Politik/Inland

Katholische Kirche verzeichnet Rekord bei Austritten

Die Zahl der Kirchenaustritte in Österreich ist auf einem neuen Rekordhoch: 90.808 Personen haben 2022 die katholische Kirche verlassen, besagt die am Mittwoch veröffentlichte Kirchenstatistik. Damit haben im vergangenen Jahr mehr Menschen die Kirche verlassen als 2010 mit 85.960.

Einen einzelnen ausschlaggebenden Grund für die vielen Austritte scheint es nicht zu geben. Die Zahl der Katholiken schrumpfte gegenüber dem Vorjahr von 4,83 Mio. auf 4,73 Mio. (1,96 Prozent).

Abwanderung von der katholischen Kirche setzt sich fort

Bereits im vergangenen Jahr war die Zahl der Kirchenaustritte mit 72.222 relativ hoch und stellte damals den zweithöchsten Wert hinter jenem im Jahr 2010 dar, als viele Menschen nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen der Kirche den Rücken gekehrt hatten. "Für die aktuell hohen Austrittszahlen dürfte bei vielen Menschen eine Distanz zur Kirche ausschlaggebend sein, die durch die Pandemie in den vergangenen Jahren größer geworden ist", analysierte Kathpress die aktuelle Entwicklung.

Laut Angaben aus den Diözesen sei dieser Trend im letzten Jahr durch die angespannte wirtschaftliche Gesamtlage noch verstärkt worden. Dies, obwohl die Diözesen etwa wegen der Coronapandemie den Menschen bei der Einziehung des Kirchenbeitrages entgegengekommen waren. Ärger unter manchen Mitgliedern gab es in den vergangenen Jahren auch über die von der Kirche gesetzten Coronamaßnahmen, die aber nicht strenger waren als in anderen Bereichen.

Auch die Mitgliederanzahl in der evangelischen Kirche sinkt. Geschuldet ist dies der Säkularisierung, die vor allem in Europa ein allgemeines Phänomen darstellt. Allerdings gibt es auch Religionsgemeinschaften, die – vor allem durch Zuzug – ständig wachsen, allen voran die Muslime und Orthodoxen. Die zweitgrößte Gruppe stellen in Österreich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung die Bekenntnislosen dar.

Schwierige Datenlage bei Religionszugehörigkeit

Zahlen zur Größe der Religionsgemeinschaften sind immer schwerer zu erheben. Wurde bis 2001 das Bekenntnis noch bei der Volkszählung erhoben, fiel dieses Merkmal im Rahmen des Zensus danach weg. 2021 führte Statistik Austria im Auftrag des Bundeskanzleramts eine freiwillige Erhebung über "Religionszugehörigkeit der Bevölkerung in Privathaushalten" durch. Zusätzlich werden noch die Zahl der Austritte sowie der Aufnahmen bzw. Wiederaufnahmen unter den kirchenbeitragspflichtigen Religionsgemeinschaften in Österreich (römisch-katholisch, evangelisch A.B. und H.B., Altkatholiken) dokumentiert.

Wie die Bischofskonferenz am Mittwoch veröffentlichte, gab es im Jahr 2021 - es handelt sich um bereinigte Zahlen - 4,83 Mio. Katholiken. Bei einer Gesamtbevölkerung von 8,94 Mio. in diesem Jahr entspricht das 54 Prozent. Dem gegenüber stehen rund 2 Mio. Menschen ohne Bekenntnis, was 22,4 Prozent entspricht. Zum Vergleich: 1971 waren noch 87,4 Prozent römisch-katholisch und 4,3 Prozent bekenntnislos. Die Ursachen sind vielfältig. Vor allem nach diversen Missbrauchsaffären verlor die Kirche massenweise Mitglieder, aber auch der wachsende Wohlstand nach dem Zweiten Weltkrieg trieb die Säkularisierung unter anderem an.

Erfassung von Muslimen schwierig in Österreich

Auch immer weniger Protestanten gibt es in Österreich. 2021 gab es 340.000 Evangelische (3,8 Prozent) - sowohl Lutheraner als auch Reformierte - in Österreich. 50 Jahre davor waren es noch 447.100 was damals sechs Prozent der Gesamtbevölkerung entsprach. Von den Orthodoxen Kirchen weiß man über die Entwicklung nicht besonders viel, fehlen bis zur Jahrtausendwende doch valide Vergleichswerte. Seit 2001 wuchsen die Gemeinschaften doch von rund 180.000 auf rund 437.000 im Jahr 2021 bzw. von 2,2 auf 4,9 Prozent. Um fast zwei Drittel geschrumpft sind in diesem Zeitraum die Altkatholiken, die nun 0,1 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Schwierig ist auch die Erfassung der Muslime in Österreich, die ja keine "Kirche" darstellen, sondern die nur zum Teil über Moscheenvereine in der Islamischen Glaubensgemeinschaft erfasst sind, deren genaue Zahl kann aber aktuell nur geschätzt werden. Laut der Erhebung 2021 gab es 745.600 in Österreich, was 8,3 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. 1971 waren es lediglich 22.300. Die Zahl der Juden und Jüdinnen schrumpft hingegen, was auch auf Todesfälle zurückzuführen ist: von 8.100 im Jahr 2001 auf 5.400 (0,1 Prozent der Bevölkerung).