Burg-Konzert: Beinahe in die Hose gegangen

Burg-Konzert: Beinahe in die Hose gegangen
Die Toten Hosen, sonst unfehlbare Allzweckwaffe im Dienst der gehobenen Rock-Unterhaltung, zeigten Respekt vor dem Burgtheater und ihren eigenen Instrumenten.

So ein Unplugged-Konzert ist ja nicht nur  schön. Es hat auch Gemeinheiten zu bieten.
Etwa für das Publikum: Der Hosen-Fan ist es gewohnt, dass seine Band ihm mit Rock der gehobenen Düsenjet-Lautstärke den Scheitel föhnt. Jetzt spielen die auf einmal so leise,  dass man – wenn man so mitgrölt, wie man es gelernt hat – die Band nicht mehr hört.

Oder für die Band: Wo Kinderkram wie Einsätze, Takt oder Tonarten sonst genau wurscht sind, weil eh alles im heiligen Lärm versinkt, ist auf einmal jeder Spielfehler  genau zu hören – und irritiert die Musiker  selbst.

Zumal die jüngeren Songs der Düsseldorfer Punkrocker durchaus komplex genug sind, um genau gespielt werden zu wollen. Ein Gag des Schicksals: Die Toten Hosen sind als Songschreiber zu gut für ihre Fähigkeiten als Musiker geworden.

Innige Nahbeziehung

Zurück ins hochofenheiße Wiener Burgtheater, zum Ersten von zwei Unplugged-Konzerten. Die Toten Hosen haben zu Wien im allgemeinen und zum Burgtheater im besonderen eine über Jahre aufgebaute, innige Nahbeziehung. In der Burg sind sie schon mehrmals aufgetreten, 2006 nahmen sie hier DVD und CD für MTV-Unplugged auf. Trotzdem ist die Band merkbar nervös. Der Vorhang geht auf und man sieht fünf Hosen plus die langjährigen Gast-Hosen Esther Kim (Piano) und Raphael Zweifel (Cello) nervös auf ihren Sesseln wetzen.

Der erste Song – eine clever umgetextete Version ihres Hits "Strom" – gelingt noch vorzüglich, wie vor unterdrückter Wut vibrierend. Dann werden sie immer unrunder, Campino sucht verzweifelt die richtige Texte und Tonhöhen, Esther Kim kämpft mit ihrer Monitor-Anlage und die anderen schauen verkniffen drein.

Riesenspaß dank loyalen Publikums

Unsterblich? Egal, ob alte Hadern wie "Hier kommt Alex" und "Wünsch dir was", Neues wie "Tage wie diese" oder die Hesse-Vertonung "Im Nebel" – jedes Stück wirkt ein bisschen gefährdet. Die Falco-Hommage "Rock Me Amadeus" und das großartige "Unsterblich" wackeln sogar ganz bedrohlich.Andererseits: Wen kümmert’s? Die loyalen (und friedlichen) Fans tragen sie einfach durch. Und im Übrigen: Diese ungewöhnliche Nervosität wirkt durchaus sympathisch und charmant.Als Überraschung singt Burg-Star Birgit Minichmayr brillant mit Campino ihr Duett "Auflösen", und Campinos Schwester Maria interpretiert "No Expectations" von den Rolling Stones.

KURIER-Wertung: **** von *****

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