Wirtschaft

Zweites Einhorn in Österreich: GoStudent erhielt Milliardenbewertung

Sie vermitteln Nachhilfe für Schülerinnen und Schüler - und das via Webcam. "Die Nachhilfe Revolution" heißt es auf der Website des Wiener Nachhilfe-Start-ups GoStudent - und das ist wohl keine Übertreibung, denn das Konzept funktioniert. GoStudent hat 205 Mio. Euro bei Investoren wie Softbank und Tencent eingesammelt und ist mit einer Bewertung von mehr als 1,4 Mrd. Euro nun Österreichs wertvollstes Start-up. Zum Vergleich: Runtastic war beim Verkauf an Adidas 220 Mio. Euro wert. Laut Reuters ist GoStudent in Europa das höchstbewertete Unternehmen bei digitalen Bildungsangeboten.

Mit dem Geld der Investoren soll die weitere Expansion, unter anderem nach Kanada und Mexiko, vorangetrieben werden. Das Start-up zählt mittlerweile mehr als 500 Mitarbeiter weltweit an zwölf Standorten. Bis Jahresende sollen es 1.000 Mitarbeiter sein. Monatlich werden mehr als 400.000 Nachhilfestunden über die Plattform gebucht.

Nachhilfe per Webcam

Durch Homeschooling in der Coronapandemie erlebte auch die Nachhilfe per Webcam einen Boom. Begonnen haben die Gründer, die heute 26- und 27-jährigen Geschäftsführer Felix Ohswald und Gregor Müller, 2015 mit einem WhatsApp-Service für Hausübungen, im Keller einer Segelschule an der Alten Donau.

Die aktuelle Finanzierungsrunde, ein sogenanntes Series C Investment, wurde laut Aussendung von GoStudent angeführt vom Investor DST Global, der auch bei Bitpanda an Bord ist. Neben DST Global beteiligten sich auch der japanische Technologieinvestor Softbank und der chinesische Internetgigant Tencent.

Neu dazu kam auch Dragoneer aus San Francisco. Darüber hinaus beteiligen sich die bestehenden Investoren Coatue, Left Lane Capital und DN Capital. Erst im vergangenen März hatte GoStudent 70 Mio. Euro eingesammelt.

Idee entstand 2015

Zu den frühen Investoren gehen Pioneers Ventures aus Österreich und Econnoa aus Deutschland. Zu Econnoa gehören die Business Angels Brigitte Mohn, Nathalie von Siemens und Stephen Brenninkmeijer. Sie investieren bereits vor vier Jahren Geld. Mit 250.000 und dann 500.000 Euro spielten sich die Finanzierungen damals aber in einer anderen Dimension ab.

Entstanden ist die Idee für GoStudent 2015: Der Mathematik-Student Felix Ohswald entwickelte mit seinem Bruder Moritz, damals noch Schüler, ein WhatsApp-Service für Hausaufgaben. Als GoStudent-Mitgründer kamen später noch der BWL-Absolvent Gregor Müller und der Elektrotechniker Ferdinand von Hagen als Chief Technology Officer (CTO) an Bord.

Die Nachhilfelehrer bei GoStudent müssen sich einem strengen Auswahlverfahren unterziehen, außerdem gibt es laut Angaben des Unternehmens regelmäßige Qualitätschecks.

15.000 aktive Schüler

Erst vor wenigen Tagen hatte GoStudent angekündigt, nach Italien expandieren und in Mailand einen Standort eröffnen zu wollen. Das Ziel: Marktführer auf dem italienischen Markt zu werden. 

Derzeit sind rund 15.000 Schüler auf GoStudent aktiv. Rund 400.000 Nachhilfe-Einheiten wurden zuletzt monatlich auf der GoStudent-Plattform gebucht. Das Start-up will sich mittelfristig in 20 Ländern weltweit etablieren und das Team auf 1.000 Mitarbeiter und 10.000 Tutoren verdoppeln.

Laut "Wirtschaftscompass" hielt Felix Ohswald über seine F95 Privatstiftung zuletzt noch 11,4 Prozent an der GoStudent GmbH, Gregor Müllers G93 Privatstiftung gehörten vor der aktuellen Finanzierungsrunde 10,6 Prozent. Bei dem derzeitigen Gesamtwert der Firma von 1,4 Mrd. Euro sind die Anteile von Ohswald und Müller jeweils mehr als 140 Mio. Euro wert.

Zweites Einhorn

Ab einer Unternehmensbewertung von mehr als einer Milliarde spricht man in der Start-up-Szene von einem "Unicorn", also einem Einhorn. Österreichs erstes Einhorn ist erst drei Monate alt und quasi selbst noch ein Fohlen: Es handelt sich um das Wiener Kryptowährungsunternehmen Bitpanda, das bei einem Investment von 170 Mio. Euro eine Bewertung von über einer Milliarde Euro erreichte. Mit einer Bewertung von 1,4 Mrd. Euro ist GoStudent mehr wert als der ATX-Konzern AT&S derzeit an der Börse.

Deutschland hat übrigens seit kurzem sein erstes "Decacorn". So werden Start-ups bezeichnet, die mehr als zehn Milliarden Dollar wert sind