Flughafen Wien: Wie eine verschlafene Gemeinde die dritte Piste blockieren will
Zwischen der burgenländischen Gemeinde Parndorf und der Flughafen Wien AG fliegen die Hackeln tief. Denn der 4700-Seelen-Ort Parndorf behauptet seit kurzem, dass er beim UVP-Verfahren rund um die geplante dritte Piste übergangen worden sei.
Vor mehr als sechs Jahren hat die niederösterreichische Landesregierung das Genehmigungsverfahren abgeschlossen, im Vorjahr hat das Bundesverwaltungsgericht die neue Piste unter strengen Auflagen genehmigt. Aufgrund von zwölf Beschwerden liegt der Ball derzeit beim Verwaltungsgerichtshof.
Kurios ist, dass Parndorf selbst einräumt, keine unmittelbar betroffene Standortgemeinde zu sein, da der Flughafen 23 Kilometer Luftlinie entfernt sei. Doch man sei „betroffene Öffentlichkeit“ und die Landesregierung Niederösterreich hätte Parndorf „über das Vorhaben frühzeitig informieren und in die Entscheidungsprozesse miteinbeziehen müssen“. Doch mit dieser Beschwerde ist Parndorf am 10. Jänner 2019 abgeblitzt. Der Antrag auf Parteienstellung und Zustellung des Genehmigungsbescheides wurde abgelehnt.
Kundmachung im KURIER reicht nicht
In einer neuen Beschwerde bringt die Gemeinde Parndorf nun vor, dass die zuständigen Behörden das Projekt „dritte Piste“ im Mai 2008 „mangelhaft kundgemacht“ haben.
Damit sei der Genehmigungsbescheid „gegenüber Parndorf“ nie rechtswirksam geworden. Die Anwälte der Gemeinde behaupten, dass die Veröffentlichung des Projekts (Mai 2008 bis 2011) nicht nur in den Niederösterreich-Ausgaben von KURIER und Kronen Zeitung sowie im Amtsblatt der Wiener Zeitung erfolgen hätte müssen, sondern auch in zwei Zeitungen, die im Burgenland verbreitet werden.
Falscher Eindruck erweckt?
"Durch die mangelnde Kundmachung im Burgenland wurde der (falsche) Eindruck erweckt, die Gemeinde Parndorf sei kein Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit und daher durch die Umweltauswirkungen der dritten Piste nicht betroffen", heißt es in der Bescheidbeschwerde der Gemeinde vom 8. Februar 2019. "Die Gemeinde Parndorf hätte daher nicht wissen müssen, dass sie berechtigt wäre, Einwendungen gegen das gegenständliche UVP-Projekt zu erheben." Selbst die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofs hält der Anwalt von Parndorf "aus unionrechtlicher Sicht für nicht aufrechtzuhalten".
Warum die Gemeinde Parndorf (seit 23. Mai 2008 bis zum Vorjahr) keinerlei Beschwerden gegen das Pistenprojekt eingebracht hat, bleibt weiter unklar. Dazu muss man wissen, dass das Vorhaben per Edikt nicht nur in den besagten Medien, sondern auch in den Amtlichen Mitteilungen Niederösterreich, der Homepage des Landes NÖ, und den Amtstafeln in den Standortgemeinden Fischamend, Klein Neusiedl, Rauchenwarth, Schwadorf, Schwechat und in der Bezrikshauptmannschaft Wien-Umgebung kundgemacht und die Projektunterlagen zur Einsichtnahme aufgelegt wurden.
Parndorf beantragt nun den Bescheid über die dritte Piste aufzuheben und zu einer neuen Entscheidung an die Landesregierung NÖ zurückzuweisen. Zugleich soll Parndorf ein Mitspracherecht eingeräumt werden.
Zehn Jahre zu spät?
Vergangenen Freitag hat der Flughafen eine 17 Seiten starke Beschwerdebeantwortung beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht. Tenor: Parndorf habe zehn Jahre Zeit gehabt, Einwände im UVP-Verfahren einzubringen, hat das aber „unterlassen“.
