Sport/Fußball

Kantersieg im Gedenken an den ermordeten Ex-ÖFB-Spieler Kahraman

Freitagabend in Wien Simmering, nur einen Tormannausschuss entfernt von der Hasenleiten-Siedlung, wo Herbert Prohaska aufgewachsen war: Vor kaum 80 Augenzeugen – Spieler, Schiri und Betreuer miteinbezogen – wird die Frühjahrssaison in der zweite Wiener Stadtliga mit einer Trauerminute für Volkan Kahraman eingeleitet.

Kahraman hatte drei Mal mit seinen Dribblings Österreichs Nationalteam bereichert. U. a. beim 2:0-Sieg gegen Weißrussland in Minsk, wo er im Oktober 2002 vom damaligen Teamchef Hans Krankl erst sieben Minuten Schluss gegen Andreas Herzog ausgewechselt worden war.

Kahraman hatte, ausgebildet bei der Wiener Austria, als Supertalent gegolten. Und bald als Wandervogel. Nicht weniger als 21 Vereine, bei denen er Spieler und Trainer war, standen auf seiner Visitkarte. Ostbahn XI sollte seine allerletzte Station gewesen sein.

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Am Vormittag des 8. Februar wurde der 43 Jahre alte Kahraman vor seinem Simmeringer Stammcafé hingerichtet. Erschossen von seinem vermeintlich besten, drei Jahre älteren Freund. Eifersucht soll das Motiv für die Bluttat gewesen sein.

Wie Volkan Kahraman hatte auch der Mann, der sich danach selbst erschoss, türkische Wurzeln. Und wie der (als Bezirkspolitiker um Integration bemüht gewesene) Ex-Internationale Kahraman hatte sich auch der Täter für Ostbahn XI engagiert. Letzterer als Sponsor. Das Firmenlogo von dessen Installationsbetrieb ziert noch die Werbebande auf dem Ostbahn-Platz.

Unzählige Stunden, erzählt man in der Kantine, hätten die beiden miteinander ebendort verbracht. Freitagabend bei SV Ostbahn XI – KSV Siemens ist sie fast leer. Wen reizt schon ein Match zwischen dem Letzten und Drittletzten, selbst wenn eine Karte nur 8 Euro bzw 5 für Pensionisten kostet.

Im Sommer 2022 löste Ostbahn, ehe sich Kahraman als Sportchef zurückzog, den Nachwuchs bis hinab zur U 13 auf. Nicht weil es an Spielern, sondern weils an Funktionären fehlt. Symptomatisch fürs Wiener Fußball- Unterhaus. Kleine Ballkünstler (mehrheitlich mit Migrationshintergrund) gäbe es genug.

Das Nachzügler-Derby, bei dem die Ostbahn-Kicker Trauerflor tragen, wird keinesfalls zum Trauerspiel. Im fahlen Flutlicht glänzen sie auf Kunstrasen mit Kunststückerln, die man in der fünften Leistungsstufe nicht erwartet hätte. Zudem leistet sich keiner der türkisch stämmigen Ostbahner eine Entgleisung. Keinem muss beim 5:0 gegen Siemens die gelbe Karte gezeigt werden.

Trotz des Kantersieges kommt Ostbahn XI nicht vom letzten Tabellenrang weg, ist der Fortbestand von Herbert Prohaskas Stammklub ungewiss. Die für 11. Februar anberaumt gewesene Generalversammlung, bei der die Weichen für die Ostbahn-Zukunft gestellt werden sollten, wurde verschoben. Weil sich die Vereinsverantwortlichen zu den Trauerfeierlichkeiten in die Türkei begaben. Dort ist der in Wien geborene Kahraman mittlerweile beigesetzt worden.