Noch unentdeckt: Der Kaukasus ist jetzt im Kommen
Kühe. Überall Kühe, die mitten im georgischen Dorf spazieren gehen und damit den Verkehr zum Erliegen bringen. Erst als die Tiere gemächlich an uns vorbei sind, geht es weiter. Die Straße führt in die ehemalige Hauptstadt Mzcheta, wo wir die legendenumwobene Swetizchoweli-Kathedrale , bei deren Erbauung ein Engel geholfen haben soll, bewundern. Die „Kathedrale der lebensspendenden Säule“ steht unter Unesco-Schutz und beheimatet prachtvolle Fresken, zwar heute nicht mehr im originalen Zustand, aber trotzdem sehenswert.
Hier ticken die Uhren noch anders, selbst auf der Autobahn Richtung Tiflis grasen Kühe unbeeindruckt und unbehelligt von vorbeirasenden Autos am Trennstreifen.
Kulturenmix
Kuhfrei zeigt sich allerdings die Altstadt von Tiflis, in der schon viele Kulturen ihre Spuren hinterlassen haben. Der Knotenpunkt für den Handel war früher heiß umkämpft. Perser, Türken und Russen haben die Hauptstadt erobert, besonders spannend ist die Architektur, weil die Stadt seit der Invasion der Perser 1795 kaum zerstört wurde. Die Bauten reichen von Klassizismus, Osmanischem Barock bis zum Jugendstil. Ein Blick in die Seitengassen zeigt aber: Obwohl seit 2003 besonders auf Denkmalpflege geachtet wird, droht einigen Gebäuden der Verfall.
Beeindruckend ist der Blick von oben. Mit der Standseilbahn gelangen wir auf den Berg Mtazminda. Da wirkt es fast so, als würden sich die Städteplaner denken: Eh schon wurscht. Denn zwischen den wunderschönen alten Palästen und Kirchen verschiedenster Stile befinden sich immer wieder moderne Glasklötze, die nicht so recht ins Bild passen wollen. Vielleicht in 100 Jahren dann.
Die Stadt hat sich auf Hügeln und entlang des Flusses Kura ausgebreitet. Wir spazieren wieder runter. Durch das Schwefelbäderviertel mit seinen heißen Quellen und osmanischen Badehäusern. Streifen durch enge Gässchen mit netten Lokalen und schönem Handwerk. Bei einem Teppichhändler soll schon Sharon Stone gekauft haben. Gerade als Guide Irina vom Puppentheater Teatro Rezo Gabriadze erzählt, hält sie inne. Drüben vor dem Eingang steht der Meister persönlich: Rewas Gabriadse. Der betagte Regisseur und Theatergründer erzählt vom Stück, das er am Vortag in Frankreich aufgeführt hat und beklagt den Verlust seiner Jugend.
In der Erekle-II-Straße, eine Lokalmeile, können wir uns gar nicht entscheiden wo wir uns setzen. Tafeln mit lustigen Sprüchen locken zur Einkehr. Auf einem steht: Rette die Erde, sie ist der einzige Planet mit Wein. Der hat in Georgien einen besonderen Stellenwert, gilt das Land doch als Wiege des Weins. Der Geschmack des in Tonkrügen gereiften Unesco-geschützten Traubensafts ist allerdings gewöhnungsbedürftig.
Nicht so das Essen. Das ist fantastisch. Aber immer viel zu viel. Deftiges wird serviert, bis sich die Tische biegen. Irina bestellt für uns einmal die Speisekarte rauf und runter und wir probieren uns durch alle Köstlichkeiten. Brot darf nie fehlen.
Nachtexpress nach Baku
Am Abend steigen wir in den Nachtzug nach Baku und fühlen uns wie auf Landschulwoche. Die Zugschaffnerin ist beim Einsteigen streng wie eine Lehrerin. Nach der Ausreise aus Georgien und der Einreise in Aserbaidschan, verliert sie ihre Anspannung und lacht mit uns. In manchen Abteilen wird Kabinenparty gefeiert. Die Zweier-Abteile der ersten Klasse sind komfortabler als gedacht. Obwohl wir nicht damit gerechnet haben, bekommen wir doch einige Stunden Schlaf bevor wir in der Früh die größte Stadt im Kaukasus erreichen. Drei Millionen Menschen leben in Baku, rechnet man pendelnde Studenten und Arbeiter dazu, befindet sich halb Aserbaidschan (10 Mio. Ew.) in der Hauptstadt.
