25 Jahre ist es her: Als Ortstafeln zweisprachig wurden

Juli 2000: Karl Stix, Gerhard Jellasitz, Wolfgang Schüssel, Niki Berlakovich an der Tafel.
Heute wirkt das Bild fast schon ikonisch: Links der damalige SPÖ-Landeshauptmann Karl Stix, rechts drei ÖVP-Politiker – Vizelandeshauptmann Gerhard Jellasitz, Kanzler Wolfgang Schüssel und ein fast spitzbübisch blickender Niki Berlakovich. Die heiteren Mienen der Politiker gelten am 13. Juli 2000 der ersten offiziellen zweisprachigen Ortstafel des Burgenlandes in Großwarasdorf (Veliki Borištof).
Insgesamt wurden in 47 burgenlandkroatischen Ortschaften und vier ungarisch-sprachigen Gemeinden doppelsprachige topographische Tafeln aufgestellt.
Lorbeeren eingeheimst
Festgeschrieben waren die zweisprachigen Ortstafeln bereits im Artikel 7 des Staatsvertrags von 1955, der Verordnungsentwurf ließ aber Jahrzehnte auf sich warten. Erst knapp vor seinem Ausscheiden als Bundeskanzler schickte Viktor Klima (SPÖ) den Entwurf in die Begutachtung, sein Nachfolger Schüssel, der mit Jörg Haider die erste ÖVP-FPÖ-Bundesregierung zimmerte, heimste die Lorbeeren ein.
„Klima wollte Schüssel noch ein Ei legen, stattdessen nutzte der gewiefte Neo-Kanzler die zweisprachigen Ortstafeln, um das wegen der blauen Regierungsbeteiligung angekratzte Image Österreichs im Ausland aufzupolieren“, erinnert sich ein burgenlandkroatischer Zeitzeuge und Aktivist.
Vierkampf um die Tafel
Dazu passte auch die Volksfeststimmung in der 1.300-Einwohner-Gemeinde Großwarasdorf mit Tracht und Tamburica. Ein zu liebliches Bild, meint Katharina Tyran. Denn auch wenn es im Burgenland, anders als in Kärnten, keinen Ortstafelsturm gab, war es in den Jahren zuvor „keineswegs so bedächtig und ruhig, wie gerne dargestellt“, schreibt die Slawistin im Sammelband „Burgenland schreibt Geschichte“.
Geldstrafen kassiert
Der Kroatische Akademikerklub etwa hatte an verschiedenen Orten immer wieder selbstgebastelte Ortstafeln aufgestellt und dafür Geldstrafen kassiert. Auch „verbale Anfeindungen durch meist deutschsprachige Gegner“ waren vorgekommen.
Dass Großwarasdorf die Ehre der ersten offiziellen zweisprachigen Ortstafel zuteil wurde, war übrigens keine ausgemachte Sache. Auch Güttenbach (Pinkovac), Schachendorf (Čajta) und Zagersdorf (Cogrštof) buhlten um die erste Tafel. Dass ein enger Mitarbeiter Schüssels mit einer Großwarasdorferin verheiratet war, soll aber das Zünglein an der Waage zugunsten der mittelburgenländischen Gemeinde gewesen, erzählen Kundige.

Sprache sichtbar machen
Joško Vlasich, damals AHS-Lehrer für Deutsch und Russisch sowie Obmann der Großwarasdorfer KUGA (Kulturna zadruga), war 2000 dabei, allerdings als Demonstrant.
Er war nicht gegen die Ortstafel, sondern gegen die Kürzung der Förderungen fürs zweisprachige Radio durch Schwarz-Blau. Wenige Monate später kandidierte er bei der Landtagswahl für die Grünen, die erstmals in den Landtag einzogen. Im Burgenland ging sich Schwarz-Blau nicht aus. „Meine kleine Rache“, sagt Vlasich 25 Jahre später lachend.
Mehr als ein Symbol
Für Josef Buranits, heute Vorsitzender des Beirates für die kroatische Volksgruppe, waren die Ortstafeln mehr als ein Symbol, „eine Befreiung“. Damit sei die Hoffnung verbunden gewesen, dass nun auch für andere Anliegen der Minderheit die Tür geöffnet wird. Diese Hoffnung habe sich aber nicht erfüllt, so könnten etwa Amtsgeschäfte noch immer nicht durchgängig in der Muttersprache erledigt werden. Oder wenn man auf der Webseite des Landes nach burgenlandkroatischen oder ungarischen Inhalten suche, „findet man null“, beklagt Buranits.
Es gebe aber auch Lichtblicke: Dass, wie vor Jahren Vlasich, zuletzt auch SPÖ-Landtagspräsidentin Astrid Eisenkopf und ÖVP-Mandatar Patrik Fazekas im Landtag einige Sätze in Burgenlandkroatisch gesprochen haben, sei löblich. Denn: „Wenn Sprache keine Funktion in der Öffentlichkeit hat, verliert sie an Wert.“
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