Verhütungsreport: Warum immer weniger Frauen die Pille nehmen
Die Pille wird als Verhütungsmittel immer unbeliebter. Das kam beim neuesten "Österreichischen Verhütungsreport" im Auftrag des Gynmed-Ambulatoriums heraus, das auf Schwangerschaftsabbruch und Familienplanung spezialisiert ist. Für die Umfrage wurden rund 1800 Österreicher im Alter zwischen 16 und 49 Jahren vom Meinungsforschungsinstitut Integral zu ihrem Liebes- und Verhütungsleben befragt. Zwar werden Pille und Kondom noch immer am häufigsten angewendet, jedoch zeigt sich eine steigende Skepsis gegenüber hormonellen Methoden. 38 Prozent der Befragten gaben an, auf Kondome zurückzugreifen, die damit das Verhütungsmittel Nummer eins sind.
Sorge vor Nebenwirkungen
Im Vergleich zum letzten Report aus dem Jahr 2015 gab es einen Rückgang bei der Nutzung der Pille von 38 auf 34 Prozent, im Jahr 2012 nahmen 45 Prozent der gebärfähigen Frauen in Österreich die Pille. Für 60 Prozent der befragten Frauen ist eine hormonfreie Verhütung wichtig, 37 Prozent vermeiden hormonelle Verhütung aus Sorge vor Nebenwirkungen.
Viele Frauen befinden sich im Dilemma, sagt Elisabeth Parzer, Sexualpädagogin und Mitarbeiterin im Verhütungsmuseum. Sie wollen wirksam verhüten, allerdings ohne in die natürlichen Abläufe im Körper einzugreifen. Doch die wirksamen Methoden basieren auf Hormonen; mit Ausnahme der Kupferspirale und der Sterilisation. Beide Verhütungsmittel haben im Vergleich zum vergangenen Report aber nur geringfügig von jeweils zwei auf vier Prozent zugenommen.
Fehleinschätzung
Immerhin gaben aber 83 Prozent der Frauen und 98 Prozent der Männer an, mit ihrer Sexualität zufrieden zu sein. Dennoch weist der Report auch auf Wissenslücken in puncto Fortpflanzung hin: Weit verbreitet ist der Glaube, dass sich die Fruchtbarkeit der Frau auf bis zu drei Schwangerschaften im Leben beschränkt, wenn nicht verhütet wird. Richtig sind aber zwölf bis 15 Schwangerschaften. "Eine fatale Fehleinschätzung, die mitverantwortlich ist, dass sich Österreich auch im negativen europäischen Spitzenfeld bei Schwangerschaftsabbrüchen befindet", erklärt Christian Fiala, Gynäkologe und Gynmed-Leiter.
Viele der Befragten wünschen sich eine Kostenübernahme von Langzeitmethoden, wie der Hormon- oder Kupferspirale, Hormonstäbchen oder Implantat. Bei diesen fallen alle Kosten am Beginn an, was für viele eine Hürde darstellt. Bei einer Kostenübernahme würden 56 Prozent auf eine Langzeitmethode wechseln, bei den Frauen sind es 59 Prozent und bei jungen Frauen unter 20 Jahren sogar 73 Prozent.
Verhütungs-Missverständnis
Der Report zeigt auch ein großes Verhütungs-Missverständnis zwischen Männern und Frauen. Während die meisten Männer resigniert zur Kenntnis nehmen, dass sie mit den aktuellen Methoden wenig bis keine Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit haben, sind Frauen überzeugt, dass dies den Männern egal ist, sie nicht darüber nachdenken und es ihnen sogar recht ist.
Bei den befragten Männern gaben 39 Prozent an, eine wirksame Methode anwenden zu wollen, die wieder rückgängig gemacht werden kann, wenn es eine solche gäbe. Unter ihnen sind 53 Prozent, die angegeben haben, bereits eine schlechte Erfahrung mit der Verhütungs-Abhängigkeit von der Partnerin gemacht zu haben.