Alte Mauern mit Garten und Kramuri
„55 Fenster habe ich schon renoviert“, sagt Sarah Keil und zeigt auf die beeindruckende Fassade ihres Schlosses. Sie ist Schlossherrin in Kohfidisch und seit 1999 bringt sie die alten Gemäuer auf Vordermann. „Es braucht viel Mut und wenig Verstand, anders kann man das nicht machen“, sagt Keil.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts hat die Familie Erdödy den Meierhof in Kohfidisch im Bezirk Oberwart gekauft. Im 17. Jahrhundert wurde ein Schloss daraus und bis zum Ende des 19 Jahrhunderts wurde es ausgebaut. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark in Mitleidenschaft gezogen. Mitte der 1960-er Jahre bekam ihr Vater Alexander das Schloss samt 1700 Hektar Wald vererbt. Lange Zeit war der Kindergarten der Gemeinde hier untergebracht, bis Ende der 90-er Jahre die Heizungskosten zu hoch wurden. Der Kindergarten wurde neu gebaut und im Schloss eine Wohnung frei. „Da ich Forstwirtschaft studiert habe, war klar, dass ich nach Hause komme“, sagt Keil.
Herzblut
Mit viel „Herzblut“ wurde renoviert und die Wohnung umgebaut, in der sie mit ihrer Familie heute lebt. „Ich wollte nicht warten, bis mein Vater den Betrieb übergibt“, sagt Keil. Sie kümmerte sich fortan um zwei Hektar Weingarten und baute einen Buschenschank. „Nach zwei Jahren und vielen Auflagen entschloss ich mich ohne Förderungen zu bauen“, sagt Keil. Mit dem Buschenschank sei das Dorf ins Schloss zurückgekehrt. „Wir wollten immer die Bevölkerung ansprechen, es sind auch Geschichten gekommen, denn viele haben hier gearbeitet“, schildert Keil. Mit dem Buschenschank sind auch Anfragen für Hochzeitsfeiern einher gegangen. Der Innenhof sowie der 38 Hektar große Park rund um die Schlossanlage sind bei Brautpaaren beliebt.
Messen
„Von den Hochzeiten sind wir zu den Gartentagen gekommen“, sagt Keil. Diese Messe fand heuer bereits zum dritten Mal statt und lockte mehr als 4000 Besucher an. „Da wir sehr viele Anfragen von Ausstellern hatten, ist unsere zweite Messe entstanden“, schildert die Veranstalterin. „Kramuri“ fasst die Ausrichtung zusammen, es gibt Kunsthandwerk und viele andere „spannende Sachen“, heuer findet die Messe Ende September statt. Davor wird es noch musikalisch im „Gemüsegarten“, der etwa einen Hektar groß ist. „Where have all the flowers gone“ ist das Motto des Hippiefests mit Lagerfeuer und Musik aus den 60-ern.
An einer dritten Messe wird im Moment gebastelt, der Arbeitstitel lautet „Geh’ ma ausse“, der Schwerpunkt soll auf Outdooraktivitäten wie Reiten, Wandern, Jagen oder Fischen liegen.
„Die Idee hinter unseren Messen und auch dem Buschenschank ist es, den Besuchern heimische Produkte schmackhaft zu machen“, sagt Keil. Es gebe so viele Spitzenwinzer, Gastronomen und Top-Betriebe, „da sind wir zu wenig stolz drauf“, meint die Schlossherrin. Wie sich die Angebote im und rund ums Schloss Stück für Stück ergeben haben, so werden die alten Gemäuer Stück für Stück auf Vordermann gebracht. „Nach 500 Jahren im Familienbesitz, gibt man das nicht auf“, sagt Keil. Und auch die nächsten 55 Fenster des Schlosses werden sicher noch erneuert.
Nachgefragt
Sarah Keil ist Schlossherrin, Forstverwalterin und Eventmanagerin. Sie hat Forstwissenschaft in Wien studiert und ist 1999 mit ihrer Familie ins elterliche Schloss nach Kohfidisch, Bezirk Oberwart, gezogen. Seit damals hat sie das 500 Jahre alte Gebäude renoviert, einen Buschenschank eröffnet und veranstaltet mehrere Messen und Konzerte. Außerdem finden Hochzeiten auf dem Familien-Anwesen im Südburgenland statt.
KURIER: Was macht das Landleben für Sie lebenswert?
Sarah Keil: Ich kann in den
Garten gehen und Salat holen, das bringt die Vorteile des Landlebens gut auf den Punkt. Ich habe hier den Arbeitsplatz und bin zufrieden.
Wo ist Ihr Lieblingsplatz?
Mein 17-jähriger Sohn hat das einmal gut erklärt: „Wir haben ein echtes Problem, wir haben nur einen Hintern und so viele schöne Plätze hier“.
Vermissen Sie das Stadtleben?
Ich vermisse es keine Sekunde, die Angebote der Stadt, die ich während meines Studiums genutzt habe, waren die Parks und die Alte Donau. Das habe ich jetzt alles vor der Haustür.
Wo sehen Sie die Schwierigkeiten am Landleben?
Es gibt zu wenig Arbeitsplätze hier. Für die gleiche Leistung bekommen viele Burgenländer in Wien mehr Geld, deshalb gibt es sehr viele Pendler. Auch die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz ist schwierig.
www.imschloss.at
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