Exportländer im Vergleich – wo die Zahlung am häufigsten ausbleibt

Mag. Karolina Offterdinger. Credits: Acredia Versicherung AG
Einzelne EU-Länder stabilisieren sich, Südamerika mit starken Verzugsanstiegen

Die österreichische Kreditversicherung ACREDIA veröffentlicht für das vierte Quartal 2017 die Top 10 Exportländer mit den höchsten Zahlungsverzügen gegenüber ihren Versicherungsnehmern. Verglichen wurden die Zahlen zum Ende des vierten Quartals mit jenen des dritten Quartals 2017.

Rund 80 Prozent der österreichischen Exporte beliefern den europäischen Markt. Eine Stabilisierung der Zahlungsgebarungen in so wichtigen Exportmärkten wie Deutschland, Polen und Bulgarien ist daher die gute Nachricht. Die Tschechische Republik und Kroatien überraschen mit zum Teil signifikanten Anstiegen in den Zahlungsverzügen. Kroatien findet sich dabei erstmals unter den Top 10 Ländern mit den höchsten Zahlungsverzügen. Die stabilen aber in Summe hohen Verzüge sind eine Folge der Agrokor Pleite.

Sehr deutliche Signale erreichen heimische Exporteure aus Südamerika: Nur langsam wachsende Volkswirtschaften, politische Instabilitäten und die Angst vor US Protektionismus bringen neben Mexiko nun auch Chile und Argentinien unter die aktuellen Top 10 Länder mit den höchsten Zahlungsverzügen.

Südamerika: Herausforderung Protektionismus

Den aktuellen Spitzenreiter Chile kennzeichnen politische Unsicherheiten aufgrund der Präsidentenstichwahlen im Dezember 2017, was sich auch bei zurückgehaltenen Infrastruktur-Investitionen zeigte. Mit den mittlerweile erfolgten Weichenstellungen für eine neue Regierung, dem Amtsantritt des neuen – schon von 2010 bis 2014 erstmals regierenden – Präsidenten und der prognostizierten Verdoppelung des BIP-Wachstums gibt es für 2018 allerdings wieder einen vorsichtig positiven Ausblick.

„Wir beobachten die Situation in Ländern wie Chile, Mexiko und Argentinien genau. Derzeit werden verschiedene Handelsabkommen wieder neu zwischen der EU und dieser Region verhandelt. Andere wichtige Einflussfaktoren sind die Gefahr eines eingeschränkten Freihandels, Korruption und politische Instabilitäten“, kommentiert ACREDIA Vorständin Karolina Offterdinger die aktuelle Entwicklung bei Exportpartnern aus Südamerika.

Bulgarien, Deutschland und Polen sind stabil

Bulgarien, im dritten Quartal eines jener Länder mit stark steigender Verzugstendenz, stabilisiert sich nachhaltig, unter anderem auch mit Hilfe von Finanzmitteln aus EU-Förderungen, deren Projektumsetzungen Fahrt aufnehmen und auch für heimische Exporteure neue Business-Chancen bringen. Deutschland – der wichtigste Exportmarkt Österreichs – war zuletzt durch eine Großinsolvenz eines Küchenherstellers in Pole Position der Liste jener Länder mit den höchsten Verzügen. Diese Großinsolvenz schlägt sich nun im Anstieg der Schäden aus Zahlungsausfällen nieder, wohingegen die Zahlungsverzüge wieder zurückgehen.

Polen ist einer der wichtigsten Außenhandelspartner österreichischer Unternehmer und zählt zu den sich am dynamischsten entwickelnden Volkswirtschaften in Europa. Wachsender Konsum, prognostizierte Unternehmensinvestitionen und Zuwächse im Außenhandel tragen zur Konjunkturbelebung bei. Das wirkt sich auch positiv auf die Zahlungsmoral aus: Nach dem sprunghaften Anstieg der Zahlungsverzüge polnischer Abnehmer im Vorquartal, sind die Verzüge nun wieder leicht gesunken, bewegen sich allerdings nach wie vor auf hohem Niveau. Der leichte Anstieg der Schäden ist demnach eine Folge der im Vorquartal gestiegenen Verzüge. Trotz insgesamt positiver Entwicklung bleibt Karolina Offterdinger in ihrer Einschätzung vorsichtig: „Ich kann es nicht oft genug betonen: Auch wenn Sie innerhalb der EU liefern, behalten Sie Ihre Außenstände im Auge und mahnen Sie sofort, wenn eine Zahlung ausbleibt.“

Kroatien und die Folgen der Agrokor Pleite

Erstmals unter den Top 10 Ländern mit den höchsten Zahlungsverzügen findet sich Kroatien. „Die schlechte Nachricht ist, dass mit der laufenden Sanierung des Agrokor Konzerns weiterhin Unsicherheiten im Hinblick auf fristgerechte Zahlungen verbunden sein können. Die gute Nachricht ist, dass Reformprogramme auch mit Hilfe von EU-Fördergeldern dem Land Zugriff auf Struktur- und Investitionshilfen ermöglichen“, so Offterdinger in ihrer Einschätzung zur Lage des jüngsten EU-Mitgliedslandes.

Auf einen Verzug folgt meist ein Schaden

In 75 Prozent der Fälle ist ein Zahlungsverzug Vorläufer für einen Schadensfall. „Steigende Zahlungsverzüge sind ein wichtiger Indikator für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung eines Landes“, unterstreicht Offterdinger.

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