Leben/Reise

Im Ländle am Gipfel der Wanderlust

Dass im Bregenzerwald gleich viele Kühe leben wie Menschen (30.000), macht sich prompt an einem Sonntag im Hochsommer bemerkbar. Niemand weit und breit in Schnepfau, den man nach einer Einkehrmöglichkeit fragen kann. Dafür lockt vor dem Eingang einer Sennerei ein großer Kühlschrank, aus dem man sich auch außerhalb der Öffnungszeiten bedienen kann. Feinster Bergkäse – drei, sechs oder zehn Monate gereift.

Die Bezahlung erfolgt über einen Briefkasten und setzt ein gewisses Grundvertrauen in den Menschen voraus. Nicht die schlechteste Basis für das Miteinander. Wer das nun naiv oder gar weltfremd nennt, dem sei eine Reise in den Bregenzerwald ans Herz gelegt. Wien, Linz oder Graz wirken hier ewig weit weg, und selbst das nahe Dornbirn fühlt sich ferner an, als es die zwanzig flotten Autominuten vermuten lassen.

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Kitschig

Im Bregenzerwald gibt es vor allem eines: Raum. Natur und Geschichte waren gütig zu der Landschaft im Nordosten Vorarlbergs, eine Enge ist trotz der massiven Bergwelt nicht zu spüren. Überall breiten sich vor einem Wiesen aus, die mühelos als kitschigste Heidi-Filmkulissen durchgehen.

Die beste Art den Bregenzerwald zu erkunden, ist daher zu Fuß. Das haben sich auch die Verantwortlichen des Tourismusverbandes gedacht, sie locken seit einiger Zeit Wanderer in die kleinen Ortschaften.

Zu gehen und zu sehen gibt’s ja einiges. Da der Wanderer von heute längst nicht mehr nur mit einer passablen Route samt Brettljause und Hochprozentigem zufrieden ist, haben die Bregenzerwälder drei All-inclusive-Themen-Wanderreisen kreiert: den Wasserweg entlang der Bregenzerache, den Käseweg sowie den Architekturweg.

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Letzterer soll all jene über (oder durch) den Arlberg bringen, die nicht nur die Natur schätzen, sondern auch die Verarbeitung des Rohstoffes Nummer eins in der Region: Holz. Die regionalen Handwerksbetriebe sind weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt – ebenso wie die kleinen Holzschindeln, die im gesamten Bregenzerwald Fassaden und Dächer zieren.

Umwege auf der Route sind nicht nötig, um die zeitlose wie funktionelle Architektonik zu bestaunen. Es reicht der Blick nach links oder rechts. Dieses Erkunden erfordert mitunter eine psychische Stabilität. Wer sich aus den Stahlbetonwänden seiner Zwei-Zimmer-Wohnung aufgemacht hat, kann beim Anblick eines Kuhstalls aus Vollholz und Glas neidisch werden.

Kunstvoll

Zelebriert wird diese Handwerkstradition im Werkraum Bregenzerwald, ein(e) Schauraum/Museum/Erlebniswelt/ Kantine in Andelsbuch. Wer dort müde ankommt, kann sich den Weitermarsch ersparen, indem er den nostalgischen Sessellift zum Gipfel nimmt. Von hoch oben führt die moderne Seilbahn weiter nach Bezau.

Das Gute an den drei bis sechsstündigen Tagestouren ist, dass sie individuell gestaltbar sind. Die rot ausgeschilderten Wege führen durch Wälder (wer beim Arbeitsweg zur Straßenbahn außer Atem kommt, sollte noch trainieren); die gelben Routen nennen die Einheimischen Spazierwege. Wer dennoch irgendwann genug haben sollte, nimmt den Landbus.

Dort zugestiegen, lässt sich auch einiges erfahren. Etwa, dass der hitverdächtige Heimweg von Mellau bis Schoppernau bei Nacht ein ordentlicher Hatscher ist (Wer das Dialektlied aus dem Jahr 2010 nicht kennt oder vergessen hat, googelt „ Vo Mello bis ge Schoppornou“ – und schmunzelt).

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Anreise & Leistungen Individuell entweder mit dem Pkw oder stressfreier mit dem  Zug nach Bregenz oder Dornbirn.  Von den Bahnhöfen wird von Anbieter Bregenzerwald Tourismus der Weitertransfer organisiert. Inkludiert sind: Fünf Übernachtungen mit Halbpension in ausgewählten 3*- und 4*-Hotels, der Gepäcktransport von Hotel zu Hotel, Wanderkarten, Ortspläne
sowie die Bregenzerwald Gäste-Card (Regional-Busse, Seilbahnen, Freibäder sind damit gratis).

Preise  & Ausrüstung Den Architekturwanderweg gibt es je nach Hotelkategorie pro Person ab 679 € im Doppelzimmer. Termine: 1. Mai bis 31. Oktober. Mitzubringen sind in jedem Fall ein Wanderrucksack, festes Schuhwerk sowie Regensachen.

Kulinarik & Hoteltipps  Wer sich nach dem Wandertag nach Erholung sehnt, der ist im  Susanne Kaufmann Spa im Hotel Post Bezau richtig, www.hotelpostbezau.com
– Ein Highlight ist das Fünf-Gang-Dinner im Zwei-Hauben-Restaurant des Hotel Krone in Au, www.krone-au.at
– Die beste Aussicht gibt’s von der Terrasse der Hotel-Pension Wälderhof www.waelderhof.com
– Zum Einkehren lohnt mittags (Dienstag bis Samstag) die Kantine des Werkraum Bregenzerwald in Andelsbuch. Für 9,50 € gibt es hier nicht nur   ein  solides Mittagessen, sondern auch spannende Kontakte zu lokalen Handwerkern, die hier ihre Mittagspause verbringen.

Auskunft Bregenzerwald Tourismus Tel. 05512-2365  www.bregenzerwald.at