Sport/Fußball

Rubiales nach Kuss: "Es geht nicht um das Geschlecht"

Im spanischen Kuss-Skandal hat das oberste Sportgericht (TAD) ein Verfahren gegen den spanischen Fußball-Verbandschef Luis Rubiales wegen eines "schweren Fehlverhaltens" eingeleitet. Das berichteten der staatliche TV-Sender RTVE und andere Medien übereinstimmend. Zuvor hatte sich FIFA-Präsident Gianni Infantino erstmals zur Causa geäußert. "Das hätte niemals passieren dürfen", schrieb der 53-Jährige am Donnerstag auf Instagram mit Blick auf den Vorfall nach dem WM-Finale.

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Eine Suspendierung durch die Sportbehörde (CSD) wäre aber nur möglich gewesen, wenn das Gericht das Verfahren wegen eines "sehr schweren" Fehlverhaltens zugelassen hätte. Sollte der TAD Rubiales für schuldig befinden, könnte er wegen des nur "schweren" Fehlverhaltens auch nur für zwei Jahre gesperrt werden.

Keine Toleranz für mangelnden Respekt

Sportminister Miquel Iceta bedauerte, dass der CSD Rubiales nicht mehr direkt suspendieren könne. Allerdings werde die Sportbehörde nun beim Tad beantragen, dass das Gericht den Sportboss für die Dauer des Verfahrens suspendiere, sagte Iceta in einer ersten Reaktion auf die Entscheidung der Richter in Barcelona. Diese Möglichkeit sei gesetzlich vorgesehen. "Wir werden mangelnden Respekt vor den Rechten von Frauen nicht tolerieren", sagte Iceta.

Sein Amt ausüben kann Rubiales zunächst ohnehin nicht, weil der Fußball-Weltverband (FIFA) vergangenen Samstag schon ein Disziplinarverfahren gegen ihn eröffnet und den 46-Jährigen für zunächst 90 Tage suspendiert hat. Der RFEF wird derzeit von Interimspräsident Pedro Rocha geleitet. Auch der Verband fordert Rubiales' Rücktritt.

Fuhrmann: "Absolut inakzeptabel"

Das Thema war auch am Freitag bei der ÖFB-Kaderbekanntgabe neuerlich Thema. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nach diesem absolut inakzeptablen Vorfall in der Position bleiben kann", betonte ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann.

Und Bernhard Neuhold, Geschäftsführer der ÖFB-Wirtschaftsbetriebe, ergänzte: "Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis es hier zu einem Rücktritt kommen wird." Rubiales hat das jedenfalls bisher abgelehnt und bekräftigte das auch am Freitagabend.

Rubiales: "Es geht nicht um das Geschlecht"

In einer in der Zeitung El Mundo veröffentlichten Erklärung verlautete er, er werde sich weiterhin verteidigen, um die "Wahrheit zu beweisen". Er wolle eine Botschaft an "alle guten Menschen in unserem Land und über unsere Grenzen hinaus senden, einschließlich der Frauen, die wirklich angegriffen wurden und die meine volle Unterstützung und Verständnis haben: Hier geht es nicht um das Geschlecht, es geht um die Wahrheit". Er sei besorgt, dass einige von denen, die die Gewaltenteilung in unserem Land wahren sollten, Partei ergreifen und Druck auf mich ausüben, statt sich herauszuhalten und die Justiz mit allen Garantien walten zu lassen."

Rubiales hatte bei der Siegerehrung nach dem von Spanien gewonnenen WM-Finale in Sydney am 20. August die Spielerin Jennifer Hermoso auf den Mund geküsst. Er beteuert, der Kuss sei in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt. Hermoso hatte nach dem Vorfall aber erklärt, sie habe sich "als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe".

"Feierlichkeiten verdorben"

Infantino meinte, dass durch die Aktion die Feierlichkeiten verdorben worden seien. Aber es sei passiert und die Disziplinarorgane der FIFA hätten sofort die notwendigen Maßnahmen ergriffen. "Die Disziplinarverfahren werden ihren rechtmäßigen Lauf nehmen", schrieb Infantino, der nach dem Finale bei der Pokal-Übergabe dabei war.

Die FIFA solle sich weiterhin darauf konzentrieren, wie Frauen und der Frauenfußball in Zukunft weiter unterstützt werden könnten - sowohl auf als auch neben dem Spielfeld. "Wir sollten die wahren Werte hochhalten und die Spielerinnen als Personen sowie für ihre fantastischen Leistungen respektieren." Infantino bezeichnete die WM als beste und größte Frauen-WM der Geschichte und gratulierte den Spanierinnen zum Titel.

"Ich wurde zurecht kritisiert"

Der Trainer der spanischen Männer-Nationalmannschaft, Luis de la Fuente, entschuldigte sich indes für seinen Beifall während der umstrittenen Rede von Rubiales. "Ich bin dafür scharf kritisiert worden. Ich denke, das war völlig berechtigt. Ich bedauere das und entschuldige mich dafür", sagte der 62-Jährige am Freitag in Madrid. Einen Rücktritt lehnte De la Fuente jedoch ab.

Er habe wie viele andere Teilnehmer der außerordentlichen RFEF-Generalversammlung am Freitag vergangener Woche gedacht, an "einer formellen Abschiedszeremonie für den Präsidenten" teilzunehmen. Doch Rubiales erklärte wider Erwarten nicht seinen Rücktritt, sondern heizte den Skandal mit Angriffen auf die Regierung, Medien, Fußballerinnen und einem "falschen Feminismus" zusätzlich an. "Davon wurden wir überrascht und darauf waren wir nicht vorbereitet", sagte De la Fuente. Er sei von der Situation völlig überfordert gewesen.