi offen über seine erste Berufserfahrung.
"Werde Arzt oder Anwalt, hab ich oft gehört"
Der Südburgenländer entscheidet sich für das Studium der Rechtswissenschaften. "Werde Arzt oder Anwalt, das habe ich zuhause oft gehört. In dem Alter war es schwierig, eine Entscheidung zu treffen, ich war noch nicht eigenständig genug." Das Jus-Studium hat Gossi "erfolgreich abgebrochen" wie er heute lachend erzählen kann.
"Damals habe ich eine Panikstörung bekommen. Ich konnte nicht mehr einkaufen gehen, nicht mehr mit der U-Bahn fahren. Die Großstadt hat es nicht einfacher gemacht, also bin ich zurück ins Burgenland. Dort habe ich ein Praktikum bei einer Lokalzeitung gemacht und habe dort fünf Jahre lang als Redakteur gearbeitet."
Bernd Gossi liebt die Arbeit als Journalist, die Musik gibt schon damals den Ton an. "Ich habe eine eigene Rubrik für burgenländische Bands geschaffen, eine Plattform in Print, quasi. Eine Titelstory zu finden, das allerdings hat mich oft echt gestresst." Trotzdem beschließt er mit 25, noch einmal eine Ausbildung zu beginnen. "Aber auch das Studium für Journalismus und PR habe ich erfolgreich abgebrochen."
Was macht ein Bernd Gossi mit Ende 20, zwei Anläufen an der Uni und zwei Jobs später? Er bündelt seinen Erfahrungsschatz und wagt 2011 den Sprung ins Content- und Social Media Marketing. "Das war eine Zeit, in der man auf Facebook noch keine Werbung schalten konnte. Es gab den Job so noch gar nicht, das war schon krass", erinnert er sich.
"Ich habe Blogartikel verfasst, mir Gewinnspiele einfallen lassen und bin schon lange vor Podcast-Zeiten mit Kamera und Mikrofon ausgestattet in Firmen gefahren. So habe ich jahrelang für Unternehmen Content kreiert und eine Community beziehungsweise Kundenstämme aufgebaut. Rückblickend betrachtet war es echt spannend, ein komplett neues Berufsbild mitgestaltet zu haben."
Heute steht für den Südburgenländer fast jede Woche ein musikalisches Highlight am beruflichen Programm. Gossi ist PR- und Artist Relations Manager bei Austrian Audio, das auf die Produktion von Mikrofonen und Kopfhörer spezialisiert ist. "Meine Aufgabe ist es, unsere Mikros zu den Musikern und deren Toningenieure zu bringen."
Depeche Mode am Handy
Dass es sich dabei um weltbekannte Musiker und Bands handelt, wird erst im Lauf des Gesprächs klar.
"Am Schlagzeug von Depeche Mode sind wir mit unseren Produkten vertreten. Der Schlagzeuger ist Österreicher und ich habe erst vorhin mit ihm telefoniert. Oder Rod von den Ärzten, der spontan meiner Einladung gefolgt und vorbei gekommen ist, um bei uns neue Mikros zu testen. Eigentlich ist jeder Tag in meinem Beruf ein Highlight, aber wenn du mitten in der Nacht vom Live-Techniker der Band Slipknot angerufen wirst und der sagt 'Hey bro, mikrophones are great', dann ist das nochmal extracool."
Ein Leben wie ein Soundtrack: Bernd Gossi mit Rod von den Ärzten.
Beruflich muss Bernd Gossi viel reisen. "Das war anfangs hart. Aber Musik gibt mir so viel, mit meiner Arbeit kann ich ein bisserl zurückgeben. Die perfekte Akustik mithilfe unserer Geräte, nämlich. Ohne Musik geht bei mir nix, schließlich braucht auch das Leben selbst einen Soundtrack. Meiner ist mal Hardcore, mal Rock´n Roll, aber bestimmt nie langweilig."
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