GameCHANGE - Menschen zwischen gehypter Zukunft und Technik: „Ein Markt kann nicht völlig sich selbst überlassen werden“

GameCHANGE - Menschen zwischen gehypter Zukunft und Technik: „Ein Markt kann nicht völlig sich selbst überlassen werden“. Credits: TÜV AUSTRIA, Andreas Amsüss
Vier österreichische Game Changer diskutierten am TÜV AUSTRIA Campus.

Behinderung: Kein „sentimentales Weihnachtsthema“ sondern entscheidender Wirtschaftsfaktor

Gregor Demblin, seit einem Badeunfall vor mehr als 20 Jahren querschnittgelähmt, setzt mit seinen Unternehmen myAbility und tech2people neue Maßstäbe im Bereich Barrierefreiheit und den Umgang mit Behinderung. Nach der gesellschaftlichen Veränderung der Sichtweise auf Behinderung treiben Demblin auch technologische Möglichkeiten voran. „Wir arbeiten daran, dass Rollstuhlfahrer mit Gehhilfen wieder mobil werden, Blinde mit Implantaten sehen und Gehörlose hören können. Wir müssen unseren Beitrag leisten, dass diese Entwicklungen mit europäischem Know-how, Forscher- und Entwicklergeist und entsprechenden Investments weiterentwickelt werden.“

Forschung: Der Kapitalmarkt ist „beste Triebfeder für Innovation“

Andreas Kern, Gründer und CEO von wikifolio.com, folgt seiner Vision der Demokratisierung des Anlagemarkts und der Geldanlage. Der Kapitalmarkt sei die beste Triebfeder für Innovation, so Kern: „Die Pharmaindustrie ist auf Shareholder Value ausgerichtet, aber investiert Milliarden in Innovation.“ Es mag jemand etwas uneigennützig erfinden, aber eine wahre Innovation muss Nutzen stiften, erklärt der ausgebildete Börsenhändler mit fragendem Blick auf den E-Mobility-Boom: „Mit dem E-Auto fahren wir fünfmal mehr Auto um die geringen Fahrkosten zu nutzen. Wirtschaftlich werden vermutlich genug Menschen davon profitieren.“ Hinsichtlich wahren Innovationen resümiert Andreas Kern zuversichtlich über Europa: „Die Investoren gehen alle nach Europa, dem weltgrößten Wirtschaftsraum. Es gibt keinen besseren Platz auf der Welt“, jedoch stünden noch ein übertriebenes Sicherheitsdenken und Reglementierungen innovativen Entwicklungen oftmals im Weg.

Sicherheit: Maßstab des Entwicklungsgrads einer Gesellschaft

Es brauche keine Überregulierung, aber doch gewisse Spielregeln, erklärt TÜV AUSTRIA CEO Stefan Haas, der sich von Europa wünscht, schneller mit Innovationen umgehen zu lernen: „Glauben wir wirklich, Hersteller hätten sich freiwillig zur Einhaltung von immer niedrigeren Emissionsgrenzwerten und zur Einführung von Sicherheitseinrichtungen wie Sicherheitsgurte, ABS, Airbags, Crashtests und dergleichen verpflichtet oder zu sicheren Aufzügen?“ Es bedarf keiner Überregulierung, sondern einheitlicher Spielregeln: „Nur wenn die Veränderungen möglichst sicher sind, finden sie auch die notwendige Akzeptanz“, folgert Stefan Haas, der einem Markt eine Absage erteilt, der nur nach der bestmöglichen Funktion zum besten Preis sucht: „Die Konsumente spielen eine wichtige Rolle: Was akzeptieren wir, was verlangen wir?“

Antrieb: Geld motiviert niemanden zu großartigen Leistungen

Akzeptanz am Markt finden die Produkte von SONNENTOR-Geschäftsführer Johannes Gutmann. 1988 als Ein-Mann-Betrieb im niederösterreichischen Waldviertel gestartet, beschäftigt der Querdenker heute rund 330 Mitarbeiter und exportiert Produkte in über 50 Länder. Der Mensch im Mittelpunkt, nicht Shareholder Value: „In Amerika geht es nur mit Shareholder Value. Ich denke mir: Schön zu wissen, dass ich dort keinen einzigen Bürosessel finanziert habe!“ Trends hetzt Gutmann nicht nach: „Ich habe gar nicht das Gefühl, ich versäume etwas“, sieht aber durchaus in der Veränderung der Technik und der Wirtschaft gerade mit seinem freigeistigen Zugang die Chance, sich weiterzuentwickeln. Geld motiviere aber niemanden: „Die Sinnsuche treibt uns an. Partnerschaftssuche, auf die Umwelt aufpassen, das sind eigentlich die Dinge, die die Technik vergisst.“

Change: Nachhaltigkeit und Profit sind kein Widerspruch

Eines kristallisierte sich beim GameCHANGE am TÜV AUSTRIA Campus heraus: So unterschiedlich die Lebenswege, Tätigkeitsfelder und Zugänge zu Veränderungen auch sind, die Diskutanten waren sich in einem Punkt einig: Nachhaltigkeit und Profit widersprechen einander überhaupt nicht. Im Gegenteil. Nur Wertschöpfung und Ertrag lassen Arbeitsplätze und Räume für Innovation und neue Technologien entstehen.

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