„Aus der Landflucht ist eine Stadtflucht geworden“
Sucht man im Burgenland eine Wohnung, kommt man an der Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG) nicht vorbei. Der größte gemeinnützige Wohnbauträger des Landes verwaltet derzeit rund 17.000 Wohnungen und Reihenhäuser in denen circa 38.000 Menschen leben.
Das entspricht in etwa der Einwohnerzahl der vier größten burgenländischen Städte Eisenstadt, Neusiedl, Mattersburg und Oberwart.
KURIER Talk mit Alfred Kollar
„Frei haben wir aktuell aber nur 81 Einheiten“, sagt Alfred Kollar, Vorstandsobmann der OSG beim KURIER Talk, und sieht sich einer paradoxen Situation gegenüber. Denn einerseits nimmt die Nachfrage immer stärker zu, andererseits mussten aber bereits geplante Projekte zurückgestellt werden, weil die vereinbarten Baukosten von den Firmen nicht gehalten werden konnten.
Vorteile aus der Krise
„Ich bin seit 34 Jahren bei der OSG, aber so eine Situation wie aktuell habe ich noch nicht erlebt“, sagt Kollar. Früher hätten sich Baukosten pro Jahr um ein, vielleicht zwei Prozent verteuert. „Jetzt haben wir eine Veränderung von 15 bis 20 Prozent innerhalb eines Jahres.“ Zuerst Corona, dann der Krieg, nennt Kollar die Gründe für die massiven Steigerungen. „Wir schaffen es dann, Projekte umzusetzen, wenn die Firmen besonders großes Interesse an den Projekten haben oder noch Vorräte wie Stahl oder Ziegel auf Lager haben.“
Im Lauf des Jahres erwartet sich der OSG-Obmann sogar noch eine Verschärfung der Lage. Nämlich „aufgrund der schärferen Bedingungen bei der Kreditvergabe durch die Banken“. Kollar wäre aber kein erfolgreicher Unternehmer, würde er nicht auch eine Chance in der aktuell schwierigen Lage sehen. „Das durchschnittliche Einfamilienhaus kostet derzeit zwischen 500.000 und 600.000 Euro. Unsere Reihenhäuser sind da im Vergleich mit rund 350.000 Euro deutlich günstiger.“ Außerdem habe die Pandemie einen Trend etabliert, der sich fortsetzt: „Aus der Landflucht ist eine Stadtflucht geworden“, sagt Kollar. Sogar im Bezirk Güssing gebe es schon einige Gemeinden, die keine Baugründe mehr haben.
Angesichts dieser großen Nachfrage hat Kollar auch kein Problem mit der Ankündigung des Landes, selbst Wohnungen zu bauen. „Mitbewerb schadet nicht. Wir machen das Geschäft schon sehr lange und ich denke, dass wir es gut machen.“
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