Gerbavsits: „Wir wollen Nummer 1 bei Fotovoltaik werden“

Gerbavsits: „Wir wollen Nummer 1 bei Fotovoltaik werden“
Seit rund 10 Jahren steht Michael Gerbavsits an der Spitze der "Energie Burgenland".

Eigentlich ist es ja paradox. Da wirbt das östlichste Bundesland mit dem Slogan „Sonnenland“ um Touristen – und zumindest bei der Anfahrt über die A4 bekommen diese fast nur eines zu sehen: Windräder, so weit das Auge reicht. Insgesamt steht rund ein Drittel der österreichischen Windräder im Burgenland, insgesamt 446 an der Zahl. Diese liefern 2,3 Milliarden Kilowattstunden Strom für 630.000 Haushalte – damit könnte Wien zu zwei Dritteln versorgt werden.

Kraft des Windes ...

Die Energie Burgenland betreibt selbst 225 Anlagen in 19 Gemeinden mit einer Leistung von insgesamt 522 Megawatt. Damit ist man mit rund 1 Milliarde Kilowattstunden jährlich Österreichs größter Windstromproduzent. Der erste Windpark des Landes entstand 1997 in Zurndorf. Begünstigt durch das Ökostromgesetz von 2003 entstanden weitere, 2013 erreichte das Burgenland die – rein rechnerische – Energieautarkie. Da war Vorstandsvorsitzender Michael Gerbavsits bereits 2 Jahre im Amt. Heute werden bereits 158 Prozent des jährlichen Strombedarfs im Land produziert.

„Wir müssen unsere natürlichen Ressourcen nutzen, vor allem im Hinblick auf den Klimaschutz“, erinnert Gerbavsits an das Thema Nummer 1 – vor Corona. Selbst sei man bisher gut durch den Lockdown gekommen, am Montag werden die Kunden- und Servicecenter wieder geöffnet.

Gerbavsits: „Wir wollen Nummer 1 bei Fotovoltaik werden“

Trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes hält man bei der Energie Burgenland an den geplanten Investitionen fest. „Ich bin fest überzeugt davon, dass gerade Unternehmen, die wie wir mehrheitlich im öffentlichen Eigentum stehen, gefordert sind, auf die richtigen Themen für die Zukunft zu setzen und verstärkt zu investieren“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Der Energieversorger selbst hat bereits vor der Corona-Krise ein 700 Millionen Euro schweres Investitionspaket bis 2025 geschnürt. Allein 420 Millionen Euro davon sind für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energie vorgesehen.

... und der Sonne

Durch die Programme der Regierungen im Land und im Bund hat sich allerdings die Situation geändert. Künftig will Österreich mehr Geld in Fotovoltaikanlagen und E-Mobilität investieren – und die Energie Burgenland will da nicht nur mitmischen, sondern vorne mit dabei sein. Ganz vorne sogar, wie Gerbavsits erstmals ankündigt: „Unser Ziel ist klar definiert: Wir wollen die Nummer 1 bei der Sonnenstromzeugung in Österreich werden.“ Aufgrund der Fläche des Burgenlandes sei das zwar um ein Hauseck schwerer als bei der Windkraft, aber „mithilfe der neuen Fotovoltaik-Strategie des Landes werden wir unsere Chance nutzen“.

Dreistelliger Betrag

Bisher waren nur rund 36 Millionen Euro für den Ausbau der Fotovoltaik geplant, jetzt sollen es deutlich über 100 Millionen Euro werden. „Das Paket wird noch vor dem Sommer dem Aufsichtsrat präsentiert, deshalb können wir noch keine konkreten Zahlen nennen“, sagt Gerbavsits. Gewisse Projekte seien aber schon auf Schiene, die Gesamtstrategie werde gerade entwickelt. Auch im Hinblick auf das sogenannte Erneuerbaren Ausbaugesetz, das ab 1. Jänner 2021 in Kraft sein soll. Der Entwurf dürfte demnächst vorliegen.

Gerbavsits: „Wir wollen Nummer 1 bei Fotovoltaik werden“

Auch der Ausbau öffentlicher E-Ladestationen soll massiv steigen. Dabei wird neben dem bereits laufenden Aufbau und Betrieb von Ladeinfrastruktur für Firmen und Institutionen auf den Ausbau bei hochfrequentierten Standorten wie Hotels, Einkaufszentren, Park-&-Ride-Standorten und größeren Ortschaften gesetzt.

„Ohne Freiflächenprojekte wird das Ziel der Bundesregierung aber nicht umsetzbar sein“, sagt Gerbavsits. Für das Burgenland könnte er sich größere Fotovoltaik-Anlagen etwa in der Nähe von Umspannwerken, in den Windparks oder anderen geeigneten Flächen vorstellen.

Bedarf verdoppelt sich

Voraussetzung für den Wind- und Fotovoltaikausbau ist aber der weitere Ausbau des Stromnetzes, Stichwort „smarte Netze“, die es ermöglichen, lokal produzierten Strom auch lokal zu verbrauchen.

Berechnungen gehen davon aus, dass der Strombedarf im Burgenland bis 2030 um 40 Prozent steigen wird. Bis 2050 wird sogar eine Verdoppelung des Ist-Werts prognostiziert. Gleichzeitig geht die Energie Burgenland davon aus, bis 2030 um mehr als die Hälfte mehr Strom als jetzt zu produzieren, bis 2050 erscheint sogar eine Steigerung von 90 Prozent wahrscheinlich, heißt es in den aktuellen Szenarien des Energieversorgers.

Fotovoltaik wird bei dieser Entwicklung eine große Rolle spielen. Vor allem im Sommer, wo es üblicherweise eher windstill ist. „Sonnenstrom ist da eine sinnvolle Ergänzung, gerade für das Sonnenland Burgenland“, sagt Gerbavsits.

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