Rekordwerte bei europäischen Start-up-Finanzierungen

Der digitale Euro soll die Souveränität und Finanzstabilität der Eurozone sichern.
In Österreich gibt es viele kleine Deals. Wirtschaftliche Situation ist bei vielen Firmen Corona-bedingt angespannt.

Trotz Corona-Pandemie und Brexit konnte die Start-up-Finanzierung in Europa im Vorjahr zulegen. So stieg die Zahl der Finanzierungsrunden auf knapp 6.700 – ein Plus von 58 Prozent gegenüber 2019. Das Volumen machte einen Sprung um 17 Prozent auf rund 36,5 Milliarden Euro.

Beides sind Rekordwerte, wie das Start-up-Barometer der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY zeigt. Die Studie basiert auf einer Analyse der Investitionen in europäische Start-ups. Als Start-ups werden dabei Unternehmen gewertet, die nicht älter als zehn Jahre sind.

Starkes zweites Halbjahr

Der Anstieg ist vor allem auf ein sehr starkes zweites Halbjahr zurückzuführen. So fielen auch die größten drei Start-up-Finanzierungen 2020 in diesen Zeitraum: Der italienische Anbieter von Mobilitäts-Serviceleistungen, The Telepass Group, sammelte im Oktober knapp 1,1 Milliarden Euro ein. Das britische Versicherungs-Start-up Inigo erhielt im November mehr als 700 Milliarden Euro und der Batteriehersteller Northvolt aus Schweden 526 Millionen Euro.

Insbesondere Großbritannien hat den europäischen Start-up-Markt angetrieben: Trotz des Ende 2020 endgültig vollzogenen Brexits hat sich die Anzahl der Finanzierungsrunden auf 2.113 mehr als verdoppelt. Auch das Finanzierungsvolumen stieg deutlich um ein Viertel auf 13,9 Milliarden Euro.

Ausbau

Damit hat Großbritannien den Vorsprung gegenüber dem Rest Europas weiter ausgebaut. In Deutschland sank das Finanzierungsvolumen sogar um 15 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Frankreich als drittgrößter Start-up-Standort Europas hat 2020 nur noch 619 Finanzierungsrunden gezählt, nach 736 im Vorjahr. Dafür stieg das Volumen um 3,4 Prozent auf 5,2 Milliarden Euro.

In Österreich stieg der Gesamtwert des Investitionsvolumens 2020 um rund 16 Prozent von 183 Millionen Euro auf 212 Millionen Euro - ebenfalls ein Rekordwert. Damit belegt Österreich Rang 16 im europäischen Vergleich. Gleichzeitig ging auch die Zahl der Finanzierungsrunden deutlich nach oben: Sie stieg von 88 auf 145 – somit liegt Österreich in dieser Kategorie auf dem neunten Platz.

Die größten Deals

Die größte Finanzierung des Jahres konnte sich der Neobroker Bitpanda mit 45,6 Millionen Euro sichern. PlanRadar, das Unternehmen mit der Software für Baudokumentation, erhielt die zweitgrößte Finanzierung mit 30 Millionen Euro. Komplettiert werden die Top-3 vom Marketing-Analytics-Unternehmen Adverity, das 26,3 Millionen Euro erhielt.

 Allerdings hat sich der Trend fortgesetzt, dass es in Österreich viele kleine Finanzierungen gibt: Die Top-10-Deals in Österreich hatten 2020 ein Durchschnittsvolumen von knapp 17 Millionen Euro – die Schweiz liegt bei 67 Millionen Euro, Deutschland bei 154 Millionen Euro. "Das Rekord-Investment Anfang 2021 für Bitpanda, die auch schon 2020 die größte Finanzierungsrunde verzeichneten, ist daher – nur ein erfreulicher Ausreißer nach oben", sagt Florian Haas, Leiter des Start-up-Ökosystems bei EY.

Keine Expansion

Abseits weniger großer Investments sei die Situation bei vielen Start-ups in Österreich durch die Coronakrise weiter angespannt, so Haas: „An Expansion ist bei vielen Unternehmen derzeit nicht zu denken – insbesondere auch nach dem Auslaufen der staatlichen Hilfen wird es beim Großteil der Start-ups darum gehen, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, den Kapitalabfluss zu minimieren und möglichst viel Geld im Unternehmen zu halten“, sagt Haas.

Die Mehrzahl der Start-ups sei nur für einige Monate durchfinanziert, danach würden sie frisches Geld benötigen. Das Anstoßen von privaten Investitionen, wie es zum Beispiel durch den Covid-Start-up-Hilfsfonds geschafft wurde, sei dafür essenziell. Eine Neuauflage wäre daher gerade in der aktuellen Situation ein dringend notwendiger Impuls, so Haas.

US-Finanziers

Für heuer ist Haas dennoch optimistisch: „Die deutlich gestiegene Zahl an Finanzierungsrunden  unterstreicht, dass insbesondere die anhaltende Niedrigzinspolitik sehr viel Geld ins System bringt und Investoren gleichzeitig volle Taschen und Finanzierungsdruck haben." Profitieren davon würden vor allem Tech- und Health-Unternehmen, weil dort starke Skalierungen möglich seien. "Bei den größten Finanzierungsrunden haben immer US-Geldgeber in heimische Tech-Unternehmen investiert. Dieses Muster werden wir auch 2021 sehen."

Abseits weniger großer Investments sei die Situation bei vielen Start-ups in Österreich durch die Coronakrise weiter angespannt, so Haas: „An Expansion ist bei vielen Unternehmen derzeit nicht zu denken – insbesondere auch nach dem Auslaufen der staatlichen Hilfen wird es beim Großteil der Start-ups darum gehen, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, den Kapitalabfluss zu minimieren und möglichst viel Geld im Unternehmen zu halten."

Impulse

Die Mehrzahl der Start-ups sei nur für einige Monate durchfinanziert, danach würden sie frisches Geld benötigen. Das Anstoßen von privaten Investitionen, wie es zum Beispiel durch den Covid-Start-up-Hilfsfonds geschafft wurde, sei dafür essenziell. Eine Neuauflage wäre daher gerade in der aktuellen Situation ein dringend notwendiger Impuls.

"In der Corona-Krise sind zahlreiche Herausforderungen für die Unternehmen noch offensichtlicher geworden – etwa die dringend notwendige Digitalisierung, die Anfälligkeit von Logistikketten oder auch die große Bedeutung der Sicherheit von IT-Netzwerken“, sagt Thomas Gabriel, Partner Strategy bei EY-Parthenon. „Viele Start-ups haben dafür die passenden Lösungen parat. Das hat sie bei Kapitalgebern attraktiv gemacht.“

Gabriel geht davon aus, dass die hohe Dynamik auch 2021 im Markt erhalten bleibt: „Zahlreiche Jungunternehmen haben überzeugende Storys zu erzählen, bei denen es oft um gesellschaftliche Megatrends geht – Digitalisierung, Klima- und Umweltschutz oder Gesundheit beispielsweise. Da zahlreiche Investoren nach Anlagemöglichkeiten suchen und in den Start-ups Potenzial erkennen, rechnen wir mit einem weiteren starken Finanzierungsjahr.“

Kommentare