Mögen die Spiele beginnen

Mögen die Spiele beginnen
Die Faszination von Brettspielen ist für viele ungebrochen. Andere hassen sie noch immer. Unbestritten ist, dass Spielen eine Zeit des friedlichen Beisammenseins ist. Kommendes Wochenende für Tausende Besucher des Spielefests.

Der Trend will sich einfach nicht abnützen: Auch heuer wurde ein Brettspiel zum „Spiel des Jahres“, bei dem man etwas errichten und erobern muss. Seit „Siedler von Catan“ es zum Allzeit-Klassiker geschafft hat, drängen jährlich Spiele auf die Tische, in denen dieses Prinzip die Mitstreiter in Sieger und Verlierer teilt.

Ein Grund dafür dürfte sein, dass solche Strategiespiele die oberste Voraussetzung für ein Top-Spiel erfüllen: Die schnell zu erfassende, aber doch ständig variierende Idee. Daraus ergibt sich eine Mischung aus Klarheit und Tiefe. Die sich entwickelnden Situationen dürfen niemals fad werden, ohne ständig im Regelwerk blättern zu müssen. Hohes Tempo, ohne die Übersicht zu verlieren, und trotzdem nebenbei noch plaudern zu können, liebevolles Spielmaterial, das aber kompakt und haltbar ist – so einfach ist das Rezept. Und so selten wird es umgesetzt. Dieter Strehl muss sich damit Kraft seines Stammbaumes auskennen. Er ist der Ururenkel von Ferdinand Piatnik: „Die Menschen haben schon immer gespielt. Das zeigen Funde von

Spielen in den Mayatempeln auf Yucatan oder in ägyptischen Pyramiden. Menschen spielen überall auf der Welt – Würfel haben sich unabhängig von der Kultur überall entwickelt.“ Ein gutes Spiel macht seiner Ansicht nach eine einfache Formel aus: „Es muss in den Bann ziehen. Weil es spannend oder lustig ist. Es ist meist eine gelungene Mischung aus Glück und Planung.“

Wieder Kind werden

Einige Studien attestieren vielspielenden Menschen, kommunikativer, wissbegieriger und ausgeglichener zu sein als Spielverweigerer. Die wichtigste Auswirkung, wenn man gerne und oft in Gesellschaft spielt, könnte aber sein, dass man weniger oft Studien zitiert. Denn unbestritten ist, dass man beim Spielen wieder Kind wird. Dass man in die Welt einer Spielgeschichte versinkt, dass man in fremde Charaktere schlüpft. Dass man Punkten oder Schätzen oder Glasperlen nachjagt, und dass diese Jagd vollkommen irrelevant für das echte Leben ist.

In diesen Stunden beschäftigt man sich nicht mit Erwachsenensorgen. Sondern mit Kinderträumen. Am kommenden Wochenende findet in Wien wieder das riesige Spielefest statt. Aus diesem Anlass testet der KURIER die am meisten gefeierten Neuerscheinungen der Saison.

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Womit wir wieder bei eingangs erwähnten Siedlerspielen sind. Und beim heurigen Spiel des Jahres „Kingdom Builder“. Ein simpler Spielaufbau, der trotzdem dauerhaft Spaß macht, begeistert derzeit Spielekritiker wie Hobbyspieler. Die Grundregeln sind schnell erklärt: Jeder Spieler versucht, auf dem Spielfeld eine Siedlung zu errichten, die ihm in der Endabrechnung möglichst viele Punkte bringt. Für die langfristige Unterhaltung sorgen dabei sich ständig ändernde Rahmenbedingungen. Für jede Partie wird der Spielplan aus vier der acht Spielfelder zusammengesetzt und drei der zehn Aufgabenkarten gezogen. Sie bestimmen, wofür die Spieler am Ende Siegpunkte (Gold) bekommen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bekanntlich nicht die schlechteste Investition.

Die vielen Spielvarianten sorgen dafür, dass lange Zeit kein Spiel dem anderen gleicht und die Karten für die zwei bis vier Spieler immer wieder neu gemischt werden. Apropos Karten: Bevor Donald X. Vaccarino, der Autor von Kingdom Builder, sich dem Erfinden von Brettspielen widmete, war er maßgeblich am durchaus komplizierten Sammelkartenspiel „Magic“ beteiligt. Sein Talent für eingängigere Unterhaltung hat er bereits mit seinem Erstling Dominion bewiesen, einem Kartenspiel, das 2009 zum Spiel des Jahres gewählt wurde. Mit dem vielversprechenden „Kingdom Builder“ beweist Vaccarino nun, dass er auch ohne exzessiven Einsatz von Spielkarten für gute Unterhaltung sorgen kann. Und das Rezept für einen Klassiker endgültig verstanden hat.

