Alle „Gefechtsmärsche, aber auch Handelsfahrzeuge“ führten an der Ansiedlung vorbei, schreibt der Historiker und Sprachwissenschaftler Nikola Bencsics im eben erschienenen Band „450 Ljet – Kroaten und Kroatinnen in Neudorf“.
Anlässlich des 450. Jahrestages der Ankunft kroatischer Siedler in Neudorf wollten der örtliche Museums- und Kulturverein (MUK) und die Gemeinde bereits im Jahr 2020 das Jubiläum feiern. Die Corona-Pandemie hat das verhindert, zwei Jahre später fand aber ein Symposium statt, dessen Erträge Eingang in „450 Ljet“ gefunden haben.
Herausgeber und Initiator ist Petar Tyran, ein gebürtiger Neudorfer. Präsentiert wird das zweisprachige Werk am kommenden Freitag (9. Mai) um 18 Uhr in der Veranstaltungshalle Neudorf. Erhältlich ist das Buch am Gemeindeamt und beim MUK.
Slowenen bei Kroaten
Es wäre nicht Tyran, von 1983 bis 2023 Chefredakteur der kroatischen Wochenzeitung Hrvatske Novine und seit Jahrzehnten einer der wichtigsten burgenlandkroatischen Publizisten, hätte er aus dem Buch über sein Heimatdorf nicht mehr als das gemacht.
So finden sich auf den rund 300 Seiten nicht nur Beiträge über die Honoratioren – Pfarrer, Schuldirektoren und Bürgermeister – des Ortes im Laufe der Jahrhunderte oder die Neudorfer Kroaten während des Dritten Reiches, sondern auch erhellende Aufsätze, die weit über Neudorf hinausweisen.
Roman Kriszt etwa wirft einen Blick auf ein bisher kaum beachtetes Phänomen: In den Jahren nach der zweiten Türkenbelagerung 1683 kam es zur Zuwanderung in burgenlandkroatische Gemeinden aus dem Gebiet des heutigen Slowenien, meist aus Krain.
Nachweisen lässt sich das anhand von Einträgen in Tauf-, Trauungs- und Sterbebüchern. 25 Orte im Burgenland, aber auch in Niederösterreich, der Slowakei und in Ungarn konnten bisher ausfindig gemacht werden. Im Burgenland sind die südlichsten Fundstellen in Sigless und Krensdorf im Bezirk Mattersburg.
Sichtbarkeit der Sprache
Gerhard Neweklowsky, Doyen der Slawistik und Mitglied mehrerer Wissenschaftsakademien, beleuchtet den „kroatischen Dialekt des nördlichen Burgenlandes“.
Auf die Suche nach der „Sichtbarkeit der kroatischen Sprache“ im heutigen Neudorf macht sich Katharina Tyran, die an der Universität Helsinki Slawistik lehrt. Wird eine Sprache „im öffentlichen Raum verstärkt verwendet“, könne das auch den Gebrauch der Sprache fördern und deren „gesellschaftlichen Wert erhöhen“. Neudorf kann dabei als Positiv-Beispiel gelten, denn seit 2019 gibt es im Ort auch zweisprachige Straßenschilder.
Das sei aber nicht genug, so Tyran. Entschieden sich Politiker oder Vereine dazu zweisprachig aufzutreten, könne das dazu führen, „dass sich auch Teile der Bevölkerung wieder verstärkt mit dem Kroatischen identifizieren“ – nicht nur in Neudorf.
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