Gernot Gasser: Offizier mit Leib und Seele
Gernot Gassers Berufsentscheidung fiel knapp vor der Matura. „Ich habe eine katholische Privatschule in Wien besucht und dort hielt in der 8. Klasse ein Offizier einen Vortrag, der mir sehr imponiert hat“, erinnert sich der burgenländische Militärkommandant an die erste von mehreren richtigen Entscheidungen in seinem Leben, wie er sagt. „Ich hatte damals drei Optionen: Jurist, Politiker, oder Offizier. Die Wahl war gut“, sagt er lachend: „Es gab einige Momente, in denen mein Leben völlig anders verlaufen hätte können. Rückblickend habe ich das Richtige getan und war dabei von einem Heer an Schutzengerln behütet. Ich fühle mich wirklich als Glückskind.“
Kein Politiker
Die Entscheidung gegen eine politische Laufbahn sei auf seine Persönlichkeit zurückzuführen. „Ich sage den Menschen in meinem Umfeld, was ich von ihnen halte – wertschätzend, aber direkt. Das wäre in der Politik nicht immer vorteilhaft“, sagt er schmunzelnd. „Ich müsste mich also verbiegen und das liegt mir nicht.“ Auch eine mögliche Karriere im Verteidigungsministerium sei derzeit keine Option, sagt er. „Würde ich höhere Dienstgrade anstreben, wäre das nur dort möglich, ich habe aber schon genug Zeit im Ministerium verbracht und fürchte, dass eine Tätigkeit dort nicht annähernd so erfüllend wäre, wie meine aktuelle im Burgenland. Daher ist hier genau der richtige Platz für mich.“
„Mag Veränderung“
Ob dies bis zur – noch fernen – Pensionierung so bleiben wird, in dieser Frage will sich der Militärkommandant nicht festlegen. „Ich mag Veränderung“, sagt er. „Meine längste Verweildauer in einer Funktion waren bisher fünf Jahre. Ich würde auf jeden Fall neue Herausforderungen suchen, wenn ich hier nicht mehr glücklich wäre, oder mein Team nicht mehr glücklich mit mir wäre.“
Besagte fünf Jahre verbrachte Gasser als Militär-Attaché in Brüssel. Politisches Gespür musste er in dieser Funktion also doch beweisen? „Eher diplomatisches Geschick“, meint Gasser. „Ich interessiere mich sehr für Politik und als Privatperson habe ich klarerweise eine politische Einstellung, die hat in meinem Beruf als Soldat aber nichts verloren.“ Die Zeit in Brüssel sei bereichernd gewesen: „Internationale Vielfalt, unterschiedliche Menschen und Lebensphilosophien kennenzulernen, das gefällt mir.“ Aufgabe sei es gewesen, internationale Entwicklungen auf militärischer Ebene zu beobachten, zu analysieren und mit entsprechenden Empfehlungen nach Wien an das Ministerium zu berichten.
Nervenkitzel brachte Gassers Einsatz 2003 im Kosovo im Rahmen der KFOR-Friedenstruppe. „Es war ein Pulverfass. Im halben Jahr, das ich dort verbracht habe, blieb alles ruhig, aber man durfte das Camp trotzdem nur in Begleitung, mit Splitterschutzweste und voller Bewaffnung verlassen“, erzählt er. „Die Erfahrung hat mich aber Österreich und seine Lebensqualität wieder mehr schätzen lassen.“
Im Grenzeinsatz
Als Militärkommandant ist er nun Berater für die Landespolitik. Etwa in der Frage des Grenzschutzes. „Der Migrationsdruck im Burgenland ist 2019 erstmals wieder stark gestiegen, nachdem er in den Jahren davor seit der Flüchtlingskrise 2015 merklich zurückgegangen war“, bestätigt Gasser. Seit 30 Jahren unterstützt das Bundesheer im Rahmen des Assistenzeinsatzes die Polizei bei der Grenzsicherung. Im Mai läuft das Mandat ab, in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen rechnet der Kommandant aber mit einer Verlängerung.
Veraltete Fahrzeuge
Sorgen bereitet dem Kommandanten die finanzielle Ausstattung seiner Truppe. „Wir haben Fahrzeuge, die sind doppelt so alt wie unsere Rekruten“, bringt er die Misere auf den Punkt. „Das ergibt die paradoxe Situation, dass wir aus Spargründen gezwungen sind, unwirtschaftlich zu agieren, weil der Betrieb veralteter Fahrzeuge unökologisch und wesentlich teurer ist, als neue anzukaufen.“ Bedauerlich sei, wie mit der „strategischen Reserve Österreichs“ umgegangen werde: „Erst dann zu beginnen, in das Bundesheer zu investieren, wenn es im Ernstfall gebraucht wird, ist zu spät.“ Das hohe Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung führe dazu, dass man Ausgaben für ein Heer als unwichtig einstufe, bzw. auf Katastrophenhilfe reduziere. „Mit der realen Bedrohungslage hat das aber wenig zu tun“, warnt Gasser. „Die Ukraine ist zum Beispiel näher als Vorarlberg.“ Nachsatz: „Ich bin kein Freund des Schuldenmachens, aber die Prioritäten werden aus meiner Sicht nicht richtig gesetzt.“
Über seine eigenen Prioritäten klar geworden ist sich der Kommandant abseits militärischer Pfade. Auf dem Jakobsweg nämlich. „Die wichtigste Erfahrung meines Lebens“, sagt er. „Ich bin losgerannt, weil ich mich für unbesiegbar hielt. Nach einer Woche bin ich im Spital gelandet. Dann hat der Weg erst richtig begonnen.“ Innere Ruhe, Balance habe er gefunden. „Persönlichkeitsentwicklung ist wichtiger als jeder fachliche Lehrgang. Ich gehe jeden Tag mit großer Freude in den Dienst. Es wird mir aber auch leicht gemacht, denn ich bin hier von großartigen Menschen umgeben.“
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