Antikörper-Tests als Zutrittsticket – ist das wirklich sinnvoll?

Antikörper (rot) greifen Coronaviren an.
Je nach Labor und Testkit kann zum Beispiel ein unterschiedlicher Grenzwert gelten.

Wer ab 19. Mai in ein Lokal möchte, muss einen Zutrittstest vorlegen. Eine Möglichkeit sind positive Antikörper-Tests (Anm. nicht älter als drei Monate) für Covid-Genesene, die unwissentlich infiziert waren und deshalb keinen Absonderungsbescheid oder eine ärztliche Bestätigung haben. Doch was misst der Antikörper-Test und sollten auch Geimpfte testen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Welcher Test genau gilt als Zutrittstest?

Es geht um den „neutralisierenden Antikörpertest“ – der von Privatlabors angeboten wird. Labors müssen dabei zum Beispiel nachweisen, dass die verwendeten Tests tatsächlich jene Antikörper nachweisen, die das Virus neutralisieren, also unwirksam machen.

Was misst der Test?

Gemessen wird die Konzentration von Antikörpern gegenüber dem Spike-Protein des Coronavirus im Blut. „Die Antikörper werden in der Einheit BAU pro Milliliter angegeben, kurz für binding antibody units. Es gibt aber noch keine Daten dazu, welche Bedeutung der Wert hat. Man kann sagen, ja, ich habe es gehabt oder ja, ich habe auf die Impfung reagiert. Aber man kann nicht sagen, welchen Wert ich brauche, um geschützt zu sein“, sagt Labormediziner Helmuth Haslacher von der MedUni Wien.

Welcher Grenzwert zählt dann?

„Die Labore bestimmen den entsprechenden Schwellenwert für das jeweilige Testkit“, so die Info aus dem Gesundheitsministerium. Das heißt, der Wert kann auch zwischen verschiedenen Labors variieren, da zum Teil unterschiedliche Tests verwendet werden. Jedes Labor gibt aber einen Wert an, etwa 15 BAU/ml, der als Schwellenwert dafür zu sehen ist, ob Antikörper vorhanden sind oder nicht.

Ist der Antikörper-Test als Zutrittstest geeignet?

Eher mit „Bauchweh“ sieht Marton Széll die Sache, er ist Infektiologe und Mitglied im Nationalen Impfgremium. „Es ist eben noch nicht klar definiert, ab welchem Grenzwert beim Titertest man von einem wirklich guten Schutz sprechen kann. Es ist schwierig, das auf individueller Ebene festzulegen.“

Auch Judith Aberle vom Zentrum für Virologie der Meduni Wien sagt, der Test zeige lediglich, ob jemand generell infiziert war oder geimpft wurde. „Damit sinkt zumindest die Wahrscheinlichkeit, dass die Person ein Superspreader ist.“

„Bei entsprechendem Nachweis von Antikörpern in ausreichender Konzentration kann von einer niedrigeren epidemiologischen Gefahr ausgegangen werden“, so die Argumentation aus dem Ministerium. 

Kann ich mich trotz Antikörpern infizieren oder andere anstecken?

Weder Impfung noch durchgemachte Infektionen schützen zu 100 Prozent vor einer Ansteckung. „Mit bis zu 95 Prozent schützt die Impfung vor symptomatischer Erkrankung aber sehr gut. Und wenn jemand dennoch infiziert ist, dann meist ohne Symptome oder nur mit milden“, Széll.

Und „bis jetzt veröffentlichte Studien legen nahe, dass man, wenn man trotz Impfung erkrankt, weniger infektiös (Anm. ansteckend) ist“, so Haslacher.

Welche Bedeutung haben Antikörper im Schutz vor Corona?

Antikörper sind ein wichtiger Bestandteil der Immunantwort, aber nicht der einzige. Zusätzlich reagiert der Körper auch mit einer sogenannten zellulären Immunantwort. Ein Antikörpertest bildet daher nur einen Teil des Immunsystems ab. Während der Antikörper-Spiegel nach einer Zeit absinkt, würden die sogenannten T-Zellen erhalten bleiben, "das heißt, das Immunsystem kann auch mit niedrigen Antikörpern den Erreger gut abwehren", sagt Haslacher: "Es gibt jedoch sehr wenige standardisierte Testsysteme dafür, die zelluläre Immunantwort zu messen. Das nachzuweisen, ist aufwendiger als die Antikörperbestimmung."

Sollte ich auch nach der Impfung einen Antikörper-Test machen?

Das Nationale Impfgremium rät davon, ab nach der Corona-Schutzimpfung einen solchen Test als Routine zu machen. Weil eben kein einheitlicher Grenzwert festgelegt ist. "Je höher die Titerantwort ist, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass ein gewisser Schutz da ist, nur kann man das beim Einzelnen nicht sagen, weil es gibt auch Menschen mit hohen Titern, die trotzdem noch erkranken. Das sagt einfach zu wenig aus", so Széll. Ein Test würde dann Sinn machen, wenn man bei jemandem aufgrund einer Immunschwäche zum Beispiel eine schlechte Immunantwort erwartet.

So auch Haslacher: „Ich verstehe, dass viele Leute wissen möchten, wie hoch ihre Antikörper-Spiegel sind. Es fehlen aber systematische Untersuchungen dazu, was es für die Immunantwort bedeutet, hohe oder niedrige Antikörper-Werte zu haben. Wenn es darum geht, nachzuweisen, ob eine Person infiziert war oder man überhaupt auf die Impfung reagiert hat, dann macht der Test Sinn.“

Gibt es einen Unterschied zwischen Antikörpern von Geimpften und Genesenen?

Es gibt verschiedene Antikörper, zum Beispiel solche die vor allem im Blut vorkommen (IgG) oder eher in Schleimhäuten (IgA). Durch die Impfung würden vor allem IgG in einer oft höheren Konzentration als nach einer Infektion gebildet. Genesene wiederum hätten mehr IgA-Antikörper, die das Virus in den Schleimhäuten schon früher abfangen können. Beide Antikörper-Antworten führen letztlich zu einem guten Schutz, so Széll.

Wieso haben manche Leute unterschiedliche Werte beim Antikörper-Test?

Schon von anderen Impfungen weiß man, es gibt eine Bandbreite an Immunreaktionen. Faktoren wie das Geschlecht, das Alter oder auch die Genetik einzelner Leute spielen dabei eine Rolle, erklärt der Infektiologe Széll: "Je älter man ist, desto weniger Antikörper bildet man generell". Vor allem bei Menschen über 80 sei zu erwarten, dass sie einen eher niedrigen Antikörper-Titer haben könnten. 

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