Stereo MCs: Mitten in den London Riots

Stereo MCs: Mitten in den London Riots
Interview: Als in London die Straßen brannten, saßen Rob Birch und Nick Hallam mitten drinnen - mit Angst und Verständnis.

Brixton in Süd-London Anfang August: In ihrem Frontline Studio in der Atlantic Road wollen Rob Birch und Nick Hallam an einem Remix für ihr Freitag erschienenes Album "The Emperor's Nightingale" arbeiten. Doch es fehlt an Konzentration. Ein paar Blocks weiter stehen Autos in Flammen, schlagen Vermummte Schaufenster ein, prügeln Polizisten in Kriegs-Rüstung auf Jugendliche ein.

"Es war beängstigend", erinnert sich Nick Hallam im KURIER-Interview. "Vor allem, weil wir auch dort wohnen und unsere Familien dort sind. Aber gewundert hat es mich nicht. Seitdem die Polizei vor zwei Monaten am Trafalgar Square eine Studentendemo gegen Schulgebühren mit brutaler Gewalt zerschlagen hat, habe ich damit gerechnet. "
Revolution 2008 stellten die Stereo MCs, die 1992 mit "Connected" berühmt wurden, im Song "Revolution" fest, dass es der Gesellschaft für eine Revolution immer noch zu gut geht. Diese Meinung haben die beiden jetzt revidiert. Sie haben Verständnis für die randalierende Jugend.

Keine Vorbilder

"Ich unterstütze keine Sekunde lang, dass in blinder Wut geplündert und fremdes Eigentum zerstört wird", sagt Hallam. "Aber logisch ist es, denn die Jugendkultur ist so diffus und zersplittert. Weder politisch noch in der Musik gibt es Vorbilder und Bewegungen wie Woodstock, deren Ziele klar formuliert und allumfassend verständlich sind. Und das ist ja auch schwer: Denn man kämpft gegen total verschleierte Vorgänge: Korrupte Politiker, ein Bankensystem, das für die meisten Menschen undurchschaubar ist, das Steuern frisst und keiner kann oder will uns sagen, wo das Geld hinfließt. Der Kapitalismus war eine nette Idee, hat aber ein System produziert, das nicht mehr lange aufrechtzuerhalten ist."

Jam-Session mit Jamie Cullum

Auch wenn Hallam und Sänger Birch überzeugt sind, dass ein Umsturz bevorsteht, politische Songs finden sich auf "The Emperor's Nightingale" nicht. Denn die Stereo Mcs haben ihre Arbeitsweise auf den Kopf gestellt: Erstmals haben sie die Melodien nicht zu fertigen Beats geschrieben, sondern in Jam-Sessions mit befreundeten Musikern wie Jamie Cullum erarbeitet. Und: Birch singt statt zu rappen.

Atmosphärisch "Das war befreiend", sagt Birch. "Nach ,Connected' dachte ich, ich darf nur rappen, sonst sind das nicht mehr die Stereo MCs. Jetzt war uns das egal. Durch die neue Arbeitsweise, in der sich die Melodien spontan entwickelten, haben sich die Songthemen aus den Melodien intuitiv ergeben. Deshalb sind die Texte von ,The Emperor's Nightingale' atmosphärische Impressionen ohne klare Botschaften."

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