Zu fett, zu süß - und dennoch als Kinderlebensmittel beworben
Das regt wohl nicht nur Mediziner auf: Der Lebensmittel-Konzern Rewe hatte in Deutschland für Produkte mit dem Slogan „leckerer Begleiter für den Schulalltag“ mit Aktionspreisen geworben - und das, obwohl diese zum größten Teil nicht den Nährwertempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entsprechen. Damit leiste Rewe der Fehlernährung von Kindern Vorschub, kritisierte die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK). Der Prospekt sei ein weiterer Beleg dafür, dass verbindliche Werbebeschränkungen überfällig sind.
Nur halb so viel Obst und Gemüse wie empfohlen
„Kinder essen mehr als doppelt so viel Süßwaren, aber nur halb so viel Obst und Gemüse wie empfohlen. Ein Grund ist die ausgeklügelte Werbung für sogenannte Kinderlebensmittel. Und während Obst und Gemüse immer teurer werden, werden Süßkram und Zuckergetränke zu Schleuderpreisen vermarktet“, sagt Barbara Bitzer, DANK-Sprecherin und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). „Dass Rewe ausgerechnet Zuckerbomben und fettig-salzige Würstchen für den Schulstart bewirbt, ist exemplarisch. Der deutsche Bundesernährungsminister Cem Özdemir dürfe dem Treiben nicht länger zusehen. "Wir brauchen verbindliche Werbebeschränkungen. Nur gesunde Lebensmittel, die die WHO-Empfehlungen erfüllen, sollten für Kinder beworben werden dürfen“
34 Lebensmittel
Die Verbraucherzentrale Bayern hatte am Sonntag auf Twitter einen Rewe-Werbeprospekt geteilt, der mit dem Spruch „Leckere Begleiter für den Schulalltag“ überschrieben ist. In dem Ausschnitt werden 34 Lebensmittel, viele davon mit Kinderoptik, mit „Aktionspreisen“ beworben. DANK hat die Inhaltsstoffe und Nährwerte der beworbenen Produkte recherchiert und anhand des Nährwertprofilmodells der WHO Europa bewertet. 32 der 34 Produkte sind nach den WHO-Kriterien unausgewogen und sollten nicht für Kinder beworben werden.
In Deutschland sind etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland übergewichtig, Tendenz steigend. SPD, Grüne und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit einem hohen Zucker-, Fett- und Salzgehalt einzuschränken – ein Entwurf für die Regelung steht noch aus.
Wenig überraschend
Das Ergebnis ist nicht verwunderlich, so hat die Organisation Foodwatch 283 Lebensmittel untersucht, die für Kinder beworben werden - die meisten davon sind auch in Österreich erhältlich. Dabei wurde die Nährstoffzusammensetzung aller Produkte, die sich in Marketing oder Werbung direkt an Kinder richten, mit den Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an ausgewogene Lebensmittel abgeglichen. Das Ergebnis: 242 der untersuchten Produkte (85,5 Prozent) sind ungesund und enthalten zu viel Zucker, Fett und/oder Salz. Sie sollten nach Kriterien der WHO eigentlich gar nicht erst speziell in Richtung Kinder vermarktet werden. Das zeigt: Weder Politik noch Wirtschaft haben ihre Versprechungen für einen besseren Schutz von Kinder und Jugendlichen vor Junkfood-Werbung gehalten. Auch im Vergleich zu einer foodwatch-Studie von 2015 hat sich nicht viel getan: Damals waren 89,1 Prozent der Produkte nach WHO-Maßstäben ungesund.