Politik/Inland

Sebastian Kurz: "Es gibt nur drei Gründe, hinauszugehen"

KURIER: Wann haben Sie zuletzt jemandem die Hand gegeben?

Sebastian Kurz: Es ist gefühlt sehr lange her, dass ich jemandem die Hand gegeben habe. So stark die Umstellung ist: Jeder soziale Kontakt ist ein Risiko. Nicht nur für einen selbst, sondern für jedes Familienmitglied, vor allem die Eltern- und Großelterngeneration. Es gibt aber immer noch Menschen, die das Ausmaß der Gefahr, die uns bevorsteht, nicht erkannt haben.

Definieren Sie „ Ausmaß“!

Das Virus wird Krankheit, Leid und Tod für viele Menschen in unserem Land bedeuten. Wir müssen Österreich ab Montag gut vorbereitet auf Notbetrieb herunterfahren.

Sind noch drastischere Maßnahmen als die bisher bekannten denkbar?

Alle Menschen ins unserem Land sind ein Team. Jeder in diesem Team muss seinen Beitrag leisten. Für manche bedeutet das, besonders hart zu arbeiten. Über die eigene Leistungsfähigkeit hinaus zu arbeiten. Für die Masse der Menschen bedeutet das Einschränkungen, Verzicht – eine Reduktion auf das Notwendigste, denn Fakt ist: Jeder einzelne kann den wichtigsten Beitrag leisten. Wir werden alle Maßnahmen setzen, die möglich sind, um die Ausbreitung des Virus’ zu verhindern.

Ab Montag haben Schulen geschlossen. Welches Freizeitprogramm können Eltern mit Kindern machen?

Keines. Wir müssen Österreich auf den Notbetrieb reduzieren. Nicht auf Dauer, aber für einige Wochen, damit wir nach Ostern wirtschaftlich, gesellschaftlich und sozial wieder auferstehen können. Das bedeutet für die nächste Zeit: Bleiben Sie zu Hause. Es gibt nur drei Gründe hinauszugehen.

Welche Gründe sind das?

Erstens die Arbeit oder der unaufschiebbare Dienst von Gesundheitspersonal, der Polizei und Menschen im Lebensmittelhandel. Zweitens: Notwendige Besorgungen. Und Drittens: Andere Menschen zu unterstützen, die sich nicht selbst helfen können. Darüber hinaus gibt es keinen Grund, das Haus zu verlassen. Das heißt: Bleiben Sie auf Distanz! Nicht weil wir unsere Mitmenschen nicht gerne haben, sondern gerade deshalb, weil wir sie gerne haben.

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Hat Österreich zu spät auf das Coronavirus reagiert?

Je früher man drastische Maßnahmen setzt, desto besser ist es. Wir sind sicherlich unter den drei Ländern in Europa, die am schnellsten reagieren. Meine Sorge ist, dass es immer noch einige Menschen gibt, die zu wenig Bewusstsein für die Dramatik der Situation haben.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Parteien?

Wir arbeiten gut zusammen mit dem Einsatzstab und den Oppositionsparteien. Es ist eine Phase, wo es um Österreich geht und Parteigrenzen keine Rolle spielen dürfen. Mein Dank gilt jetzt vor allem jenen Menschen, die im Lebensmittelhandel, in Apotheken und im Gesundheits- und Sicherheitsbereich die Grundversorgung Österreichs sicherstellen.

Haben Sie als Kanzler einen Notfallplan für die Regierung?

Es gibt natürlich Notfallpläne. Die Regierung und der Einsatzstab können die Arbeit von hier im Bundeskanzleramt aus isoliert machen. Wir sind voll handlungsfähig.

Verfügt Österreich überhaupt über ausreichend Tests?

Wir arbeiten unter Hochdruck daran, Schnelltests zu bekommen, mit denen wir dann viel mehr Menschen testen können.

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