Das „Spiel des Jahres“ von Queen Games ist für 2 bis 4 Spieler ab 8 Jahren geeignet,

Dauer: rund 45 Minuten.

KURIER-Wertung: 4 Sterne

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Die im Comic-Stil gehaltene Spielbeschreibung ist ein guter Einstieg in dieses Taktikspiel. Die Idee, Gebäude, Straßen und lange Wege zu errichten, sowie Rohstoffe zu lukrieren ist derzeit in vielen Spielen verarbeitet. In diesem fügt sie sich in eine schlüssige Spielgeschichte. Begriffe, Ausstattung und Lösungswege sind leicht zu verinnerlichen. Unterschiedliche Ausrüstungen für Spieler und die Gliederung in zwei Durchgänge (mit anderen Voraussetzungen) bieten Abwechslung. Nach zwei Partien ist die Taktik vertraut. Ab 8 Jahren, 2-4 Spieler, 45 Minuten, Hans im Glück VerlagKURIER-Wertung: 4 Sterne

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Dieses Spielprinzip (schlaue Route finden, um in Städten Aufträge zu ergattern und in anderen zu beenden) wurde schon 1987 mit „Auf Achse“ Spiel des Jahres. Der Reiz hier ist Afrika und die Komplexität: „Aufträge“ und „Abenteuer“ erledigen, dabei aber Geld, Kunstgegenstände, Plus- und Minuspunkte im Auge behalten. Taktikfans mögen so etwas, aber es dauert, bis man die Begriffe (Abenteuer-, Helfer-, Expeditions-, Gesellschafts-, Reise- und Jokerkarten) im Griff hat. Die Ausstattung ist allerdings ansprechend.

Ab 8 (eher 10) Jahren, 2-4 Spieler, 60 Minuten, Abacus SpieleKURIER-Wertung: 3 Sterne

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Ein Großgruppenspiel mit einem Hauch Rollendarstellung – das ist Geschmacks­sache. Bis zu 25 Spieler versuchen im Sesselkreis, den König zu ermorden oder es zu verhindern, und sagen zwecks Atmosphäre Sätze wie „Mit gutem Wein lässt sich fürwahr nahezu jede Gesellschaft ertragen“. Skeptiker spielen da nicht mit. Wichtig: Zumindest einer sollte das Spiel gut kennen. Aber die Spielart ist interessant, Lagerfeuer statt Brettspiel. Und mit gutem Wein lässt sich fürwahr jedes Spiel ertragen.

Ab 10 Jahren, 6-25 Spieler, 20-60 Minuten, Heidelberger Spielverlag

KURIER-Wertung: 3 Sterne

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Endlich wieder eine neue – oder zumindest seltene – Spielwelt: Dieses Spiel (übersetzt „Bambussprosse“) findet in Bambusgärten mit einem Pandabär und in japanischem Flair statt. Es wirkt anfangs einfach, klare Begriffe und Symbole, man konzentriert sich ganz nebenbei auf die tolle Ausstattung. Nach kurzem merkt man taktische Raffinessen des Spieles. Dennoch bleiben Haptik und Design im Fokus. Wie durchdacht beides ist, merkt man beim Zusammenräumen ja auch immer an der kompakt gepackten Box.

Ab 8 Jahren, 2-4 Spieler, 45 Minuten, Bombyx/Edition Matagot

KURIER-Wertung: 4 Sterne

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Gute Spielgeschichte, etwas zum Schmunzeln, einfach zu verstehen und schnell zu spielen. Dazu eine stabile, schnörkellose Ausstattung – mehr braucht ein lustiges Nachlaufspiel nicht. Alle wählen verdeckt (ähnlich wie „6 nimmt“) den nächsten Zug. Für echte Strategie passiert aber zu viel Unvorhersehbares.

Ab 8 Jahren, 3–7 Spieler, Zoch Verlag, 20 Minuten.

KURIER-Wertung: 4 Sterne

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Diese vereinfachte Memory-Variante ist für Kinder ein guter Einstieg in die Gattung Merkspiel. Es ist einfach zu verstehen, die Ausstattung ist stabil und ohne Schnörksel, das Thema Pirat ist aufregend für Kinder, aber nicht blutrünstig umgesetzt. Perfekt für Kleine.

Ab 3 Jahren, 2–6 Spieler, Beleduc Verlag, Dauer: 10 Minuten.

