Prozess leuchtet Grauzone der 24-Stunden-Pflege aus

Prozess leuchtet Grauzone der 24-Stunden-Pflege aus
116 Personen geschädigt, Schaden von 74.200 Euro großteils wieder gutgemacht

Er habe die Gesetzesänderung offenbar „nicht so ernst genommen, wie es sich gehört hätte“, versuchte der Zweitangeklagte am Dienstagvormittag im Landesgericht Eisenstadt zu erklären, warum er und seine Lebensgefährtin auf der Anklagebank gelandet sind. Die Staatsanwaltschaft warf der Geschäftsführerin einer Agentur für 24-Stunden-Pflege im Südburgenland und ihrem bis Anfang des Jahres für Steuern und Abgaben zuständigen Partner „schweren gewerbsmäßigen Betrug“ vor.

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Warum? Mit einer Gesetzesänderung per 1. Jänner 2017 wurden die Sozialversicherungsbeiträge für über 60-jährige Pflegerinnen halbiert. Die Agentur hob aber bis 2021 von den Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen weiterhin die alten, höheren Beiträge ein. Von einem Treuhandkonto der Agentur wurden die – neuen, niedrigeren – Beiträge dann zu den jeweiligen Stichtagen an die Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) abgeführt. Der Überschuss wurde mitunter vom Treuhand- auf ein Betriebsmittelkonto der Agentur transferiert. 116 Pflegebedürftige oder deren Angehörige wurden so um rund 74.200 Euro geschädigt.

Beide Angeklagten bekannten sich schuldig und entschuldigten sich für die „Fehler“. Zudem haben sie mittlerweile „rund 65.000 Euro zurückgezahlt“, wie ihr Anwalt Mirko Matkovits (Beck+Partner) betonte. Manche der Übervorteilten leben nicht mehr.

Nach kurzer Beratung mit den beiden Schöffen urteilte Richterin Karin Knöchl: Zehn Monate bedingt für beide, die Geschäftsführerin behält ihre Gewerbeberechtigung. Nicht rechtskräftig.

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