Tourismus-Saisonierkontingent wird erhöht, Kellner ist jetzt Mangelberuf
Der Personalmangel in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft ist prekär. Als kurzfristige Sofortmaßnahme wird nun das Saisonierkontingent um 1.000 Personen erhöht, um die Sommerspitze zu heben, teilte die Regierung am Mittwoch nach dem Ministerrat mit. Eine entsprechende Verordnung von Arbeitsminister Martin Kocher soll laut Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (beide ÖVP) so schnell wie möglich in Kraft treten. Kellner wird österreichweit zum Mangelberuf.
"Kellnerinnen und Kellner und Gaststättenfachberufe werden auf die bundesweite Mangelberufsliste genommen", so Kraus-Winkler zu den weiteren Maßnahmen. Bisher war dies nur regional der Fall. Koch und Köchin ist bereits ein österreichweiter Mangelberuf. Weiters sollen Betriebe, die Saisoniers in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis übernehmen, künftig erleichterten Zugang zu Saisonierkontingentplätzen erhalten.
Wirtschaftsbund zufrieden
Und: Die Beantragung der Rot-Weiß-Rot-Karte wird erleichtert, wenn sich die antragstellende Person aufgrund einer Saisonbeschäftigung bereits in Österreich aufhält. "Diesen Maßnahmen sollen zusätzliche Anreize schaffen, um Arbeitskräfte verstärkt ganzjährig in Beschäftigung zu halten", so die Politikerin.
"Das ist eine gute Nachricht für die heimischen Tourismusbetriebe, wo derzeit viele Jobs unbesetzt sind", kommentierte Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (ÖVP). "Die Aufstockung des Saisonierkontingents und die Ausweitung der Mangelberufsliste sind Akutmaßnahmen, die sofort und spürbar wirken werden."
Vor der nun angekündigten Erhöhung lag das Kontingent bei 2.000. Der ÖVP-Wirtschaftsbund hatte eine Verdoppelung gefordert. Heute zeigte man sich dort zufrieden.
Kritik von Gewerkschaft
Harsche Kritik gab es hingegen von der Gewerkschaft vida. "Wirtschaftsminister Martin Kocher verhöhnt mit seinen Plänen jene Kolleginnen und Kollegen, die in Österreich auf Arbeitsuche sind oder wieder in den Tourismus zurückkehren wollen. Er hat noch immer nicht erkannt, dass die Arbeitsbedingungen zu verbessern sind, anstatt Arbeitskräfte aus dem Ausland zu holen, die für wenig Geld bereit sind, alles zu tun", so Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus der Gewerkschaft vida in einer Aussendung.
Solange es Arbeitsuchende auf dem heimischen Arbeitsmarkt gebe, brauche es keine zusätzlichen Saisoniers.
Grüne fordern Strukturwandel
Barbara Neßler, Tourismussprecherin der Grünen, sieht auch dringende strukturelle Änderungen als nötig an, hieß es in einer gemeinsamen Aussendung. "Wir benötigen Unterstützungen zum Umstieg auf einen Ganzjahrestourismus und Ganzjahresbeschäftigungsmodelle, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durchgehende Beschäftigung bieten."
Dort, wo es sie bisher fehlten, seien bessere Arbeitsbedingungen zu sichern, beziehungsweise brauche es Rahmenbedingungen, damit wieder mehr Junge den Tourismus als Arbeitsplatz entdecken. Wichtig sei auch ein Ausbau von touristischen Betriebskinderbetreuungen.
Viele unbesetzte Stellen
Die Hoteliervereinigung (ÖHV) verwies darauf, dass die Beschäftigung mit 207.378 Personen in Beherbergung und Gastwirtschaft heuer im Mai (aktuellste verfügbare Zahlen) um mehr als 1.000 über dem Niveau von vor der Krise (Mai 2019: 206.370) lag. Dennoch waren Anfang Juni 20.966 offene Stellen gemeldet, damit sei etwa jede zehnte Stelle unbesetzt. Das seien wiederum um 81,4 Prozent mehr als im Juni 2019.
Die Zahl der Branchenarbeitslosen liegt hingegen mit 6.382 um 27 Prozent unter dem Vergleichswert von 2019: "Diese Zahlen sprechen eine klare Sprache: Der Tourismus ist und bleibt ein dynamischer Faktor auf dem Arbeitsmarkt und zeigt sich äußerst resilient gegenüber Krisen",so ÖHV-Chef Walter Veit in einer Aussendung. "Wir sind wieder da!"
Kommt ein Beruf auf die Mangelberufsliste - derzeit noch ohne Kellner sind das österreichweit 66 Berufe vom Betonbauerinnen über Ärztinnen bis zu Pflegeassistenten - so ermöglicht dies Staatsangehörigen von Drittstaaten die Erlangung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft für 24 Monate.
Dafür nötig ist eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem Mangelberuf laut Verordnung, ein verbindliches Arbeitsplatzangebot in Österreich und die Bereitschaft des anstellenden Unternehmens, das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zu bezahlen. Zudem sind auf Basis eines Kriterienkataloges mindestens 55 von 90 möglichen Punkten zu erreichen. Es gibt auch Mangelberufe, die das nur in gewissen Regionen sind.