Von Ottakring nach Las Vegas: Die UFC-Karriere des Aleksandar Rakić
Von Silvana Strieder
Am Sonntagmorgen werden bei Kampfsportfans in Europa um vier Uhr Früh bereits die Wecker läuten und die DAZN-Übertragungsleitung aus Amerika glühen. Österreichs Aushängeschild im Mixed Martial Arts (MMA) Aleksandar Rakić kämpft in Las Vegas gegen den ehemaligen UFC-Champion Jan Blachowicz.
MMA steht für Mixed Martial Arts und ist eine Sportart, die aus gemischten Kampfsportarten (wie Boxen, Thaiboxen, Karate, Ringen, BJJ, Judo u.v.m.) besteht.
Gekämpft wird mit dünnen Handschuhen in einem Oktagon-Käfig. Die Finger der dünnen Handschuhe sind frei, damit die Athleten für den Bodenkampf besser greifen können. Der Käfig dient ihnen zum Schutz, weil beim Bodenkampf Athleten im Boxring durch die Seile durchfallen und sich verletzen können. Die Kampfdauer ist auf dreimal fünf Minuten begrenzt, mit einer Minute Pause zwischen den Runden. Titelkämpfe dauern fünfmal fünf Minuten.
Ausführliche Informationen zum Sportart finden Sie am Ende des Artikels im Info-Kasten: "Geschichte des MMA"
Aleksandar Rakić ist nach Nandor Guelmino der erst zweite MMA-Kämpfer des Landes, der einen Vertrag bei der berühmtesten Liga der Welt, der UFC, erhielt. Der 30-jährige Wiener ist in Ottakring geboren, "dort leben viele mit Migrationshintergrund, es war immer Action", sagt Rakić, die aktuelle Nummer drei der UFC-Rangliste im Halbschwergewicht.
Angefangen hat seine sportliche Karriere im Fußballverein, doch dort waren sowohl Mitspieler als auch Gegner mit seiner harten Spielweise überfordert. Der Vater schickte den hyperaktiven Sohn in ein nahegelegenes Kickbox-Gym.
"Dort wurde ich endlich richtig gefordert", sagte Rakić. Nach einigen Kämpfen wechselte er mit 19 Jahren ins MMA, weil er auch am Boden weiterkämpfen wollte. "Das war die beste Entscheidung, die ich je in meinem Leben getroffen habe. Ich lebe meinen Traum", sagt der gelernte Hotelfachmann, der sich allerdings nur auf den Sport konzentriert.
Der Weg in die UFC war von vielen Hürden und zwei schweren Kreuzbandrissen geprägt. Während seine damalige Freundin und heutige Frau die Familie mit zwei Jobs über Wasser hielt, arbeitete Rakić an seinem Comeback. Im September 2017 erhielt "The Rocket" nach einem beeindruckenden Kampf einen UFC-Vertrag, den Rakić nur zögerlich und mit Absprache der Trainer annahm. "Ich wusste einfach nicht, ob ich wirklich schon bereit für die UFC bin."
Dass er es ist, zeigten seine ersten spektakulären Kämpfe gegen Francimar Barroso, Justin Ledet (neuer UFC-Rekord im Halbschwergewicht mit 263 Treffern), Devin Clark und dem legendären Knockout von Jimi Manuwa. Seine einzige und umstrittene UFC-Niederlage nach Punkten bezog er gegen Volkan Oezdemir. Danach folgten noch zwei Siege über Anthony Smith und Thiago Santos. Insgesamt stehen auf seinem Profi-Kampfrekord 14 Siege und zwei Niederlagen.
Am Sonntagmorgen mitteleuropäischer Zeit wird Aleksandar Rakić den bislang "härtesten und wichtigsten Kampf meines Lebens" bestreiten. Gewinnt er gegen den Polen Jan Blachowicz, steht ihm die Tür zum Titelkampf gegen den aktuellen Champion Glover Teixeira offen.
"Kampfsport hat mir alles im Leben gegeben", sagt Rakić und erzählt von seinen Zielen: "Ich möchte, dass der Sport in Österreich an Respekt gewinnt und dass jeder im deutschsprachigen Raum MMA kennt. So wie es Conor McGregor in Irland geschafft hat. Und ich will Weltmeister im Halbschwergewicht und danach im Schwergewicht werden, dann ein paar Kämpfe im Profiboxen machen und gesund meine Karriere beenden."
Bereits in der Antike beschäftigten sich Menschen mit der Frage: "Wer ist stärker? Der Ringer oder der Boxer?". Daraus entstand vor mehr als 2600 Jahren die Sportart Pankration, ein sogenannter "Allkampf" - Pan bedeutet "alles" und kratos "Kraft". Zum ersten Mal wurde Pankration 648 v. Chr. in Griechenland bei den 33. Olympischen Spielen erwähnt. Die Disziplin hat auch erstmals unterschiedliche Sportarten miteinander verbunden. Gekämpft wurde nackt, mit bloßen Händen auf lockerem Sand, bis jemand K.o.- ging, aufgab oder durch seine Verletzungen starb. Es gab zwar Schiedsrichter, aber keine Gewichtsklassen. 394 n. Chr. wurden die Olympischen Spiele durch Kaiser Theodosius verboten. Das bedeutete auch das vorzeitige Ende für den Pankration.
Vom Pankration zum MMA
Nach dem Verbot des Pankration dauerte es bis 1969, bis eine ähnliche Sportart wieder populär wurde: Mixed Martial Arts. Der Amerikaner Jim Arvanitis zählt heute zum Gründer des "Free Fights" oder Vale tudo - den Vorläufern des MMA.
Anfang der 90er Jahre wurden die Kämpfe noch mit organisierten Straßenkämpfen verglichen. 1993 fand in Denver, Colorado (USA) die erste Ultimate Fighting Championship (UFC) statt. Gesucht wurde dabei die effektivste Kampfsportart. Gekämpft wird seitdem in einem achteckigen Käfig, dem sogenannten Oktagon. Erst nach und nach kamen Regeln und weitere Vorschriften hinzu. 1999 veranstalteten die Brüder Michael und Gerhard Ettl in Graz die erste österreichische MMA-Veranstaltung. Die amerikanischen Medien nutzten in den Anfängen die Brutalität, um Aufsehen zu erregen und die Bekanntheit von MMA zu steigern, was zum Verbot von UFC Übertragungen in den meisten Ländern und einem schlechten Image der Sportart führte.
Seitdem ist der Sport im Wandel: Mehr Gewichtsklassen, verpflichtende Medizinchecks, geregelte Events mit Ärzten vor Ort, ein ordentliches und strenges Regelwerk, Dopingkontrollen und Schiedsrichter, die sofort den Kampf abbrechen, wenn sich ein Kämpfer nicht mehr selbst verteidigen kann.