Wissen/Gesundheit

Studie: Kinder suchtkranker Eltern entwickeln häufiger psychische Störungen

Unter Substanzgebrauchsstörungen versteht PsyPost, ein Nachrichtenportal für Psychologie und Neurowissenschaften, den wiederholten Konsum von Drogen oder Alkohol trotz negativer Folgen für den eigenen Körper, die psychische Gesundheit und das soziale Umfeld.

Die Störung ist gekennzeichnet durch die Unfähigkeit, den Konsum zu kontrollieren, durch ein starkes Verlangen nach der Substanz und durch die fortgesetzte Einnahme trotz der negativen Auswirkungen auf Beziehungen, Arbeit und Gesundheit. Während sich die Forschung bisher auf die Schäden für den Einzelnen konzentrierte, rücken nun mit dem so genannten "Harm-to-Other"-Ansatz die Folgen, insbesondere für Kinder, in den Mittelpunkt. 

Studien haben gezeigt, dass Kinder, deren Eltern an einer Suchterkrankung leiden, in der Schule schlechter abschneiden als Kinder, deren Eltern nicht an einer Suchterkrankung leiden. Eine neue Studie des Forschers Hélio Manhica und seiner Kollegen untersucht nun die psychischen Risiken für Kinder suchtkranker Eltern genauer. 

Dabei gehen sie auf geschlechtsspezifische Unterschiede und die kritischen Lebensabschnitte Kindheit und Jugend ein. Mehr als eine Million Schweden, die zwischen 1981 und 1990 geboren wurden, nahmen an der Studie teil. Die Teilnehmer wurden von der Geburt bis zu ihrem 25. Lebensjahr beobachtet und hatten bis zum Alter von 18 Jahren keine psychiatrische Diagnose erhalten. Bei der Beobachtung wurden der soziale Status, die Schulleistungen und der Migrationshintergrund berücksichtigt. 

Höheres Risiko bei Männern

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass vier Prozent der Teilnehmer in ihrer Kindheit oder Jugend mit Substanzproblemen der Eltern konfrontiert waren.

  • Etwa 14 Prozent erhielten im Alter zwischen 18 und 35 Jahren eine psychiatrische Diagnose. Die Wahrscheinlichkeit, eine psychische Störung zu entwickeln, war bei Personen, deren Eltern an einer Substanzstörung litten, fast doppelt so hoch. 
  • Männliche Probanden waren um 116 Prozent und weibliche Probanden um 80 Prozent häufiger betroffen.
  • Wurden Alter und sozialer Status berücksichtigt, blieben die Ergebnisse dennoch signifikant: 
    Männer, deren Eltern betroffen waren, hatten ein um 80 Prozent erhöhtes Risiko, an einer psychischen Störung zu erkranken, Frauen ein um 56 Prozent erhöhtes Risiko. 
  • Personen, die zwischen der Geburt und dem 12. Lebensjahr einer elterlichen Substanzkonsumstörung ausgesetzt waren, hatten ein höheres Risiko, eine psychiatrische Störung zu entwickeln, als Personen im Alter zwischen 13 und 18 Jahren. 

"Personen, die vor dem 18. Lebensjahr dem elterlichen Substanzkonsum ausgesetzt waren, hatten ein erhöhtes Risiko für spätere psychiatrische Störungen. Dieses Risiko schien bei Männern und in der Kindheit etwas höher zu sein", lautet das Fazit der Studienautoren.

Obwohl die Studie einen Zusammenhang zwischen elterlichem Substanzkonsum und psychischen Folgen bei Kindern aufzeigt, betonen die Forscher, dass kein Kausalzusammenhang hergestellt werden kann. Zwar sei es möglich, dass Kinder, die mit betroffenen Eltern leben, ein höheres Risiko für psychiatrische Störungen haben, doch könne dies auch auf genetische Faktoren oder gemeinsame Umweltbedingungen zurückzuführen sein. Die gesamte Studie wurde im Journal of Psychiatric Research veröffentlicht.

Laut dem Online-Projekt #visible hat jedes sechste Kind, das sind 275.000 Kinder und Jugendliche österreichweit, einen Elternteil mit einer psychischen Erkrankung. Unterstützung findet man unter anderem bei folgenden Anlaufstellen: