Das Haydnkons in Eisenstadt soll jetzt zur Uni werden
Er sorgt seit nunmehr rund drei Jahren für frischen Wind am Joseph Haydn Konservatorium in Eisenstadt: Mit der Bestellung von Tibor Nemeth zum Direktor des Hauses wurde die musikalische Ausbildungsstätte weiter geöffnet und einem breiteren Publikum zugänglich gemacht.
Mit über 300 Studierenden und Schülern aus 28 verschieden Nationen hat sich die Musikinstitution, die vom Land Burgenland betrieben wird, einen Namen weit über die Landesgrenzen hinweg gemacht. Nun will der umtriebige Direktor mit seinen 40 Lehrenden das Konservatorium zu einer Privatuniversität mit internationalen Standards ausbauen.
Ungleichgewicht
Ein ehrgeiziges Projekt, an dem bereits intensiv gearbeitet wird. Und das Nemeth auch schon seit Jahren ein Herzensanliegen ist. „Denn das Problem ist derzeit, dass wir zwar dieselbe Ausbildung wie eine Musikuniversität bieten, unsere Absolventen aber keinen akademischen Titel bekommen“, erklärt er. „Das heißt, unsere Schüler üben genauso viel und haben denselben Aufwand wie Studenten einer Musik-Uni, aber weil wir keine wissenschaftliche Forschung betreiben, erhalten sie am Ende eben nicht den gleichen Abschluss. Das wollen wir ändern. Denn es wäre für das Burgenland ja wünschenswert, eine Universität zu haben.“
Anfragen aus China
Schließlich werde man von Musikwissenschaftern aus anderen Bundesländern um die Voraussetzungen im Burgenland beneidet, betont der Direktor. „Wir haben mit Franz Liszt und Joseph Haydn zwei der ganz großen Komponisten hier, das kann sonst kaum ein Bundesland in Österreich behaupten.“ Man wolle auch nicht rein theoretische Forschung betreiben, sagt Nemeth. „Es geht uns vielmehr um die praktische Musikausübung und -vermittlung, also um pädagogische Aspekte.“
Wie so vieles andere habe die Corona-Krise nun auch Nemeths diesbezügliche Bemühungen verzögert. Ebenso wie die Aufnahme von Kontakten zu chinesischen Musikern. „Derzeit rennen sie uns geradezu die Türe ein“, schmunzelt der Direktor. Aktuell liegen ihm drei Angebote aus China vor, dort eine Zweigstelle des Haydn Konservatoriums zu eröffnen. Diesbezüglich dienen die aktuellen Erfahrungen im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen als Vorbereitung. Denn auch am Eisenstädter Konservatorium hat man sich dem „Distance Learning“ mithilfe moderner Medien verschrieben. „Das zeigt, wie solche Technologien helfen, Entfernungen zu überbrücken“, so Nemeth. „Wir hatten sowieso vor, uns damit zu befassen, es war nur überraschend, wie schnell wir jetzt dazu gezwungen wurden.“
Mit Auszeichnung
Seine musikalische Ausbildung erhielt Tibor Nemeth an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien, an der er Komposition, Klavier, Posaune und harmonikale Grundlagenforschung studierte – und mit Auszeichnung abschloss. Mit Klavier- und Kammermusikkursen in Budapest und Wien ergänzte er seine künstlerische Ausbildung und beendete sein Studium in der Musiktheorie an der Hochschule für Musik in Bratislava mit dem Doktorat.
Seit dem Jahr 1992 ist Nemeth schon als Professor am Joseph Haydn Konservatorium tätig. Er unterrichtet Komposition, Tonsatz, Klavier und Musiktheorie. Mit seiner Bestellung zum Direktor im Jahr 2017 ist es ihm gelungen, das Haus mit vielen Projekten einem breiteren Publikum zu öffnen. Dazu zählen etwa die Opernwerkstatt, das Sinfonische Blasorchester, Aufführungen des Symphonieorchesters, Darbietungen der hauseigenen Bigband, Kammermusik oder Meisterkurse.
Vorträge und Konzerte
Seine Kompositionen sind unter anderem im Konzerthaus Wien, bei den Haydnfestspielen in Eisenstadt, beim Niederösterreichischen Donaufestival, im Festspielhaus St. Pölten, im Konzerthaus Wien sowie im Radiokulturhaus Wien aufgeführt worden. Neben der kompositorischen und pädagogischen Arbeit hält der Direktor des Konservatoriums aber auch musiktheoretische Vorträge, Gesprächskonzerte und veranstaltet Konzerte mit zeitgenössischer Musik.
Als künstlerischer Leiter war Nemeth am Erasmus-Intensivprogramm „Haydn, the progressive“ (2009 bis 2011) maßgeblich beteiligt. Weitere Initiativen: seine Kuratorentätigkeit bei „Lisztomania 2011“ am Haydnmuseum Eisenstadt oder die Online-Präsentationen zeitgenössischer Musik bei „out oft he box“ (2015/’16). Erstmals gab es zum 250. Todestag von Joseph Haydn im Mai 2019 ein dreistündiges Livestream-Konzert „haydn.210“, an dem über YouTube sechs Nationen teilnahmen.
Preise wie der Kompositionspreis des Landes Burgenland 1995, der Theodor-Körner-Preis 2001 oder der Jenö-Takács-Kompositionspreis 2010 bestätigen Nemeths künstlerische Leistung. Als Lehrer ist er nach wie vor ebenfalls tätig. „Ich will ja nicht den Kontakt verlieren“, sagt er. „Der praktische Bezug ist schon da, wenn auch nicht immer so stark, wie ich mir das wünschen würde.“
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