Frau Professor bewirkt nicht nur im Lehrsaal etwas

Frau Professor bewirkt nicht nur im Lehrsaal etwas
Birgit Phillips lehrt an der FH Burgenland, bemüht sich aber auch, das Leben der Ärmsten der Armen in Indien zu verbessern.

Sie ist eine renommierte Bildungswissenschafterin, lehrt nicht nur an der Fachhochschule Burgenland, sondern auch an der Uni Graz und an der FH Joanneum in der Steiermark. Doch Birgit Phillips will auch jenseits akademischer Kreise etwas bewirken. Ganz praktisch helfen. Und das tut sie seit einigen Jahren im Rahmen ehrenamtlicher Projekte in Indien und Myanmar. Dabei geht es vor allem um die Vermittlung von Gesundheitsbildung. Vor Kurzem wurde Phillips für ihre Arbeit vom „Council for Teacher Education India“ mit dem internationalen Award „Erudite Scholar 2020“ ausgezeichnet.

Hohe Kindersterblichkeit

"Ich bin vor ein paar Jahren auf die NGO ‚Sonne International‘ in Wien gestoßen“, erinnert sich Phillips im Gespräch mit dem KURIER. „Diese Organisation hat vor allem im Bildungsbereich Projekte geplant, wollte aber auch im Bereich Gesundheit aktiver werden, es fehlte dafür nur an den finanziellen Mitteln. Da dachte ich, weil ich an der Schnittstelle zwischen den beiden Bereichen sitze, kann ich vielleicht helfen.“ Sie konnte. Zunächst in Myanmar, wo Sonne International große Slumschulen betreibt, um Kinder von der Straße zu holen, wo sie sonst Giftmüll sammeln. „Die Kindersterblichkeit unter fünf Jahren ist enorm hoch“, schildert Phillips. „Ich habe mir überlegt, wie man den Menschen möglichst niederschwellig Gesundheitskompetenz vermitteln kann.“ Alles in ihrer Freizeit. „Ich habe mir Urlaub dafür genommen und ein Trainingsprogramm für die Sozialarbeiter und Lehrkräfte vor Ort erarbeitet.“

Frau Professor bewirkt nicht nur im Lehrsaal etwas

Die Bitte, das Gleiche in Indien zu tun, nahm sie ebenfalls an. „Weil die Situation dort noch prekärer ist“, wie Phillips erzählt. „In Indien gibt es nach wie vor ein ungeheuer hohes Maß an Diskriminierung in der Gesellschaft, das auch von der Bevölkerung mitgetragen wird – durch das Kastensystem, das es offiziell zwar nicht mehr gibt, in der Praxis aber sehr wohl.“

Praxis für Studenten

Den Ärmsten aus der untersten gesellschaftlichen Schicht – den Unberührbaren – gilt ihr Einsatz. „In der Region, in der wir helfen, gibt es Dörfer ohne eine einzige Toilette. 126 Millionen Menschen leben auf einer Fläche so groß wie Österreich“, berichtet sie. Und sie brachte ihr Engagement aus dem privaten auch in ihr berufliches Umfeld an der FH Burgenland. „Ich wollte meine Studenten mitnehmen, ihnen eine ganz andere Welt außerhalb Österreichs ins Bewusstsein rufen. Ich wollte den Studenten zeigen, dass es in anderen Teilen der Welt nicht so rosig aussieht wie bei uns. Denn der Blick nach außen verändert auch den Blick auf sich selbst“, sagt Phillips.

Frau Professor bewirkt nicht nur im Lehrsaal etwas

Ihrer Bitte um eine neue Lehrveranstaltung wurde entsprochen. Mit den Studierenden arbeitete sie ein Projekt zur Gesundheitsförderung aus. Parallel dazu gelang es der Professorin, 15.000 Euro durch eine Spendenaktion zu sammeln. So konnte für eine Schule, die über keinerlei Stromversorgung verfügte, eine Solaranlage gekauft werden, außerdem diverse Unterrichtsmittel und Medikamente. Auch scheinbar selbstverständliche Dinge wie Monatshygiene-Artikel für Mädchen fehlen.

Hilfe für anämie-kranke Kinder

Aktuell bemüht sich Birgit Phillips, anämie-kranken Kindern zu helfen. Sehr viele sind von der Blutarmut betroffen – aufgrund von Mangelernährung. Was gerade bei Kindern im Entwicklungsstadium zu dauerhaften kognitiven Beeinträchtigungen führt. „Speziell entwickelte Pillen sollen helfen, weil den Menschen das Geld fehlt, um sich Gemüse am Markt zu kaufen. Man muss ihnen aber zuerst erklären, warum das wichtig ist. Sowohl Eltern, als auch Lehrkräften“, betont sie.

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Emotionale Achterbahn

Mädchen, denen nach Einsetzen der Menstruation der Schulbesuch verwehrt wird, die noch im Kindesalter verheiratet werden und selbst bald Kinder bekommen. Kinder, deren Gliedmaßen aufgrund einer kleinen Verletzung amputiert werden müssen, da diese aus Unkenntnis nicht behandelt werden. Wanderarbeiter, die durch die Corona-Krise ohne Einkommen ihre Unterkunft nicht mehr bezahlen konnten und auf dem Tausende Kilometer langen Fußmarsch nach Hause verstarben am Weg, erzählt Phillips betroffen. „Das interessiert aber kaum jemanden, weil sie Unberührbare sind.“

Die Konfrontation mit so viel Elend sei emotional herausfordernd, gibt sie zu. Sie habe aber gelernt, damit umzugehen. „Für die Studenten war es eine emotionale Achterbahn. Die Erfahrungen haben Betroffenheit erzeugt, eine Erfahrung, die dennoch für das weitere Leben wichtig und wertvoll ist“, ist die Professorin überzeugt.

Wer Birgit Phillips´ Projekt zur  Bekämpfung der Anämie von Schulkindern unterstützen möchte, kann dies über das Spendenkonto bei der BAWAG PSK tun:

IBAN: AT79 6000 0005 1006 1977

Wichtig: Betreff „Recht auf Gesundheit“

www.sonne-international.org/ birgits-spendenaktion/?recht-auf-gesundheit

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