Ärzte sperren ihre Ordinationen zu

In Wien werden die Ärzte durch die City ziehen
In Wien, Kärnten und dem Burgenland bleiben morgen Arztpraxen zu. Die Politik beschwichtigt.

Vor verschlossenen Türen werden morgen, Mittwoch, viele Patienten in Wien, Kärnten und dem Burgenland stehen. Um gegen die geplante Gesundheitsreform zu kämpfen, die an diesem Tag im Nationalrat beschlossen werden soll, werden zahlreiche Ordinationen geschlossen bleiben. In den anderen Bundesländern sind verschiedene Info-Aktionen geplant.

In Wien werden knapp 600 der 744 Allgemeinmediziner mit Kassenvertrag am Streik teilnehmen, heißt es bei der Wiener Ärztekammer. Im Zuge des Aktionstags planen die Wiener Ärzte am Mittwoch einen Protestmarsch durch die City. Ab 14 Uhr wollen die Mediziner die Nationalratssitzung von der Besuchertribüne aus verfolgen.

Damit es in Wien zu keinen Versorgungsengpässen kommt, ist an diesem Tag der Ärztefunkdienst ( 141) mit 18 Autos und zwei Telefon-Ärzten im Einsatz. Weiters können die Patienten auf die Gesundheitseinrichtungen der Wiener Gebietskrankenkasse ausweichen. Nähere Infos: www.wgkk.at. Entspannt gibt man sich im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV): "Wir rechnen nicht mit massivem Andrang, es gab bereits beim Ärzteprotest im September keinen Ansturm", sagt eine Sprecherin.

Im Burgenland werden die rund 70 Arztpraxen, die Mittwochnachmittag in der Regel geöffnet haben, geschlossen bleiben. In Kärnten streiken etwa 90 Prozent der Hausärzte, aber auch zahlreiche Fachärzte.

Hintergrund der Proteste sind die geplanten Maßnahmen im Zuge des Finanzausgleichs. Demnach soll der Anstieg der Gesundheitsausgaben eingebremst werden – und zwar von derzeit 3,6 Prozent pro Jahr auf 3,2 Prozent bis zum Jahr 2021. "Damit werden den Patienten 4,3 Milliarden Euro vorenthalten", kritisiert Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart. "In keinen anderen Bereich gibt es derart massive Einsparungen."

Primärversorgung

Weiters soll die Primärversorgung ausgebaut werden. Etwa in Form von Zentren, in denen neben Ärzten auch andere Gesundheitsberufe tätig sind. Für Steinhart droht damit die Zerstörung der bewährten wohnortnahen Versorgung durch den Hausarzt. "200 Ärzte, die derzeit 200 Orte versorgen, würden künftig in 40 Zentren zusammengefasst. Das heißt: In 160 Orten wird es keinen Arzt mehr geben", rechnet Steinhart vor. Weiters befürchtet die Kammer, dass solche Zentren in die Hand privater Konzernen gelangen könnten.

Die Bundespolitik versucht indes, in einem Schreiben an alle rund 22.000 niedergelassenen Ärzte deren Bedenken zu zerstreuen: Auch im neuen Modell würden die Hausärzte eine zentrale Rolle spielen. "Niemand wird wegen der gesetzlichen Änderungen seinen Kassenvertrag verlieren. Auch an der freien Arztwahl wird sich nichts ändern", heißt es in dem Brief, der von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ), Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) und den Spitzen der Sozialversicherung unterzeichnet wurde.

Zur Finanzierung heißt es: "Auch in den kommenden Jahren werden die Ausgaben steigen. Das ist gut so. Mit den Mitteln muss aber verantwortungsvoll und effizient umgegangen werden."

Was auffällt: Gestreikt wird ausschließlich in SPÖ-geführten Bundesländern. Dahinter stehe aber keine Absicht, betont Kammervertreter Steinhart. Er will nicht ausschließen, dass es auch in anderen Bundesländer noch Streiks gibt, sollte die Politik nicht einlenken.

In Kärnten werden am Mittwoch nicht nur rund 225 der 250 Allgemeinmediziner ihre Ordinationen geschlossen halten. Laut Auskunft der Ärztekammer tragen "zahlreiche Fachärzte" die Protestmaßnahmen mit und streiken ebenfalls. Die medizinische Notversorgung sei allerdings gewährleistet, beteuern die Verantwortlichen.

"Viele Fachärzte haben sich in Kärnten mit den Allgemeinmedizinern solidarisch erklärt und werden ihre Praxen am Mittwoch nicht öffnen", sagte am Montag der Kärntner Ärztekammer-Präsident Josef Huber. Er ruft seine Kollegen am Mittwoch von 9 bis 11 Uhr zu einer "Informationsveranstaltung" in die Kammer-Räumlichkeiten in Klagenfurt. "Wir werden eine Resolution der Kärntner Ärzte an die Bundesregierung verabschieden, mit der wir gegen die Einschnitte protestieren", sagt Huber, dessen Konflikt mit Landessozialreferentin Beate Prettner (SPÖ) sich am Montag zuspitzte: "Mediziner behaupten, dass das Hausarztsystem in Kärnten ausgedünnt wird. Eine bewusste Fehlinformation", betonte Prettner. Huber erwiderte, die Politik reagiere aufgrund der Maßnahmen zunehmend nervös, und habe "Angst, dass die Spitalsärzte beim nächsten Mal ebenfalls die Arbeit niederlegen."

Am Mittwoch sollen die angesprochenen Spitalsärzte den prognostizierten Patientenansturm in den Kärntner Kliniken abfedern. "Wir können gegebenenfalls das Personal umschichten, die Versorgung der Notfälle ist gewährleistet", sagt eine Sprecherin der Landesspitäler. Weiters wurde der notärztliche Bereitschaftsdienst ( 141) aufgestockt.

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