Politik/Inland

Pensionistinnen sollen Pflegenotstand abfedern

Die Coronapandemie hat das Loch in der Pflege noch weiter aufgerissen. Schätzungen zufolge haben 10 bis 15 Prozent der Pflegekräfte in den letzten Jahren den Beruf aufgrund von Überlastung verlassen.

Selbst wenn es Betten für die Pflegebedürftigen gibt, fehlt das Personal vielerorts. In Hallein, Salzburg, musste zuletzt etwa das halbe Seniorenheim - 68 der 144 Betten - gesperrt bleiben. Im Ö1-Morgenjournal spricht der Bürgermeister von Hallein, Alexander Stangassinger (SPÖ), von "dramatischen Szenen".

Walter Draxl, Direktor des AZW in Innsbruck, eines der größten Ausbildungszentren für Gesundheitsberufe in Österreich, spricht sich aufgrund des akuten Mangels dafür aus, Pensionistinnen und Pensionisten zurück in den Beruf zu holen: "Ich würde der Bundespolitik dringend raten, aus dem Topf der Pensionisten zu fischen." Ihnen müsste ein attraktives Angebot gemacht werden, "mit Sozialversicherungsbeiträge Richtung null und Lohnsteuererleichterungen."

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Arbeit muss planbarer werden

Elisabeth Rappold von der Gesundheit Österreich GmbH, dem bundeseigenen Forschungs- und Planungsinstitut für Gesundheitswesen, unterstützt die Forderungen des AZW-Direktors im Ö1-Morgenjournal: "Ich glaube, dass Menschen, die aus der Pension in den Beruf zurückkehren, andere Rahmenbedingungen vorfinden, als wenn sie einer beruflichen Tätigkeit nachgehen", so die Pflege-Expertin.

Eine große Herausforderung seien etwa ungeplante Dienste, "also dass man in der Freizeit angerufen wird. Ich denke, dass man das mit den Pensionistinnen anders regeln muss, damit sie überhaupt zurückkommen."

Steuerliche Anreize für Pensionistinnen und Pensionisten seien dafür jedenfalls notwendig. Denn: "Wenn ich einen Nachteil finanzieller Natur in der Pension erlebe, wenn ich arbeiten gehe, werde ich das natürlich nicht machen."

Job Rotations könnte Abhilfe schaffen

Als weitere kurzfristige Lösung bringt Rappold "Job Rotations" ins Spiel. Dabei wird ein interner Pool an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgebaut, "die auch gut bezahlt werden und dann flexibel eingesetzt werden können". Dadurch würde die Zahl der Beschäftigten zwar nicht steigen, "aber die Menschen, die sich bewusst für diese Art der Arbeit entscheiden, würden auch Vollzeit arbeiten". Denn: "Wenn alle Vollzeit arbeiten würden, könnte der Bedarf auch besser gedeckt werden."

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Pflegepersonal sei zudem von pflegefremden Tätigkeiten zu entlasten. "Das kann relativ schnell umgesetzt werden", erklärt Rappold und bezieht sich unter anderem auf hauswirtschaftliche oder logistische Tätigkeiten.

Den Pflegebedarf nur über den Nachwuchs zu decken, bezeichnet sie als "ein wenig verkürztes Denken": "Wenn alles so bleibt, wie es ist, und der Pflegebedarf so bleibt, wie er ist, wird sich das allein über den Nachwuchs nicht ausgehen." Man müsse auch in die Rahmenbedingungen investieren, damit "Menschen auch bis zur Pension in Vollzeit arbeiten". Auch der umfassende Einsatz von Pflegekräften aus Drittstaaten dauere - insbesondere aufgrund der Sprachkenntnisse.