KURIER-Wertung: 5 Sterne

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Das Versprechen „zauberhaft einfach“ wird – nach zehn Minuten konzentrierter Regellektüre – eingehalten. Die Idee, Wege zu bauen und anderen zu verbauen, ist nicht neu. Dank einiger Varianten sind Steigerungen der Schwierigkeit möglich. Ein wegen der Ausstattung schönes , aber nicht sehr spektakuläres Spiel.

Ab 8 Jahren, 2–4 Spieler, Ravensburger, 30 Minuten.

KURIER-Wertung: 4 Sterne

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Sobald die Sanduhr läuft, bricht am Spieltisch Hektik aus. Wer schafft es am schnellsten, seine Tiere so auf die Karte zu legen, dass kein Bein herausschaut? Wer ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen hat und gerne Tetris spielt, liebt „Ubongo“, das es jetzt in der Junior-Variante gibt.

Ab 5 Jahren, 2–4 Spieler, Kosmos Verlag, 5–10 Minuten.

KURIER-Wertung: 5 Sterne

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Wenn vier Spieler zugleich mit Kochlöffeln in einer Schachtel gegeneinander und gegen die Zeit nach Holzkugeln fischen, ist das ein Gaudium und großes Tohuwabohu. Das kann Erwachsene auch nerven. Das Spiel fördert Geschick und Reaktion. Kritik: Die Kartonschachtel wird nicht lange halten.

Ab 5 Jahren, 2–4 Spieler, Haba Verlag, ab 10 Minuten.

KURIER-Wertung: 3 Sterne

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Würfeln, Bohnen pflanzen und Goldtaler ernten – Beim neuen Spiel für Bohnenbauern geht es nicht nur um Taktik, sondern vor allem um Würfelglück. Das Spannende an dieser Variante ist, dass die Mitspieler die Würfel-Ergebnisse des aktiven Spielers mitbenutzen können. Nie langweilig.

Ab 10 Jahren, 2–5 Spieler, Amigo Verlag, 45 Minuten.

KURIER-Wertung: 3 Sterne

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Karten müssen so aufeinandergeschlichtet werden, dass keine runterfällt – was wie ein Trinkspiel klingt, ist für Kinder nur mäßig gut ausgearbeitet: Die Karten zu unstabil, die Grafik nicht ansprechend, die Box zu groß. Und es dauert, bis man die Regeln verinnerlicht hat. Ab und zu macht es Spaß.

Ab 6 Jahren, 2–4 Spieler, Piatnik Verlag, 10 Minuten.

KURIER-Wertung: 2 Sterne

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Die Idee dieses Taktikspieles – als Ungeziefer in der Kanalisation Unrat und damit Punkte zu sammeln – ist gut und relativ klar. Ausnahmsweise keine Siedler oder Eroberer. Das Problem ist die Ausführung: Die Spielfiguren (Ratten, Wiesel, Waschbären, Schnecken, Kakerlaken, Kröten) sind schwierig zu unterscheiden und filigran, es fleuchen zu viele Begriffe und Eigenschaften der Figuren umher und das Punktezählen ist ohne Regelbuch kaum möglich. In den ersten Runden übersieht man viel. Danach wird es besser.

Ab 10 Jahren, 2-5 Spieler, 30-60 Min., Heidelberger Spielverag

KURIER-Wertung: 2 Sterne

Zum mittlerweile 28. Mal findet von Freitag bis Sonntag das große Spielefest in Wien statt, auch heuer wieder im Austria Center Vienna bei der UNO-City. Auf einer Gesamtfläche von etwa 16.400 Quadratmetern stellen alle großen Spieleverlage ihre Neuerscheinungen und Klassiker vor. Instruktoren erklären Spiele, die man auch gleich ausprobieren kann. Insgesamt stehenden Spiele-Freunden 1500 Spieltische zur Verfügung.Informationen Spielefest 2012: Austria Center Vienna, 1220 Wien, Bruno Kreisky Platz 1, Freitag, 16. November bis Sonntag, 18. November, jeweils 9 bis 19 Uhr. Die Tickets kosten 10 € beziehungsweise 8 € (ermäßigter Eintritt). Kinder von 6 bis 9 Jahre zahlen 5 €, jüngere können das Spielefest gratis besuchen. Schulklassen, Kindergärten und Horte in Begleitung einer Aufsichtsperson haben am Freitag freien Eintritt. Für ein Vollpreisticket bekommt man im Spielzeugfachgeschäft beim Kauf ein Spieles 5 € Rabatt (gilt für alle an dieser Aktion teilnehmenden Spielzeuggeschäfte bis zum 31. Dezember 2012)

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