Politik/Inland

Kalte Progression abgeschafft: Wer am meisten profitiert

Der Finanzausschuss hat am Montag endgültig die Abschaffung der kalten Progression beschlossen. Darunter versteht man eine schleichende Steuererhöhung, die entsteht, wenn Löhne  steigen, die Steuertarifstufen aber nicht an die Inflation angepasst werden. Dadurch kam beim Steuerzahler netto bisher nie die ganz Bruttolohnerhöhung an. Ein Fehler im System, mit dem ab 1. Jänner 2023 weitestgehend Schluss ist.

Im kommenden Jahr liegt die Entlastungswirkung laut Finanzministerium (BMF) bei 1,85 Milliarden Euro. Die Gesamtentlastung bis 2026 soll laut BMF bei rund 20 Milliarden Euro liegen. Der Budgetdienst geht seiner Analyse von 23,8 Milliarden aus.

Was wird wie abgeschafft?

Was genau passiert nun bei der Abschaffung? Die Tarifstufen steigen um den jährlichen Inflationswert. Wifo und IHS haben von Juli 2021 bis Juni 2022 eine Inflationsrate von 5,2 Prozent errechnet. Zwei Drittel dieses Wertes – also zwei Drittel der kalten Progression für alle Tarifstufen, außer der höchsten – fließen automatisch an die Steuerzahler zurück. Heißt: Alle Tarifstufen steigen um 3,47 Prozent. Über das verbleibende Drittel kann die Regierung bestimmen. Im kommenden Jahr wird es verwendet, um die untersten beiden Tarifgrenzen außertourlich um 6,3 Prozent anzuheben.

Waren Steuerzahler bisher ab einer Einkommensgrenze von 11.000 Euro steuerpflichtig, liegt diese Grenze im kommenden Jahr also bei 11.693 Euro. Am höchsten ist die "relative Entlastung" – also die anteilsmäßige Entlastung im Vergleich zum Einkommen – bei jenen Personen, die 2.000 Euro brutto im Monat verdienen.

In absoluten Zahlen profitieren wiederum mittlere und höhere Einkommen am stärksten. Auf das oberste Einkommensfünftel entfallen 2023 rund 30 Prozent des gesamten Entlastungsvolumens.

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"Mit der Abschaffung der Kalten Progression beenden wir die schleichende Steuererhöhung. Wir geben den Menschen damit Geld zurück, das ihnen die Inflation genommen hat. So entlasten wir die Österreicherinnen und Österreicher langfristig", sagt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Das sei ein "Akt der Fairness" gegenüber arbeitenden Menschen.

Laut Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria bringt die Abschaffung der kalten Progression bis 2026 36.700 Personen mehr in Beschäftigung und 20.000 Arbeitslose weniger. Ein Vollzeitbeschäftigter mit 3.171 Euro brutto monatlich spürt durch die Maßnahme bis 2026 demnach eine Entlastung von 4.100 Euro. Eine Pensionistin mit 1.582 Euro brutto spart sich 3.770 Euro.

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Am wenigsten haben die niedrigsten Einkommen von der Abschaffung der kalten Progression. Sie profitieren allerdings davon, dass auch sämtliche Sozialleistungen ab 2023 automatisch an die Inflation angepasst werden. "Die Valorisierung der Sozialleistungen kommt überproportional den unteren Einkommensbereichen zugute, macht aber nur einen vergleichsweise geringen Teil des Gesamtentlastungsvolumens aus", so das Fazit des Budgetdienstes.

Unsicherheit bei Einnahmen

Wie viel nimmt der Finanzminister gleichzeitig ein? Die Simulation zum Lohn- und Einkommensteueraufkommen schwanken laut Budgetdienst stark. 2026 liegen sie demnach zwischen 37,8 Milliarden und 46,9 Milliarden Euro. "Ursache für die Unsicherheit ist die wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere die Entwicklung der Nominaleinkommen", heißt es in der Analyse. Auch ohne die Abgeltung der kalten Progression wäre die Schwankungsbreite ähnlich groß.

Entlastung für Landwirte

Zusätzlich wird eine langjährige Forderung der Wirtschaft umgesetzt: die Senkung der Lohnnebenkosten. Mit der Senkung des FLAF-Beitrags um 0,2 Prozent kommt es zu einer Entlastung von 1,5 Mrd. Euro bis 2026. Bereits beschlossen wurde die Senkung der UV-Beiträge um 0,1 Prozent. Insgesamt werden somit die Lohnnebenkosten ab 2023 dauerhaft um insgesamt 0,3 Prozentpunkte gesenkt und der "Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt", so der Minister.

Im Bereich Land- und Forstwirtschaft werden zum ersten Mal seit 20 Jahren die Umsatzgrenzen für die Pauschalierung angehoben. Davon profitieren bis zu 50.000 Landwirte: Die Umsatzsteuerpauschalierungsgrenze wird von 400.000 Euro auf 600.000 Euro erhöht und die Ertragsteuerpauschalierungsgrenze von 130.000 Euro auf 165.000 Euro angehoben.