Nikola Bilyk, oder: Die Leiden eines Champions-League-Siegers
Seit mehr als einem halben Jahr hat Nikola Bilyk kein Handball-Spiel bestritten, und dennoch spricht Österreichs Teamkapitän von einem „sehr erfolgreichen Jahr auf allen Ebenen“. Jedenfalls ist es das schmerzhafteste und gleichzeitig wohl auch das kurioseste Jahr im Sportlerleben des 24-jährigen Wieners.
Die Handball-WM, die Österreichs Team Mittwochabend mit einer 33:37-Niederlage gegen Tunesien im „Endspiel“ um den President’s Cup auf Endrang 26 abschloss, sah Bilyk vor dem Fernseher. Ein Kreuzbandriss während der Saisonvorbereitung im Sommer hatte einige Träume zunichte gemacht, viele Ziele verschoben.
Dennoch steht auf seiner Visitenkarte seit einigen Wochen Champions-League-Sieger. Ende Dezember sicherte sich sein Klub THW Kiel die Trophäe im wichtigsten Klubbewerb, Bilyk saß beim Finalturnier in Köln zumindest auf der (leeren) Tribüne. „Es ist das Schlimmste, was einem Sportler passieren kann“, sagt der Rückraumspieler im Gespräch mit dem KURIER.
Nicht unerheblich ist dennoch sein Anteil am Kieler Erfolg in der Königsklasse. Auf dem Weg zum Finalturnier, dass wegen der Corona-Pandemie vom Mai in den Dezember verschoben wurde, war Bilyk mit mehr als 50 Treffern mitverantwortlich für den Vorrundensieg, der das Ticket für das Halbfinale bedeutete. „Jeder, der weiß, was Mannschaftssport ausmacht, sieht mich wohl auch als Champions-League-Sieger“, sagt er und fügt dennoch an: „Für mich selbst fühlt es sich dennoch etwas anders an.“
Bereits dem Gewinn der deutschen Meisterschaft im Frühjahr 2020 war kein Freudenfest gefolgt. Der Titel wurde auf dem grünen Tisch vergeben, nachdem die Saison im ersten Lockdown abgebrochen (und nicht mehr fortgesetzt) worden war. „Es war alles ein bisschen seltsam“, sagt Bilyk, der aktuell seine Rehabilitation beim Knie-Spezialisten Christian Fink in Innsbruck abschließt.
Zum WM-Abschneiden seiner Landsleute sagt Bilyk: „Das Out in der Vorrunde war natürlich ein Rückschlag. Wir haben uns womöglich zu sehr auf den Gegner konzentriert und zu wenig darauf, was wir spielen können und wollen.“ Vor dem Auftreten im President’s Cup, eine Art Trostbewerb für alle Ausgeschiedenen, müsse man aber den Hut ziehen: „Es erfordert Charakter, in so einem Bewerb die Motivation aufrecht zu erhalten.“
Mit diesen und anderen Ratschlägen an das Team in Ägypten hielt sich Nikola Bilyk bewusst zurück: „Ich weiß nur zu gut, wie nervig das sein kann, wenn jemand von außen alles besser weiß.“