Wirtschaft

Corona katapultierte Hälfte der Menschen ins Home-Office

Während des nationalen Shutdown zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie sind viele Arbeitsplätze schlagartig in die eigenen vier Wände verlegt worden. Das schuf zwar ein Gefühl von Sicherheit vor Ansteckung, aber auch gravierende Probleme. Vor allem bei Eltern mit schulpflichtigen Kindern stieg der Stress enorm, wie aus dem aktuellen Arbeitsklima Index der Arbeiterkammer Oberösterreich hervorgeht.

Veränderung

"Das Coronavirus hat die Arbeitswelt verändert - die Arbeitslosigkeit ist explodiert, obwohl sie mit der von den Sozialpartnern ausverhandelten Kurzarbeit deutlich abgefedert werden konnte", betonte AK-OÖ-Präsident Johann Kalliauer. Betrieben drohe die Insolvenz und Zehntausende Familien hätten existenzielle Sorgen.

Jetzt brauche es ein "umfassendes Jugendrettungspaket", eine spürbare Erhöhung des Arbeitslosengeldes und eine "echte finanzielle Anerkennung für die Heldinnen und Helden der Krise". Gemeint sind damit vor allem alle jene Beschäftigten in "systemrelevanten" Berufen, also etwa in Supermärkten, Pflegeheimen, Krankenhäusern und öffentlichen Verkehrsmitteln.

Überstunden

Von diesen Menschen musste der jüngsten AK-Erhebung zufolge über die Hälfte weitgehend am üblichen Arbeitsort erscheinen. Die Beschäftigten in riskanten Berufen fühlten sich nicht geschützt - 31 Prozent mussten zur Arbeit, obwohl sie eine Ansteckung befürchteten. Ebenfalls fast ein Drittel musste Überstunden machen und 25 Prozent wollten freinehmen, durften aber nicht.

Zum Vergleich: Bei nicht systemrelevanten Arbeitnehmern mussten nur 10 Prozent ganz normal zur Arbeit und nur 13 Prozent Überstunden leisten. 5 Prozent bekamen keinen Urlaub. Das zeigt der Arbeitsklima Index, der auf 1.600 Online-Befragungen zwischen März und Mai 2020 beruht.

Mehrbelastung

Von jenen, die ins Home-Office verbannt wurden, klagten vor allem die Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern über eine extreme Mehrbelastung. Fast die Hälfte von ihnen sagte, ihren Beruf mit ihren sonstigen Aufgaben zu vereinbaren, "stresst mich jetzt mehr als vor der Coronakrise". Vielen ermöglichte die Heimarbeit freilich die Kinderbetreuung während der Schulschließung. Bei den Arbeitnehmern ohne Betreuungsagenden zuhause berichteten 25 Prozent von mehr Stress.

40 Prozent der Heimarbeiter arbeiteten auch zu Zeiten, zu denen sie früher nicht tätig waren - frühmorgens, abends, nachts oder am Wochenende. Bei den Arbeitnehmern mit Kindern zuhause berichteten 39 Prozent von mehr Zeitdruck und 30 Prozent von einem stärkeren Arbeitsdruck "ohne Zeit zum Verschnaufen"; 28 Prozent fehlte daheim schlicht der Platz, um ihre Arbeit sinnvoll verrichten zu können. Einsamkeit beziehungsweise Isolation verspürten nur 11 Prozent der Kindererziehenden und 8 Prozent jener, die ganz allein von zuhause aus arbeiteten.

Verunsicherung

Über ein Viertel der Beschäftigten in Österreich arbeiteten von März bis Mai laut AK-OÖ-Erhebung fast ausschließlich im Home-Office, weitere 11 Prozent zumindest teilweise. Der Arbeitsalltag musste von einem auf den anderen Tag völlig neu organisiert werden. Bei den qualifizierten bzw. leitenden Angestellten arbeiteten knapp 40 Prozent daheim, bei den Akademikern 56 Prozent. Arbeiter und Pflichtschulabgänger waren nur zu jeweils 10 Prozent im Home-Office - manuelle Tätigkeiten können nicht von zuhause aus erbracht werden.

In der Krise besonders stark verunsichert sind laut AK die Jungen, Menschen mit Migrationshintergrund, Arbeitslose, atypische bzw. geringfügig Beschäftigte und Leiharbeiter. Diese Gruppen seien der Meinung, dass sie die Situation "härter trifft als andere". 80 Prozent glauben, dass sich der Arbeitsmarkt dauerhaft verändern wird. Existenzängste befallen fast die Hälfte (49 Prozent) der Arbeitslosen und 35 Prozent der Menschen in Kurzarbeit. 54 Prozent meinen, dass es auch wegen der aktuellen Lage schwierig werde, wieder einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen.

Anstieg

Ende Mai waren laut Arbeitsmarktservice (AMS) 473.000 Menschen in Österreich arbeitslos - ein Anstieg um fast 70 Prozent gegenüber dem Vorjahresstichtag. Hinzu kamen 44.000 Jobsuchende in Schulungen sowie 1,1 Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Vor allem in der Gastronomie, im Tourismus sowie im Bau- und Verkehrswesen wurden massiv Arbeitsplätze abgebaut.