"Lebensfremd wirkt das Argument, die im Administrativ- wie auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kundgemachten Edikte hätten auch im Burgenland kundgemacht werden müssen, und nicht "nur" in Niederösterreich und Wien", kontert der Anwalt der Flughafen Wien AG.
"Schlichtweg lächerlich"
Und der Flughafen-Anwalt hat noch einen weiteren Seitenhieb gegen die Gemeinde parat. "Einer österreichischen Gemeinde ist es sicherlich zuzumuten, sich zeitgerecht durch ihre Organe bzw. Organwalter über anhängige Genehmigungsverfahren zu informieren. Das umso mehr, als es sich bei der dritten Piste um eines der größten Infrastrukturprojekte der vergangenen Jahrzehnte handelt, über das auch bereits damals ausführlich in allen Tagezeitungen sowie in Rundfunk und Fernsehen berichtet wurde und gleichsam Tagesgespräch"war", schreibt der Flughafen-Anwalt am 1. März 2019 an das Bundesverwaltungsgericht. "Die Art und Weise der Kundmachung für das Unterbleiben der Beteiligung an einem der wichtigsten UVP-Projekte in Österreich verantwortlich zu machen, ist schlichtweg lächerlich."
"Gekünstelte Begründung"
Und weiter heißt es dazu vom Flughafen: Ebenso gekünstelt wirkt die Begründung für das Unterbleiben einer Beteiligung am UVP-Verfahren wegen eines behaupteten Rechtsirrtums über ihre Parteistellung: Würden tatsächlich begründete Bedenken gegen das Vorhaben dritte Piste bestehen bzw. wären tatsächlich potenzielle Umweltauswirkungen auf das Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin zu befürchten, so hätte sich die Beschwerdeführerin bereits vor zehn Jahren rechtzeitig durch Erhebung von Einwendungen am UVP-Verfahren vor der Niederösterreichischen Landesregierung beteiligt."
Abgesehen davon: Nach dem UVP-Gesetz "sei jedermann berechtigt, zum Vorhaben eine Stellungnahme abzugeben; eine Parteistellung ist dazu nicht vorausgesetzt. Die Gemeinde Parndorf hat aber auch eine solche Stellungnahme unterlassen".
"Verzögerung und Stimmungsmache"
Und dann spricht der Anwalt der Flughafen Wien AG Tacheles: Insgesamt überwiegt der Anschein, der bei der niederösterreichsichen Landesregierung gestellte Antrag und die gegenständliche Beschwerde dienen einzig dem Bestreben, eine weitere Verzögerung im bereits uber zehn Jahre dauernden UVP-Genehmigungsverfahren zu bewirken und neuerlich Stimmungsmache gegen das Vorhaben zu betreiben.
Österreichische Übererfüllungen der EU-Richtlinie
Laut Verwaltungsgerichtshof müsse eine Kundmachung nur in jenem Bundesland erfolgen, in dem das Projektvorhaben liegt. Laut Flughafen hätte sogar die alleinige Kundmachung im Amtsblatt der Wiener Zeitung ausgereicht, die Öffentlichkeit im Sinne der UVP-Richtlinie zu informieren. Die zusätzliche Kundmachungen in den Bundesländern sind "österreichische Übererfüllungen der EU-Richtlinie" und somit eine Auslegung der österreichischen Kriterien.
Fazit des Flughafens: Der Gemeinde Parndorf war eine aktive Beteiligung an den UVP- und Verwaltungsverfahren zumutbar, sie hat "davon aber keinen Gebrauch gemacht".
Der Anflug- und Abflugverkehr
Lauf Flughafen habe Parndorf nicht offengelegt, durch welche Auswirkungen der dritte Piste sie betroffen sein sollte. Indes stößt sich die Gemeinde Parndorf offenbar daran, dass angeblich die Umweltauswirkungen "auf als plausibel angenommene Flugrouten reduziert" wurde,wohingegen richtigerweise sämtliche Bereich überprüft hätten werden sollen - unter anderem auch der Anflug- und Abflugverkehr.
Der Flughafen kontert in folgendem Auszug:
Und weiter heißt es im Schriftsatz des Flughafens: