"Porno" - ein Buch mit Warnhinweis

"Porno" - ein Buch mit Warnhinweis
Im letzten Teil der Buchreihe "Moderne Nerven" geht es um sexuelle Vorlieben: "Ich bin ein überzeugter Wichser!", sagt zum Beispiel Robert Palfrader. Eine Leseprobe.

Moderne Nerven" nennt sich eine von der Wiener Journalistin Ela Angerer ins Leben gerufene Buchreihe, in denen mehr oder weniger bekannte Personen des öffentlichen Interesses über ihre persönliche Niederlagen ("Abwärts"), zwischenmenschliche Erfahrungen ("Brennstoff") und nun auch sexuelle Vorlieben schreiben durften. "Porno" lautet der dritte und letzte Teil dieser Serie. Und Nomen est omen: Es geht in dem im Czernin Verlag veröffentlichten Buch also wenig überraschend ums Vögeln, Lieben, Sehnen, Mögen und Nichtmehrmögen. So lautet meist auch die Reihenfolge einer zuerst glücklichen, dann anstrengenden wie nervenden und schlussendlich gescheiterten Beziehung.

Haarlos und belanglos

Die Namensliste der "Porno"-Autoren liest sich dann so: Robert Palfrader, Thomas Glavinic, Philipp Hochmair, Barbi Markovic, Joachim Lottmann, Julya Rabinowich, Christopher Just, Melanie Kretschmann, Thomas Draschan und Michael Leon. Auf knapp 120 Seiten berichten sie über ihre (ersten) sexuellen Erlebnisse oder veröffentlichen ihr teilweise pervers ausfallende Fan-Post (Kretschmann). Dabei tragen manche in ihren - ähm - geilen Geschichten gerne dick auf. Charlotte Roche lässt grüßen. Der Wiener Autor Thomas Glavinic schreibt zum Beispiel: "Ich will mich von Dir schlagen lassen. Weil ich mit Dir an meine Grenzen gehen will. Und vielleicht darüber hinaus." Was sich manchmal durchaus amüsant liest (Robert Palfrader, siehe Leseprobe unten), gleitet streckenweise ins Belanglose ab. Der sich selbst gerne als verdrogter Sexgott sehende Christopher Just philosophiert in seinem Text etwa über behaarte "Mösen, oder Muschis, oder Fotzen": "Ich habe seit 25 Jahren mit keiner Frau mehr geschlafen, die eine behaarte Muschi gehabt hat." Aha. Gratuliere!

Über Sex und Porno hat auch der mittlerweile in Wien lebende Joachim Lottman einiges zu sagen: Für ihn ist Sex ein "Unwort" und Pornografie "blöd, dämlich, sogar unsagbar dämlich (...). Aber sie ist halt zur Volksreligion aufgestiegen, wie 'die Atomfrage'". Laut Lottermann sind Pornografie und die Atomgefahr das Gleiche. Soll heißen: "Alle glauben inzwischen daran" und es gibt "niemanden mehr, der an der verordneten pornografischen Weltsicht zweifelt."
Übrigens: "Porno" ist nur für erwachsene Leserinnen und Leser geeignet. Auch gut, pubertierende Jugendliche klicken sich eh lieber durch YouPorn.

Leseprobe: "Ich, Wichser" von Robert Palfrader

"Porno" - ein Buch mit Warnhinweis

Ein Auszug aus dem Text von Robert Palfrader: Ich glaube, es war William S. Burroughs, der gesagt hat: "Es ist nicht so, dass ich die Menschen hasse, aber ich fühle mich besser, wenn keiner da ist." So oder so ähnlich zumindest. Wenn er dabei auch von Sex gesprochen haben sollte, bin ich ganz seiner Meinung. Verstehen Sie mich nicht falsch. Nicht dass ich die körperliche Liebe nicht zu schätzen wüsste - hin und wieder in einem anderen herumstochern, ja, das kann recht angenehm sein. Aber letztendlich ist Sex mit einem Partner doch auch nur onanieren in jemanden. Ich bin ein überzeugter Wichser! Zum Glück glaube ich nicht an Gott und habe deshalb auch keine Angst, dass es mir wie Onan ergeht, keine Angst, seinem Namen alle Ehre zu machen. Onanie ist Liebe an und für sich, wie man weiß. Und ich liebe mich sehr! Ich muss also meine Fantasie weder anregen, noch brauche ich Hefte oder Videos zur Stimulation. Oder Hilfsmittel. Ich will auch nicht, dass es sich beim Onanieren so anfühlt, als würde es mir jemand anderer machen! Ich möchte von mir befriedigt werden! Ich war in einem römisch-katholischen Privatgymnasium im Halbinternat. Nur Buben. Daher weiß ich fast alles übers Wichsen. Allerdings bin ich erst sehr spät drauf gekommen. Ich weiß nicht, wann ich begonnen habe, ich weiß nur, dass ich mir gedacht habe, das hätte man mir viel früher zeigen sollen. Ja, es wäre ganz einfach schön gewesen, wenn man mich früher darauf aufmerksam gemacht hätte, wie toll das ist. Ich bin jetzt 42 Jahre alt und aus heutiger Sicht kann ich immer noch sagen: Onanieren ist der Bentley unter den Geschlechtsakten. Und reden muss man vorher und nachher auch nicht...

Tipp

Ela Angerer verwebt im Rabenhof Theater die Texte aus "Porno" zu einem Theaterabend.
Premiere: 14. September
Weitere Termine: 24., 25. September; 5., 7., 15. Oktober

Buch: "Porno" von Ela Angerer (Hg.), Czernin Verlag, 120 Seiten, 9.90 EUR.

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