Kickl auf Demo in Kindberg: "Lasst euch kein schlechtes Gewissen machen"
Von Christian Böhmer
Drei Grad Celsius, zwischendurch dezent auffrischender Sprühregen: Die Witterung im obersteirischen Kindberg ist abweisend. Aber irgendwie passt das, es ist stimmig.
Denn auch die Kindberger sind abweisend. Zumindest diejenigen, die sich an diesem nasskalten Freitagabend auf dem Hauptplatz versammeln.
„Kindberg schützen, Asylheim stoppen!“, steht an der Bühne schräg gegenüber des Rathauses.
Seit Monaten wird in der Obersteiermark gegen eine neue Flüchtlingsunterkunft demonstriert. Und heute hat sich ein prominenter Gast angesagt: Herbert Kickl, Partei- und Klubchef der FPÖ.
In den vergangenen Wochen und Monaten ist die Flüchtlings- und Asylthematik wieder zunehmend in den Ländern und Gemeinden angekommen. Es wird über Zelte und die Verteilung, über die Schengen-Erweiterungen und Zäune geredet. Das 8.000 Einwohner zählende Kindberg ist einer der eingängigsten Schauplätze.
Das Warum ist schnell erklärt: In einem früheren Landespflegeheim sollen Asylwerber mit physischen oder psychischen Krankheiten betreut werden.
Die Empörung
Ab Jänner rechnet man mit den ersten Ankommenden – und das empört. Über alle Parteigrenzen hinweg, von der FPÖ bis zur KPÖ, heißt es: Kindberg ist zu klein für dieses Heim. Und nicht einmal Bürgermeister Christian Sander (SPÖ) will so recht glauben, dass hält, was der Innenminister seinem Parteifreund und Landeshauptmann Christopher Drexler versprochen hat, nämlich: Dass maximal 250 Asylwerber in Kindberg Quartier bekommen. Es ist diese Angst und Sorge, die Herbert Kickl bei seiner Rede in Kindberg übernimmt und ausschmückt. An einer Stelle erzählt der Freiheitliche den Kindbergern von einem Ort namens Frankenburg im Hausruckviertel: „Denen hat man auch versprochen, dass nur 100 kommen.“ Aus normalen Betten würden schnell Stockbetten. „Und heute sind es 300 – der Großteil Syrer und Afghanen. Und die fallen alle paar Tage wegen irgendwelcher Kleinigkeiten übereinander her.“
Für Herbert Kickl ist es erwiesen, dass überall dort, wo Asylheime stehen, die Lebensqualität sinkt und sich Menschen nachts nicht vor ihre Haustüren trauen. Und aus diesem und vielen anderen Gründen sei es nachgerade geboten, Widerstand zu leisten und der Regierung die Stirn zu bieten. „Ihr seid nicht ausländerfeindlich oder rechtsradikal. Lasst euch ja kein schlechtes Gewissen einreden“, versichert er den Versammelten. Es sind dieselben, die vorher lauthals „Lügenpresse!“ gerufen haben, als Kickl erzählte, dass ihn Journalisten fragen, ob er mit seinen Reden nicht Ängste schüre. Nein, das tut er selbstverständlich nicht, befindet der Parteichef.
Kickl legt nach
Der Regen will nicht aufhören, Kickl legt nach. Für ihn ist Integration eine Bringschuld. „Man hat dem Staat nicht auf der Tasche zu liegen und sich gefälligst anzupassen!“
Es ist überflüssig zu erwähnen, dass Kickl an dieser Stelle lauthals beklatscht wird.
Spannend ist die Stelle, an der Herbert Kickl über Viktor Orban spricht.
Zur Erinnerung: Ein erheblicher Teil der Herausforderung für Polizei und Behörden besteht derzeit darin, dass Menschen, die offensichtlich aus Ungarn kommen, erst in Österreich zum ersten Mal offiziell registriert werden – und daher hier um Asyl ansuchen.
Für Herbert Kickl ist Viktor Orban dennoch ein Held und Vorbild. Und das erklärt er so: Die illegalen Grenzübertritte vom Burgenland nach Österreich gebe es nur deshalb, weil es in Ungarn formal unmöglich sei, nach einem illegalen Grenzübertritt um Asyl anzusuchen. „So sollten wir das auch machen!“, meint Kickl.
Während er das sagt, regnet es weiter, und die brüllenden Fans verstellen den Blick auf die Weihnachtskrippe gleich neben der Bühne. Mit der Heiligen Familie – und den Weisen aus dem Morgenland.