Politik/Inland

Pflegerinnen: Erster Sonderzug aus Rumänien fährt ab

Nach wochenlangem Ringen soll heute, Sonntagabend, der erste Korridorzug mit Pflegepersonal aus Rumänien abfahren. Rund 100 rumänische Betreuerinnen werden mit dem Nachtzug aus Timisoara (Temesvar) durch Ungarn nach Österreich transportiert, wie die Wirtschaftskammer der APA mitteilte. Ihre Ankunft ist am Montag in der Früh am Bahnhof des Flughafens Wien-Schwechat geplant.

Weiterer Zug am Donnerstag

Die ersten angekommenen Pfleger und Pflegerinnen sind für Wien, Niederösterreich und das Burgenland vorgesehen. Ein weiterer Zug auch für andere Bundesländer folgt laut Plan am Donnerstag. Österreichweit sind rund 33.000 Personen auf eine 24-Stunden-Betreuung angewiesen. Mehr als 60.000 Menschen sind in der Rund-um-die-Uhr-Pflege tätig, ein Großteil davon kommt aus Rumänien.

Europaministerin Karoline Edtstadler hatte am Donnerstagabend die Zustimmung Bukarests zum Pflege-Korridorzug verkündet. Der ersten Ankündigung Edtstadlers vom 23. April bezüglich eines ersten Sonderzugs am 2. Mai hatte der rumänische Transportsportminister Lucian Bode noch widersprochen. Bode hatte damals gesagt, dass es „keinerlei Vereinbarung auf Regierungsebene“ gebe. Die daraufhin von der Opposition mit Häme überschüttete ÖVP-Ministerin verwies auf eine Einigung mit dem rumänischen Innenministerium und verhandelte mit dem Transportministerium weiter.

Ungarn als Hürde

Hürden für die Einrichtung der Zugverbindung waren etwa der bis zum 15. Mai geltende Notstand in Rumänien sowie die strengen Grenzregelungen in Ungarn. Das Land Niederösterreich hatte in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Pflegekräfte einfliegen lassen. 231 vorwiegend Frauen aus Rumänien und Bulgarien landeten Ende März in Wien-Schwechat.
Auch der Zugkorridor aus Rumänien wurde von der Wirtschaftskammer organisiert, in Kooperation mit den ÖBB. Wie der Obmann des Fachverbands der Personenbetreuer in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) Andreas Herz mitteilte, stehen die notwendigen Informationen auf der Internetseite www.daheimbetreut.at zur Verfügung. „Konkret können Buchungen unter Personenbetreuung-zug@btu.at sowohl von Agenturen als auch von Familien ohne Agenturen vorgenommen werden“, so Herz.

Sechs Züge geplant

Geplant sind vorerst sechs Züge: am 10. Mai (Timisoara-Wien), am 12. Mai (Wien-Timisoara) und am 13. Mai (Timisoara-Wien) sowie weitere Verbindungen am 20. Mai, 24. Mai und 27. Mai. In jedem Zug gebe es 300 buchbare Plätze für Vermittlungsagenturen und 50 Plätze für Privatpersonen. Es dürfen nur Personenbetreuerinnen mit aufrechter Gewerbeberechtigung mitfahren.

Corona-Tests im Hotel

Die Züge seien über Nacht unterwegs, wobei in jedem Liegewagenabteil vier Personen untergebracht werden. Somit bleiben zwei Liegen pro Abteil frei. Noch in Rumänien soll den Passagieren Fieber gemessen werden. Nach der Ankunft in Wien-Schwechat werden die Betreuerinnen und Betreuer in ein Hotel am Flughafen gebracht, wo Coronavirus-Tests gemacht werden. Alle negativ Getesteten können dann von den Agenturen oder Familien abgeholt werden. Bei einem positiven Corona-Test müssen die betreffende Person und die drei anderen Abteilinsassen in eine 14-tägige Quarantäne im Hotel.

Quarantänekosten offen

Die Fahrt kostet 100 Euro, der Test 105 Euro sowie die Unterbringung im Hotel 74 Euro für eine Nacht. Die Kosten übernehmen die Agenturen und Familien. Die Wirtschaftskammer und einige Bundesländer beteiligen sich. So etwa die Steiermark oder das Burgenland.
Für das Burgenland sei der Pflege-Korridorzug ein „sehr wichtiger Schritt“, betonte Soziallandesrat Christian Illedits (SPÖ) auf APA-Anfrage. 50 Prozent der 24-Stunden-Betreuerinnen würden aus Rumänien kommen, weshalb die rumänischen Pflegekräfte für die Aufrechterhaltung der Betreuungsversorgung wichtig seien. Das Land Burgenland habe bereits seine Zustimmung gegeben, die Familien durch eine Kostenbeteiligung zu unterstützen.
Eine offene Frage ist für ihn allerdings, wer die Unterbringung im Fall einer Quarantäne bezahle, sagte Illedits. „Dem Informationsschreiben zufolge müssen diese Kosten vom Besteller - also der Agentur oder den Familien - beglichen werden.“ Das seien „enorme Kosten“. Hier müsse eine Lösung gefunden werden, die die Familien nicht belaste, forderte Illedits.

Wien, NÖ zahlen nicht

Das Bundesland Wien plant vorerst nicht, für die Kosten der vorübergehenden Unterbringung sowie Testung der nun eintreffenden Betreuungskräfte aufzukommen, hieß es aus dem Büro des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ) gegenüber der APA. Im Leistungsbereich der 24-Stunden-Pflege ist die Stadt laut eigenen Angaben nicht tätig, gemäß einer 15a-Vereinbarung sei das Sozialministerium zuständig. „Wenn der Sozialminister ein weitergehendes Engagement der Länder in diesem Bereich wünscht, ist Wien jedenfalls gesprächsbereit.“

Man habe auch bereits Personen, die nicht mehr auf 24-Stunden-Pflege zurückgreifen können, mit Leistungen aus der mobilen Pflege versorgt. Insgesamt 13.000 Pflegekräfte seien in der Bundeshauptstadt tätig, die sich um 6.000 Betroffene kümmern.

Auch Niederösterreich plant derzeit keine finanzielle Beteiligung an den Kosten. Bei der niederösterreichischen Pflegehotline werde im Bereich der 24-Stunden-Betreuung aktuell kein Engpass bemerkt, teilte das Büro von Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) mit. Alle Anfragen könnten in Zusammenarbeit mit der zuständigen Wirtschaftskammer kurzfristig abgearbeitet werden.

Anspruch auf Bonus

Durch die im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie verhängten Reisebeschränkungen arbeiteten viele Betreuerinnen schon viel länger in Österreich als normalerweise. Pflegerinnen, die ihren Turnus in Österreich freiwillig um vier Wochen verlängerten und nicht zu ihren Familien nach Hause fuhren, haben Anspruch auf einen Bonus in Höhe von 500 Euro.

Die Betreuerinnen können außerdem beim österreichischen Härtefallfonds um Unterstützung ansuchen. Voraussetzung ist, dass sie ein österreichisches Konto und eine Steuernummer in Österreich haben. Die Grüne Pflegesprecherin Bedrana Ribo sieht in diesen Bedingungen „unnötige Hürden“. Auch über die Indexierung der Familienbeihilfe, also die Kürzung für im Ausland lebende Kinder von Pflegekräften aus Mittel- und Osteuropa, wurde im Zusammenhang mit einem drohenden Pflegenotstand diskutiert.