Die Stadt hat seit dem Eurovision Song Contest 2012 stark an Infrastruktur gewonnen, erzählt Rashid, unser Guide. Seit 2016 steht sie auch durch die Formel 1 im Fokus. Der Stadtkurs führt durch die Innenstadt, um die historische Altstadt und entlang Sehenswürdigkeiten wie dem Jungfrauenturm und der Uferpromenade. Eine gute Strecke zum Sightseeing also. Innerhalb der alten Stadtmauer treffen wir auf streunende Katzen, denen oft Futter ausgelegt wird. Händler bieten Teppiche und Kunsthandwerk am Straßenrand feil und hinter manchen Eingangstoren verstecken sich architektonische Juwele: Karawansereien. Sie dienten durchziehenden Händlern früher als Unterkunft, heute findet man in den Innenhöfen Shops und Lokale.
Brautschau im Badehaus
Und dann sind da noch die Badehäuser. Die wichtigsten Orte zur Brautschau, wie Rashid schmunzelnd erzählt. Hier suchen Mütter nach geeigneten Frauen für ihre Söhne . Denn nur hier gibt es einen unverhüllten Blick auf die potenzielle Braut.
Faszinierend ist der Kontrast der gut erhaltenen Altstadt und den modernen neuen Gebäuden. Wie den Flame Towers oder dem Heydar-Aliyev-Zentrum. Ein beeindruckendes Museum, unverkennbar von der irakisch-britischen Architektin Zaha Hadid geplant. Keinesfalls sollte es ausgelassen werden .
Über Heydar Aliyev stolpern wir in der ganzen Stadt. Dem ehemaligen Präsidenten wurden viele Denkmäler gesetzt, auch der Flughafen wurde nach ihm benannt.
Bevor wir unsere Heimreise von dort starten, lassen wir viel pittoreske Landschaft mit grasenden Schafen an uns vorbei ziehen und besuchen Gabala. Die Ruinen der alten Hauptstadt des antiken Königreiches Albania aus dem 4. Jahrhundert vor Christus sind nicht nur für Archäologie-Fans interessant.
Zu wenig Zeit bleibt, näher in diese spannende und für uns unbekannte Kultur einzutauchen. Macht aber nichts, der Kaukasus sieht uns sowieso wieder.
Info
Anreise
Aeroflot fliegt täglich 4x zwischen Moskau und Wien, Tiflis und Baku werden ab/bis Moskau 2x tägl. angeflogen. Tickets gibt es im Verkaufsbüro am Opernring 1, am Aeroflot Schalter am Flughafen Schwechat oder unter www.aeroflot.ru
– Georgian Airways und Austrian fliegen 2x/ Woche direkt nach Tiflis.
Einreise kein Visum für Georgien nötig, für Aserbaidschan muss spätestens 2 Wochen vor Abreise ein E-Visum (65 US-$) beantragt werden. http://evisa.co.az
Reisezeit Die Region ist mit Ausnahme des Winters immer gut bereisbar, April bis Juni, September, Oktober sind die besten Reisezeiten.
Währung/Preisniveau Georgien und Aserbaidschan sind keine Billig-Reise-Länder, Preisniveau ähnlich wie in Europa.
1 € = ca. 3 Georgische Lari
1 € = ca. 2 Aserbaidschan Manat
Essen und Trinken Die georgische Küche gilt als eine der besten der Welt. Unbedingt Probieren: Chinkali (gefüllte Teigtaschen), Chatschapuri (gebackene Käsefladen), Tschurtschchela (Walnuss- Traubensaftkonfekt). Auch die fleischlastigen Hauptspeisen (Schwein, Rind, Hammel) sind hervorragend. Das Land ist als Ursprung des Weins bekannt.
In Aserbaidschan wird viel Lamm gegessen, aber auch guter Fisch kredenzt. Köstlich ist auch das eingelegte Gemüse beider Küchen.
– Savala Weingut in Gabala: Besichtigung und Verkostung empfehlenswert. aspiwinery.az
Nachtzug Tiflis-Baku Abgesehen von den mitternächtlichen Passkontrollen ist die1. Klasse-Fahrt im 2-Bett-Abteil bequem. Reisepass schon beim Ticketkauf nötig.
Angebot 11-tägige Rundreise Transkaukasus durch Armenien, Georgien und Aserbaidschan ab/bis Wien ab 1790 €/P. Termine 2018: 17.–27.7.; 14.–24.8. und 4.–14.9.
Buchung: Tai Pan 1130 Wien, Hetzendorferstraße 191, Tel: 01/90 229 999 (täglich 9 – 20 Uhr) office@taipan.at, taipan.at/s/arm2, sowie in allen ÖAMTC-Filialen.