Warum billiges Fleisch am Ende teuer kommt
Von Simone Hoepke
Wenn wir so weitermachen, fressen wir die Erde kahl, sind sich Umweltschützer rund um den Globus einig. Laut Greenpeace werden heute weltweit drei Mal mehr Hühner, Schweine und Rinder geschlachtet als noch vor 50 Jahren: Geschätzte 76 Milliarden Tiere pro Jahr. Jeder Erdenbürger isst statistisch gesehen zehn Tiere jährlich.
Schon jetzt ist unsere Ernährung für ein Viertel aller für den Klimawandel verantwortlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich und liegt damit gleichauf mit dem Transportwesen. Bis 2050 wird die Quote auf 50 Prozent steigen, warnt Greenpeace. Dazu kommt das Leid in den Tierfabriken, die ihre Ware zu Kampfpreisen in den Markt pressen. Auch wenn Konsumenten in Umfragen beteuern, dass sie für Tierwohl gerne mehr bezahlen, greifen sie letztlich zu Billigware. Das hat erst kürzlich eine Umfrage in Deutschland bestätigt, bei der Konsumenten direkt vor dem Supermarkt befragt wurden – und später einen Blick in ihren tatsächlichen Einkaufswagen gewährten.
Schnitzel-Kaiser
Österreich spielt mit einem jährlichen Fleischkonsum von 65 Kilo pro Kopf in der europäischen Top-Liga mit. Nur die Luxemburger und Spanier essen noch mehr, sagt Global 2000. Der prototypische Österreicher hat fünf mal die Woche Fleisch am Teller. Zu viel, meinen die Experten der WHO. Sie empfehlen maximal drei Portionen in der Woche. Die Botschaft kommt teilweise an.
In Österreich ist der durchschnittliche Verbrauch seit 1995 von 65,4 auf zuletzt 63,4 Kilo gesunken, sagen die Marktforscher der RollAma. Am häufigsten essen die Österreicher Schweinefleisch. Alles sechs Sekunden wird in Österreich ein Schwein geschlachtet und gegessen. Dazu kommen umgerechnet 2,5 Millionen Schweineäquivalente, die in Form von Wurst- und Fleischwaren importiert und exportiert werden. Klingt nach einem Riesengeschäft, ist es aber nicht, sagt Johann Schlederer, Chef der Schweinbörse. 2018 hätten Schlachthöfe 160 Euro pro Tier bezahlt – der Bauer bräuchte aber 175 bis 180 Euro um kostendeckend arbeiten zu können. Die Folge: Höfe sperren zu. Beim EU-Beitritt gab es landesweit noch 115.000 Halter, jetzt sind es 24.000. Im Schnitt halten sie 145 Tiere und damit zehn Mal weniger als ihre Konkurrenten in Deutschland. Schlederer: „Wir sind nicht konkurrenzfähig, der Strukturwandel wird weiter gehen.“ Dem Konsumenten sei es „an der Kassa definitiv wurscht, woher das Fleisch kommt“. In den Einkaufswagen komme, was billig ist und damit zu 90 Prozent Ware ohne Bio- oder Tierwohl-Siegel. Schlederer: „Das ist die Realität. Daran ändert sich nichts.“
Brust oder Keule?
Leichte Änderungen gibt es bei der Wahl des Fleisches. Schwein verliert, Geflügel gewinnt. Aber woher kommen Brust und Keule? Immer öfter aus dem Ausland, zeigt die Außenhandelsbilanz. „Der Selbstversorgungsgrad sinkt, der Importdruck steigt“, fasst es Karl Feichtinger, Geschäftsführer des Kärntner Geflügelverarbeiters Wech, zusammen.
Mit Hühnerfleisch kann sich Österreich nur noch zu 80 Prozent selbst versorgen, mit Pute gar nur zu 45 Prozent. Schuld ist aus seiner Sicht der Gesetzgeber, der hohe Tierschutzstandards vorschreibt, beim Einkauf für öffentliche Kantinen darauf aber keinen Heller gibt. Sprich: Lieber billiges Importfleisch kauft. Masthühner in Österreich haben laut Gesetz 40 Prozent mehr Platz im Stall als ihre Artgenossen in EU-Ländern. Das hat ihren Preis – einen Aufschlag von rund 40 Prozent.