Grüne Klubchefin Petrik geht: "Es geht auch ganz gut ohne mich"
Politiker gelten mitunter als Sesselkleber – einmal im (lukrativen) Amt, nehmen die Beharrungskräfte überhand und aus dem Posten auf Zeit wird ein Dauerzustand.
Regina Petrik kann man das nicht vorwerfen. Die Klubchefin der Grünen verlässt nach ziemlich genau neun Jahren den Landtag, um sich mit 60 Jahren beruflich noch einmal neu zu orientieren.
Petriks Nachfolgerin ist Anja Haider-Wallner, der sie im vergangenen Herbst schon die Funktion der Landessprecherin der Grünen überlassen hat. Petrik, Mutter dreier erwachsener Kinder, verzichtet damit auch auf ziemlich viel Geld, den Klubchefs im Landtag (drei Männer, eine Frau) stehen monatlich rund 12.600 Euro brutto zu.
Wohin es sie zieht, wollte die studierte Pädagogin am Montag noch nicht verraten, weil es „noch Gespräche mit dem neuen Dienstgeber“ gebe, so Petrik. Aber: „Es ist nicht in der Politik“.
Regina Petrik (60) stammt aus einer ÖVP-Familie, Mutter Eva gehörte in Wien zu Erhard Buseks „Bunten Vögeln“ und war Präsidentin der Katholischen Aktion (KA). Regina Petrik, die aus familiären Gründen ins Burgenland gekommen ist, war hingegen nie bei der ÖVP, aber Vizepräsidentin der KA.
Ende 2010 stieg die studierte Pädagogin als Landesgeschäftsführerin bei den Grünen ein, die Funktion legte sie 2014 zurück. Von Juli 2015 bis Mai 2024 saß sie im Landtag, zuletzt als Klubchefin. Von 2012 bis 2023 war sie auch Landessprecherin.
Außergewöhnlich war schon Petriks Einstieg in die Politik: Weil Volksvertreter viel zu wenig vom Volk wissen, tourte Petrik vor ihrem Einzug in den Landtag (2015) fast ein Jahr lang als Praktikantin durch die Berufswelt. „Je mehr Perspektiven ich einnehme, desto besser wird das Ergebnis der politischen Arbeit sein“, begründete die Grüne damals ihr Lehrjahr, das sie zum Regale schlichten in den Supermarkt, ins Pflegeheim oder als Servierkraft ins Restaurant führte.
Diese Erfahrung „hat mich geprägt“, sagt Petrik am Ende ihrer politischen Laufbahn.
Wenn man Schulter an Schulter arbeite, „verbindet das nicht nur menschlich“, sondern man schaue gewissermaßen auch mit den Augen des Anderen auf die Welt. Vor politischen Entscheidungen die unmittelbar Betroffenen einzubeziehen, habe sie auch als Landtagsabgeordnete versucht, so Petrik am Montag.
Anträge im Landtag habe sie immer erst „nach ausführlicher Beschäftigung mit der Materie und Gesprächen mit den Stakeholdern“ eingebracht, pocht die scheidende Klubchefin auch darauf, am Rednerpult auf Polemik weitgehend verzichtet zu haben.
Aber hat diese – im Konzert der Landtagsdebatten zugegebenermaßen – außergewöhnliche Zurückhaltung auch zu handfesten politischen Ergebnissen geführt?
Petrik meint ja und zählt diverse Gesetze und Weichenstellungen auf, die sie für sich und die Grünen reklamiert.
Auf einen Preis für besondere Leistungen in der Integrationsarbeit mit Geflüchteten habe sie sich mit dem damaligen Soziallandesrat Norbert Darabos geeinigt, resümiert Petrik. Auch die konkrete Umsetzung der Biowende, den Anstoß zur Gesamtverkehrsstrategie des Landes oder die Verankerung des bodenschonenden Bauens im Raumplanungsgesetz heftet sich die Grüne auf die Fahnen.
Apropos Fahnen: Mittlerweile sei die Regenbogenfahne vor dem Landhaus kein Problem mehr, aber als Petrik die Fahne vor Jahren erstmals „illegal“ hisste, „war mir Landeshauptmann Hans Peter Doskozil eine Zeit lang böse“, erinnert sich Petrik mit einem diebischen Lächeln.
Überhaupt die SPÖ: Doskozils Vorgänger Hans Niessl sei am Ende seiner Amtszeit 2019 bemüht gewesen, alle Parteien einzubinden. Nach der Eroberung der absoluten Mehrheit 2020 habe Doskozil diesen Weg aber nach einiger Zeit verlassen, „weil die SPÖ niemanden braucht“. Dennoch ist Petrik überzeugt, dass man „auch als kleine Fraktion durch Hartnäckigkeit etwas durchsetzen und die großen Parteien antreiben kann“.
In der Politpension will Petrik, die im Mai ihre letzte Landtagssitzung absolviert hat, auf gute Ratschläge verzichten: „Ich werde niemandem auf die Nerven gehen“. Sie habe die parlamentarische Arbeit „unheimlich gerne gemacht“, aber auch den Zeitpunkt des Abschieds frei und selbstständig gewählt. Petrik: „Jetzt ist die Bühne frei für andere, es geht auch ganz gut ohne mich“.
Was sie am wenigsten vermissen wird? Den dauernden Zwang von Politikern zur "Selbstdarstellung".
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